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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sagen?«
    Der Kunde sah ihn erwartungsvoll an.
    Auch Isabelle hörte von ihrem Platz am Weinregal aus gebannt zu.
    »Von diesem trockenen, kraftvollen Champagner sprechen die Hochzeitsgäste, wann immer sie zu mir ins Geschäft kommen, heute noch, so eindrucksvoll fanden sie ihn.«
    Der Kunde nickte beeindruckt. »Die Gäste von Marie-Claires Hochzeit sollen auch etwas zum Reden haben! Geld spielt keine Rolle, Hauptsache, ich bekomme einen wirklich spektakulären Champagner. Man will ja schließlich zeigen, was man sich leisten kann, nicht wahr?« Er lachte und reckte sich, als wollte er seine Aussage dadurch noch unterstreichen.
    Der Ladeninhaber lächelte verhalten zurück. »Dann darf ich Sie einladen, verehrter Comte de Chauvinaux, diesen vorzüglichen Millésime zu probieren? Er stammt aus dem Hause Mumm und zeichnet sich besonders aus durch …«
    Isabelle, die noch immer so tat, als würde sie die Champagnerflaschen im Regal begutachten, hörte dem Verkaufsgespräch atemlos zu. Was für eine elegante Art, Geschäfte zu machen! Während der Ladenbesitzer einen Auftrag über dreißig Kisten Champagner notierte, schaute sie ihn sich verstohlen genauer an.
    Er war schon etwas älter, Isabelle schätzte ihn auf Anfang fünfzig. Seine dunkelbraunen, kräftigen Haare waren militärisch exakt geschnitten, seine braunen Augen, über denen sich kräftige Brauen wölbten, voller Intensität. Die Haut war leicht gebräunt, seine Gesichtszüge ebenmäßig und weich, aber nicht weichlich, ganz im Gegenteil: Mit jeder seiner Bewegungen, mit jedem Satz, den er sprach, strahlte der Mann Vitalität aus. Der dunkelgraue Anzug, den er trug, war von höchster Schneiderkunst, die Passform der Schultern, der Taille, der Rückenlänge – nicht einmal bei den schneidigen Offizieren der Kaiserlichen Leibgarde in Berlin hatte Isabelle ein solch makellos sitzendes Kleidungsstück für Herren gesehen. Die schwarzen Lederschuhe waren so auf Hochglanz poliert, dass er sich bestimmt darin spiegeln konnte. Isabelle stieß innerlich einen anerkennenden Pfiff aus. Was für ein gutaussehender Mann!

    Auch wenn er sie dem Anschein nach nur mit einem Seitenblick gestreift hatte, so hatte Raymond Dupont seine junge Kundin sehr wohl schon beim Eintreten genau ins Visier genommen. Im Alter von fünfundfünfzig Jahren war er nicht nur ein Kenner feiner Champagner, sondern auch schöner Frauen. Wobei er Schönheit wahrscheinlich ein wenig anders definierte als die meisten Herren, die beispielsweise die zerzauste Lockenfrisur der jungen Frau eher missfällig wahrgenommen hätten. Raymond jedoch konnte die Sprungkraft der roten Locken förmlich unter seinen Händen spüren. Wie warmes Herbstlaub. Manch ein Herr würde vielleicht auch behaupten, dass die Sommersprossen auf den Wangen der jungen Dame gewöhnlich, ja bäuerlich aussahen. In Raymonds Augen hoben sie den milchweißen Teint jedoch erst richtig hervor. Die Wangen, das Kinn und die Nase würde der eine oder andere für wenig akzentuiert halten – wie bei einer Porzellanpuppe, bei deren Ausarbeitung sich der Künstler eine Spur zu wenig zugetraut hatte. Doch Raymond wusste, dass die Weichheit ihrer Gesichtsformen im Laufe der Zeit schmelzen und elegante, wesentlich edlere Züge hervortreten würden. Aus »hübsch« würde »klassisch schön« werden – eine Wandlung, zu der längst nicht alle Damen fähig waren. Diese junge Dame jedoch war eine Rose im Erblühen. Wie ein Champagner, der Zeit zum Reifen benötigte, dachte er bei sich, während er den Comte de Chauvinaux verabschiedete. Dann holte er tief Luft, als wollte er ihre Aura in sich aufsaugen.
    Die junge Frau war einen Kopf kleiner als er, wirkte jedoch durch ihre stolze, aufrechte Haltung größer. Haltung – in seinen Augen eine wichtige Ingredienz für Schönheit. Geduckte Schultern und ein gesenktes Kinn konnten in seinen Augen jede Ballschönheit um ihren Liebreiz bringen.
    »Mein Name ist Raymond Dupont, ich bin der Inhaber dieses Geschäftes. Was kann ich für Sie tun, Madame?«
    »Ich … Also … Ich werde in Zukunft in einem Dorf namens Hautvillers leben und …« Unsicher trat sie einen Schritt zurück.
    Das Stottern passte nicht zu ihr. Raymond spürte, dass die junge Frau sich selbst darüber ärgerte. Hatte es damit zu tun, dass Französisch nicht ihre Muttersprache war? Oder war ihre innere Aufregung etwas anderem geschuldet?
    Fahrig strich sie mit beiden Händen den Rock glatt, dann hob sie ihren Blick und sagte

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