Die Chaosschwestern sind unschlagbar - Mueller, D: Chaosschwestern sind unschlagbar
Gefühl des Schocks.
So ein Schock kann sich wirklich wundervoll anfühlen. Warm und weich. Besonders im Bauch. Wirklich erstaunlich.
Ich glaube, ich lächelte noch, als Gregory mich am Arm schon zu unserem Klassenzimmer geführt hatte, wo Frau Nagemut, wie jeden Tag, mit dem altmodischen Overhead-Projektor kämpfte.
Nachdem ich im Laufe des Tages aus meinem Schockzustand langsam wieder auftauchte, fühlte sich das Leben erstaunlicherweise noch besser an als während des Schocks. Was eigentlich kaum noch zu toppen war.
Aber ich fühlte mich so unglaublich toll, so stark, so … so … unschlagbar, dass ich am liebsten jedem zugerufen hätte: »Ich bin die Größte! Ich habe Tessas dämliche Wette gewonnen! Und wie! Ihr hättet ihr Gesicht sehen sollen!«
Und so fühle ich mich immer noch. Andauernd muss ich Gregory neben mir auf dem Nachhauseweg anlächeln. Und er lächelt zurück. Und dann kichern wir zusammen.
Weil alles einfach schön ist heute. Und weil Tessa so dusselig geguckt hat. Und weil es – ehrlich! – total einfach ist, jemanden zu küssen!
Malea
Wenn ich groß bin, werde ich Tiefseeforscherin. Bei Fischen geht nie irgendwas schief. Glaube ich zumindest. Oder – hm – jedenfalls hört man nie davon.
Ich war heute als Erste nach der Schule zu Hause. Was den Vorteil hatte, dass ich nicht mit Tessa gehen musste. (Die musste nachsitzen!) Es ist schwer auszuhalten, wenn eine von meinen Schwestern sauer auf mich ist.
Ein anderer Vorteil war, dass ich eine gute Ausrede hatte, nur eine kleine Portion von Iris’ köstlichem (würg) Haferflocken-Spaghetti-Kürbis-Herbst-Auflauf zu essen. »Du, Iris, lass mal, danke, das hier reicht mir! Tessa und Livi kommen heute ja erst später und haben bestimmt Riesenhunger. Nicht dass dann nichts mehr da ist!«
Der Nachteil war, dass ich plötzlich für kurze Zeit die Älteste im Haus war (und Kenny für jede Hilfsaktion zu klein zu sein schien) und daher jeder zweite Satz von Iris mit »Malea, könntest du mal eben schnell …« anfing. Ach du liebe Seemuschel, da wird einem erst klar, was große Schwestern täglich so alles für einen abpuffern!
Im Moment nage ich wie ein Kaninchen an unserem Nachtisch – Karotte in Schokoladenmantel (es gibt Schlimmeres – aber auch Besseres …) – und denke darüber
nach, an welcher Stelle eigentlich alles anfing schiefzulaufen. Ich meine, ich fing gerade ernsthaft an, die Welt zu retten – oder na ja, ich war zumindest auf direktem Weg dahin, aber dann muss ich irgendwie vom Weg abgekommen sein. Wo war das nur? Was hab ich falsch gemacht?
»Noch etwas Schokomöhre, Malea?«
»Och, danke, nein. Gib sie ruhig Kenny!«
»Ja, juchhu!«, schreit Kenny. »Immer her damit!« (Kleine Kinder haben einen total verkorksten Geschmackssinn!)
Also, alles fing damit an, dass ich irgendwie gar nicht richtig zum Weltretten kam, weil bei uns immer so viel anderes zu tun ist. James Bond hat nie was anderes zu tun. Der muss nie Wäsche aufhängen oder Geschirrspülmaschinen ausräumen oder Klos schrubben. Kein Wunder, dass er in aller Ruhe fabelhafte Arbeit machen kann!
»Javier und Ramón scheinen wirklich ganz nette Jungs zu sein«, mampft Cornelius jetzt, den Mund voller Möhre. »Die haben mir angeboten, nach Silvester noch mal zu kommen und mit mir den Dachstuhl zu reparieren.«
»Oh«, mache ich. Weil die Vorstellung davon, dass Cornelius etwas repariert, einen immer ein wenig zusammenzucken lässt.
»Javier hat gesagt, dass er schon reichlich oft auf dem Bau gejobbt hat«, erzählt Cornelius weiter.
»Auf was für einem Bau, Papa?«, fragt Kenny. »Auf einem Kaninchenbau?«
(Echt, das kommt davon, wenn man Kinder zu viele Möhren knabbern lässt!)
Iris lacht. »Nein, das bedeutet, dass Javier schon oft mitgeholfen hat, wenn Häuser gebaut wurden.«
»Cornelius«, sagt Cornelius, »ich heiße Cornelius.«
»Das ist ja nett von denen, dass die helfen wollen«, sage ich freundlich. Und etwas beruhigt.
Iris fängt an, die Teller abzuräumen, öffnet die Geschirrspülmaschine und kriegt sofort eine Knitterstirn. Denn die Maschine ist voll mit frisch gespültem Geschirr.
»Wer war heute Morgen dran mit ausräumen?« Sie guckt auf unseren großen Plan an der Wand, in dem der Name Tessa fett in dem Dienstag-Feld prangt.
Iris’ Knitterstirn wird noch etwas knitteriger.
Eine Sekunde lang fühle ich mich großartig. Es ist immer ein großartiges Gefühl, wenn der drohende Gewittersturm direkt an einem vorbei und zu
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