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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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bezahlt
oder wurdest für deine Arbeit entlohnt?«
    »Ach, das ist was anderes«, sage ich und winke ab.
So hatte ich es noch nie betrachtet, hatte bislang keinen
Gedanken an die Lebensweise der Siedlung, in der ich aufgewachsen
war – eine übervölkerte Sardinenbüchse in
Lagrange, die jetzt Niew View genannt wird – oder die des
Kampfsatelliten verschwendet. »Ich meine, das spielt sich
alles unter uns ab. Wir alle wissen, was getan werden muss und
was wir uns leisten können, daher gibt es keine Probleme.
Was ich meinte – wenn auch bloß als Scherz, zum
Teufel noch mal –, war, dass ich mich wegen dieses ganzen
Geredes darüber, was wem gehört, irgendwie… bolschi vorkomme, sagt man so?«
    »Ich verstehe«, meint Tony. »Wie die
Shinisow.«
    Die sino-sowjetische Republik, ein wilder Haufen von Farmern,
ehemaligen Unionsangehörigen und Ex-PLA-Veteranen, deren
abgerissene Streitkräfte derzeit Xinjiang belagern –
oder es befreien, glaubt man ihren Radiosendungen.
    »Ich dachte, sie wären dabei, die Demokratie
wiederherzustellen.«
    »Klar, vorübergehend, obwohl ich mir nicht sicher
bin, wie demokratisch es einem vorkommt, wenn ihre Partisanen in
die Stadt einmarschieren und eine Versammlung einberufen. Auf
lange Sicht aber, wenn die Shinisow erst einmal die ganze Welt
erobert haben – ›da lacht der Erdkreis‹
–, befürworten ihre Theoretiker die seltsamste Form
des Kommunismus, von der ich jemals gehört habe: allen
gehört nichts, beziehungsweise alles.«
    »Das haben doch alle spinnerten Kommunisten seit Thomas
Müntzer gewollt…«
    »Nein, nein – jedem Einzelnen gehört alles. Das ganze beschissene Universum.«
    »Einschließlich aller anderen Menschen?«
    »Nur so weit, wie man seine Ansprüche auch
durchsetzen kann.«
    »Wär gar nicht so schlecht. Ich möchte die
Prinzessin der Galaxis sein.«
    »Wie bescheiden, meine Liebe. Aber es gibt da einen
Haken – das Universum gehört dir, wenn du es dir
nehmen kannst.«
    »Was sollte mich daran hindern?«
    »Bloß deine Mitbewerber und die
möglicherweise widerborstigen Untertanen. Und die
Größe des Universums. Wenn du all diese Hindernisse
überwinden kannst – dann schnapp es dir,
Kumpel!«
    »Oh. Ich verstehe. Und ich habe immer gedacht,
Menschenfresserei wäre von Übel.«
    Tony sah mich schief an. »Menschenfresserei ist unökonomisch… aber im Ernst, wenn du das
für falsch hältst, prima. Ich bin völlig deiner
Meinung. Also unternimm etwas dagegen. Bewaffne die Opfer! Setze
Tabus ein. Gib ihnen Zähne! Glaub bloß nicht, du
könntest über die Reichweite deiner Stimme hinaus auf
das Universum Einfluss nehmen, wenn du deine moralischen
Überzeugungen verkündest.«
    »Und sie wollen den Kommunismus wirklich auf diese
grenzenlose Eigensucht gründen? Was sollte sie von einem
Krieg aller gegen alle abhalten?«
    Tony hob die Schultern. »Zweifellos erwarten sie, dass
wir zu einer Übereinkunft gelangen werden.«
    Ich zähle ihm die Gründe auf, weshalb das niemals
funktionieren wird, während er mir mit einem Ohr zuhört
und gleichzeitig etwas über eine Minsky-Clique in c hoch
drei dahergrummelt (fragen Sie mich nicht, was das bedeutet), als
der Alarm losschrillt und mir klar wird, dass ich ihn reflexhaft
ausgelöst habe, noch ehe mir bewusst geworden ist, dass auf
dem Radarschirm ein Signal aufgetaucht ist, das sich uns
nähert, und zwar schnell.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße,
SCHEISSE!!!«, rufe ich. Hektisch tippe ich eine Nachricht
an die Kommandozentrale ein (und hoffe, dass die Minsky-Clique,
wer immer das sein mag, weiß, auf welcher Seite der
Schleuse Atemluft ist), als der Echoimpuls auf einmal von einem
seitlich sich nahenden Trümmerstück verdeckt wird und
gleichzeitig die Beleuchtung flackert, das Objekt den Bildschirm
ausfüllt und dann nach oben rechts hin wieder verschwindet,
während ich mich ducke und das Gefühl habe, ich
hätte eigentlich ein Zischen hören müssen, als es
an uns vorbeigesaust ist.
    »Hundert Tonnen Felsgestein auf Kollisionskurs von
Laserstoß abgelenkt«, sagt eine ruhige Stimme in
meinem Ohr. Es erübrigt sich, zu erwähnen, dass der
ganze Vorgang von der Ortung bis zur Ablenkung automatisch
abgelaufen ist – ich, die Wachhabende, und die
Geschützmannschaft haben bloß die Aufgabe, uns ein
Bild von den Vorgängen zu machen. Wir sind lediglich in
beratender Funktion hier, wie die Schweine von der US/UN zu sagen

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