Die Chaos-Kompanie
... aber meiner Erinnerung nach sind Offiziere nicht eben bekannt dafür, sich mit uns Mannschaftsdienstgraden zu verbrüdern.«
»Entschuldigung. Ich greife mir selbst vor«, antwortete der Kommandant geistesabwesend, während er seine Notizen durchblätterte. »Das gilt natürlich nur unter der Voraussetzung, dass Sie so unehrlich sind und so häufig ein Auge zudrücken, wie ich vermute.«
Die Augen des Versorgungsfeldwebels verengten sich, verschwanden beinahe in seinem fleischigen Gesicht, während er sich in seinem Sessel zurücklehnte.
»Wissen Sie, Herr Hauptmann, diese Bemerkung könnte man für mehr als nur ein bisschen rassistisch halten. Wollen Sie damit sagen, Sie dachten, wir Farbigen klauten alle?«
Wie sein Name vielleicht schon andeutete, war Schokoladen-Harry schwarz, auch wenn seine Haut eher zu einem sanften Braun als zu dem tieferen Schwarz neigte. Außerdem war er stark behaart; ein wilder, borstiger Bart sowie seine kurzgeschorene Haartracht zierten ihn. Eine auf die Stirn hochgeschobene Brille mit dicken Gläsern vervollständigte das Bild, das er bot, als er seinen Kommandanten mit einem finsteren Blick anschaute, der bei einem kleineren Menschen melodramatisch gewirkt hätte.
»Hmmm?« sagte Narrisch und sah endlich von seinen Notizen auf. »Eigentlich nicht, Schoko. Ich gründete meine Annahme auf die Tatsache, dass Ihre Akten zeigen, dass Sie überdurchschnittlich intelligent sind. Mein Gedanke ging dahin, dass jeder, der für die Versorgung dieses Haufens zuständig ist und auch nur über ein halbes Gehirn verfügt, seinen Sold aufstocken würde, indem er wenigstens am Rande mit dem Schwarzmarkt zusammenarbeitet. Sollte ich mich irren, entschuldige ich mich natürlich bei Ihnen.«
Harry lächelte breit. »Danke, Herr Hauptmann. Eine Entschuldigung von einem Offizier ist was, was ein altes Frontschwein wie ich nicht jeden Tag zu hören kriegt.«
»Verzeihen Sie, Feldwebel«, unterbrach ihn der Kommandant und erwiderte sein Lächeln, »aber ich sagte, >sollte ich mich irren<. Bevor es mir gerechtfertigt erschiene, diese Entschuldigung auszusprechen, müsste ich Sie bitten, hier zu warten, während Ihre Unterlagen konfisziert und das Vorratslager von amtlicher Seite versiegelt würde, damit eine Inventur und eine Revision durchgeführt werden könnten, um festzustellen, ob ich mich nun geirrt habe oder nicht.«
Das Lächeln des Versorgungsfeldwebels verschwand wie eine Maus bei einer Katzenausstellung, und er leckte sich nervös die Lippen, während seine Augen vom Kommandanten zur Tür huschten.
»Das ... wird nicht nötig sein, Herr Hauptmann«, sagte er vorsichtig. »Ich bin bereit zuzugeben, dass es ein paar Posten geben könnte, die im Laufe der letzten Monate, sagen wir mal, verkramt worden sind. Wenn Sie möchten, kann ich mal schauen, ob sich das vermisste Material in den nächsten Wochen wiederfinden lässt.«
»Das war nicht das, was ich im Sinn hatte, Schoko.« Narrisch lächelte.
»Na schön.« Harry beugte sich verschwörerisch in seinem Sessel nach vorn. »Ich nehme an, Sie und ich können irgendeine Übereinkunft ausarbeiten, was die Aufteilung des Profits angeht ...«
Der Kommandant ließ ein kurzes, bellendes Lachen ertönen und unterbrach damit den Feldwebel.
»Entschuldigen Sie, Harry, aber Sie verstehen mich da völlig falsch. Ich versuche nicht, Ihnen den Laden dichtzumachen ... oder Sie zu erpressen. Ich möchte, dass Sie Ihre Operation ausweiten, und ich denke, ich kann Ihnen dabei behilflich sein. Sie können damit anfangen, dass Sie den Großteil des Bestandes rauswerfen, den Sie im Augenblick im Lagerhaus haben.«
Der Versorgungsfeldwebel blickte finster. »Wie stellen Sie sich das vor, Herr Hauptmann? Ich meine, Ihr Stil gefällt mir wirklich, aber mir kommt da in den Sinn, dass doch irgendwer was merken muss, wenn wir diesen Haufen ausmisten. Haben Sie irgendeinen Plan, um die Tatsache zu verbergen, dass ich auf einem leeren Lagerhaus sitze?«
»Zuallererst einmal werden wir gar nicht versuchen, es zu verbergen.« Narrisch grinste. »Wir machen das strikt nach den Vorschriften ... insbesondere Abschnitt 954, Paragraph 27, der erklärt: >Der Versorgungsfeldwebel kann alles überschüssige oder veraltete Material beseitigen, indem er derartiges Material vernichtet oder verkaufte und Abschnitt 987, Paragraph 8: >Der befehlshabende Offizier soll entscheiden, ob irgendein Posten der Ausrüstung der Kompanie reparatur- oder verbesserungswürdig ist oder ob
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