Die Chaosschwestern sind unschlagbar - Mueller, D: Chaosschwestern sind unschlagbar
glatt Iris. Jedenfalls für die nächsten dreißig Sekunden, bis sie an die Tür klopft.
»Tessa? Bist du da drin?«
»Ja, was ist denn?«
»Mach bitte die Tür auf! Ich hab keine Lust, mit einem Stück Holz zu reden.«
Erwachsene!
Ich vergesse komplett, wie ich aussehe bzw. wie mein Haar aussieht, und öffne genervt, aber arglos.
Erst Iris’ fassungsloser Blick – auf meinen stinkenden, einshampoonierten Kopf, dann auf die leere Packung Läusemittel auf dem Boden – erinnert mich an die Ausgangssituation des Abends. Sch…!
Automatisch fasse ich mir schützend an den Kopf. Und habe – iiih – die ganze Pampe an meinen Fingern kleben.
Iris nimmt die Hand vor den Mund und kann ein Grinsen nicht verbergen. »Tessa!« Und dann prustet sie auch schon los. »Hahahahahaaa ….«
Ja, haha, sehr komisch. Wie feinfühlig Eltern manchmal sind! Super, genau das brauche ich jetzt! Dass jemand sich auch noch ausschüttet vor Lachen über mein Elend, danke! Vielen Dank!
»Was wolltest du?«, frage ich mit äußerster Selbstbeherrschung. Denn erstens hätte ich große Lust zu heulen, weil meine beste Freundin mich ständig falsch versteht und weil mein Freund glaubt, ich würde ihn betrügen. Aber zweitens hätte ich noch größere Lust, Iris anzubrüllen, weil es doch einfach wirklich zu gemein ist, dass sie nun auch noch …
»Ich wollte – hahahaha …« Iris kriegt sich echt nicht wieder ein.
Jetzt werde ich wirklich wütend. Sollten Mütter nicht ein wenig Mitgefühl für ihre Kinder haben?
»Ich verstehe – hahahahah …«, gackert Iris munter weiter. Dann versucht sie es erneut: »Du hast dir ein Antiläusemittel besorgt und – hahahahahahahaaa …«
Die erste Träne kullert mir die Backe runter. Meine eigene Mutter lacht über mich!
Das stoppt Iris allerdings jäh. »Aber Tesschen! Ich wollte doch nicht …« Dann lächelt sie schon wieder. Oder grinst sie? »Tessa, ich wollte dir nur sagen, dass da eben gerade ein Telefonanruf für dich war. Und jetzt verstehe ich auch, wovon die Frau geredet hat!«
Mein schmerzverzerrtes Gesicht hält sie gerade noch von einer erneuten Lachattacke ab. Frage mich, was an einem Anruf so komisch sein kann.
Ich weiß es eine Minute später. So lange braucht es nämlich, bis die zwei Sätze, die Iris jetzt sagt, in meinem Gehirn angekommen und von mir begriffen sind.
»Marion Petersen hat angerufen und lässt dir ausrichten, dass ihr Anruf von gestern falscher Alarm war. Klein-Timmi hatte nur furchtbar viel Dreck auf dem Kopf. Mehr hat sie nicht gesagt. Aber jetzt – meine Güte! -, jetzt kapiere ich, was sie damit meinte. Ach, Tessa, du Arme! Sie hat dir gestern gesagt, dass Timmi Läuse hat, nicht? Und da hast du gedacht, du hast womöglich auch Läuse?«
Sie lacht nicht mehr, sondern nimmt mich in den Arm. Trotz ätzender Tinktur auf meinem Kopf, die auf ihren Pulli schmiert. Das scheint ihr ganz egal zu sein. Sie drückt mich einfach nur ganz fest. »Meine arme Tessa! Warum hast du denn nichts gesagt! Wir hätten deinen Kopf doch erst mal vernünftig untersuchen können!«
Ja, haha! Als ob Iris in den letzten Tagen als hilfreiche Mutter anwesend gewesen wäre!
Und irgendwie – strömen da auch alle restlichen Tränen aus meinen Augen. Weil alles … in meinem Leben gerade ganz schön viel ist … oder war … nein, immer noch ist … und es sowieso guttut, wenn einen eine Mutter ab und zu mal umarmt, auch wenn man schon fünfzehn ist, und … überhaupt … wegen allem.
»Tessa!« Das ist Maleas Stimme von unten. Sehr freundlich klingt die immer noch nicht. »Javier ist hier!«
Iris streicht mir über mein trauriges Gesicht und lächelt nur noch mitfühlend. »Fühlst du dich jetzt besser?«
»Geht so«, murmele ich.
Iris nickt aufmunternd. »Komm, ich helfe dir schnell, das Zeug vom Kopf zu spülen! Das brauchst du ja nun nicht mehr, oder?« Sie grinst und zwinkert mir zu.
Zwei Minuten später stürze ich nach unten. Mit nassen, aber läusetinkturfreien Haaren, doppelt gespült mit Iris’ teuerstem Conditioner. Ich dufte wie ein Blütenmeer, nicht mehr wie ein Läuseheer. Das Leben fühlt sich schon deutlich besser an!
Ich fliege Javi in die Arme!
»Mi armorrrr!« Er wirbelt mich herum. Offenbar hat er seinen blöden Verdacht beiseitegeschoben.
Ich drücke ihn und küsse ihn, wie ich ihn vielleicht noch nie geküsst habe. Mein Javi! Mein lieber, liebster Javi!
Da ist es mir ganz egal, dass wir mitten im Wohnzimmer stehen und vermutlich
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