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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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in der Mitte des Raumes und hielt einen Kamm in der Hand. Auf dem Tisch neben ihr lag ein Teller mit Haarnadeln. Ihre dunkelbraunen Haare, durchzogen von grauen Strähnen, hingen wie ein zerschlissener Vorhang über die Stuhllehne hin­ab.
    »Darf ich vorstellen – meine Schwägerin Micheline, sie ist die Schwester meines verstorbenen Mannes Albert«, sagte Marie Guenin. »Gemeinsam führen wir nun das Weingut Guenin weiter.« An Micheline gewandt sagte sie: »Unsere neue Nachbarin ist gekommen, um sich vorzustellen.«
    Micheline griff bei den ihr angebotenen Häppchen freudig zu. »Was für eine hübsche Tradition, findest du nicht, Marie?«
    Isabelle schätzte beide Frauen auf Anfang sechzig. Doch im Gegensatz zu dem wettergegerbten Gesicht der gertenschlanken Marie, war Michelines rundlich und faltenlos, fast wie bei einem jungen Mädchen. Und während Marie sehr bestimmend auftrat, wirkte Micheline eher ein bisschen verträumt. Die beiden Schwägerinnen wohnten zwar unter einem Dach, doch sehr viel unterschiedlicher konnten sie offensichtlich nicht sein.
    »Ich sehe, Sie sind beschäftigt«, sagte Isabelle. »Da will ich nicht stören, ein wenig plaudern können wir auch ein andermal …«
    »Sie stören nicht, junge Frau, ganz im Gegenteil«, sagte Micheline. »Vielleicht können Sie sogar helfen, unseren kleinen Disput zu lösen.« Angriffslustig schaute sie Marie an, dann wandte sie sich wieder ihrem Gast zu. »Wenn einer Dame ein wichtiges Unterfangen bevorsteht, ich betone, ein sehr wichtiges Unterfangen – trägt sie ihre Haare dann in einem strengen Zopf oder in einer Hochsteckfrisur? Oder etwa ganz offen?« Sie klang sehr ernsthaft.
    »Erstens ist dein Unterfangen nicht wichtig , sondern unmöglich «, sagte Marie, und es war ihr anzuhören, dass sie ihre Argumente nicht zum ersten Mal vortrug. »Und zweitens … Madame Feininger, denken Sie nicht auch, dass eine Frau in Michelines Alter ihre Haare gar nicht mehr offen tragen sollte?«
    »Nun, es kommt wahrscheinlich darauf an, welcher Art dieses wichtige Unterfangen ist«, sagte Isabelle bemüht diplomatisch. Wenn sie sich jetzt auf eine Seite schlug, würde sie damit der zukünftigen Nachbarschaft keine guten Dienste leisten.
    »Wenn es sich um einen wichtigen Geschäftstermin handelt oder jemand eine anstrengende Arbeit vor sich hat, dann hielte ich einen enggeflochtenen Zopf, der weder bei dem einen noch dem anderen in die Quere kommt, für angebracht.« Sie zeigte auf ihre eigenen Haare. »Leider bin ich keine Expertin auf diesem Gebiet, meine Zöpfe lösen sich immer allzu schnell wieder auf.«
    Triumphierend schaute Marie ihre Schwägerin an. »Ein strenger Zopf! Hab ich’s dir nicht gesagt? Madame Feininger, nun setzen Sie sich doch.« Sie klopfte wohlwollend neben sich auf die Küchenbank.
    »Die junge Dame hat noch nicht zu Ende gesprochen«, sagte Micheline pikiert. »Also …« Sie nickte Isabelle herausfordernd zu.
    Isabelle seufzte innerlich auf, sie hatte geglaubt, sich geschickt aus der Bredouille gezogen zu haben.
    »Sollte eine Dame – gleich welchen Alters – allerdings ein Rendezvous mit einem netten Herrn – gleich welchen Alters – haben, dann würde sie sich dort, wo ich herkomme, sehr viel Mühe mit einer Hochsteckfrisur geben.« Sie zeigte auf die Haarnadeln. »Ich kenne ein paar nette Möglichkeiten, wenn Sie mögen, zeige ich sie Ihnen.«
    »Sie würden mir bei einer Hochsteckfrisur behilflich sein?« Aufgeregt schob sich Micheline noch ein Stück Käse in den Mund.
    Isabelle, die den düsteren Blick der anderen Madame Guenin auf sich spürte, nickte lächelnd.
    »Aber nur unter einer Bedingung! Oder besser gesagt unter zweien … Erstens würde ich gern die Flasche Champagner, die ich mitgebracht habe, für Sie öffnen, denn auch das Anbieten eines Getränks gehört zu unserem deutschen Brauch. Und zweitens würde ich mir wünschen, dass Sie, liebe Marie Guenin, mir danach zeigen, wie man einen ordentlichen Zopf flechtet.«
    Als Isabelle das Haus eine Stunde später verließ, wusste sie zwar noch immer nicht, was Micheline vorhatte. Dafür hatte sie das angenehme Gefühl, die erste Freundschaft geschlossen zu haben.
    Am nächsten Gebäude prangte ein eisernes Schild mit einer Nähmaschine und dem Namen Blanche Thevenin darauf. Beherzt klopfte Isabelle an die Tür. Nichts rührte sich. Isabelle trat ungeduldig von einem Bein aufs andere, dann klopfte sie erneut. Sie wollte schon wieder gehen, als die Tür doch noch

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