Die Chaosschwestern sind unschlagbar - Mueller, D: Chaosschwestern sind unschlagbar
mich fast noch verzweifelter an. »Ich dachte, sie hätte sich nur verlaufen!«
Ich schaue zu meiner kleinen Schwester runter und nehme ihre Hand. Kenny ist zwar noch klein, aber jetzt muss sie stark sein. Und dann erkläre ich ihr, was wohl der wahrscheinlichste Grund für Auroras Verschwinden ist.
»Du bist dir sicher, dass der böse Hühnermann sie gefangen hat? Aber wie wollen wir sie denn zwischen all den anderen hundert Hennen finden?«, fragt Kenny mit groß aufgerissenen Augen. »Meinst du, sie kommt, wenn wir sie rufen?«
Hm. Ich überlege. Nein, Aurora ist wirklich noch nie gekommen, wenn wir sie gerufen haben. Ich schätze, Gehorsam liegt Hühnern allgemein nicht sehr. Aber …
»Sie hat doch türkisfarbene Federn, oder nicht?«
»Ja, das hat sie«, sagt Kenny und kichert. »Ist das gut oder ist das gut?«
»Das ist gut«, sage ich und lächele zurück. »So ist es nämlich supereinfach, sie zu erkennen!«
»Ja!« Kenny guckt mich bewundernd an. »Dann gehen wir jetzt zu dem fiesen Kerl in das Hühnergefängnis?«
Ja! Ja, das machen wir! Und wie wir das machen!
Der kann ja wohl nicht einfach so durch die Gegend fahren und fremder Leute Hühner klauen! Oh, nein! Nicht solange Malea Martini noch einen Funken Spioninnenblut in ihren Adern hat!
Tessa
Kleine Schwestern sind wie Zuckerwatte. Süß, klebrig und nach zu viel davon kriegt man Bauchschmerzen. Aber ohne ist auch langweilig.
Meine Nerven! Da kommt man nichts ahnend nach einem wunderbaren Schultag nach Hause, und was sieht man in dem Moment, in dem man die Haustür öffnet? SCHOCK! Malea und Kenny dick bewaffnet mit Spaten, Hacke und einer fetten Laubsäge aus dem Garten, bereit zum Abmarsch. Meine Nerven!
»Wen – bitte – wollt ihr denn damit erschlagen?«, frage ich natürlich als Erstes. Wie man so aus Spaß fragt.
»Den Kerl von der Hühnerfabrik«, antwortet Malea allen Ernstes und schwingt die Hacke bedenklich in meine Richtung.
»He! Pass auf!« Beinahe hätte Malea mir das Ding einmal quer durch meine toupierten Haare gezogen. Noch mal: meine Nerven!
»Ihr seid doch nicht ganz frisch!«, sage ich also als Nächstes. Wie man das so sagt, wenn man gerade fast erschlagen worden ist.
Nur, da fängt Kenny leider an zu heulen. »Tessie! Wir müssen doch Aurora retten!«
»Und woher wisst ihr, dass Aurora in der Hühnerfabrik ist?«, frage ich. Weil das ja wohl eine sehr vernünftige Frage ist.
Da guckt Kenny nur mit großen Augen zu Malea rüber. »Malea weiß das!«
Und dann fällt ihr noch ein: »Und, Tessa, du hast doch heute Morgen auch gesagt, dass du denkst, dass der Kerl Aurora geklaut hat.«
Ich nicke. »Ja, klar, das habe ich gesagt. Weil es natürlich sein kann. Aber das heißt doch nicht, dass es tatsächlich auch so ist!« Und dabei gucke ich besonders Malea ziemlich scharf an. »Und auf jeden Fall könnt ihr nicht einfach losgehen und so tun, als hättet ihr vor, Leute zu erschlagen!«
»Nicht?«, fragt Kenny.
»Nein«, sage ich energisch. (Himmel, wo sind eigentlich unsere Eltern? Die sollten uns doch wohl erziehen! Warum muss ich das tun?)
Dann gucke ich Malea an. »Und wieso bist du so sicher, dass Aurora da ist?«
»Ähm«, sagt Malea. Und dann wird sie rot. Fast so rot wie mein Lippenstift. Sie fängt direkt an zu schwitzen.
»Es könnte sein!«, verteidigt sie sich schließlich. »Hast du ja selbst gesagt.«
Aber sie weiß, genauso wie ich, dass sie jetzt lieber ihren Mund halten sollte. Denn, wo es hinführt, wenn man etwas nur annimmt und sich dann haltlos da reinsteigert, das haben wir ja gesehen!
Malea weiß genau, woran ich denke.
Weil ihr nämlich genau in diesem Moment etwas anderes einfällt. »Ich hab den Küchendienst für dich übernommen, Tessa. Für die ganze Woche.«
»Echt?« Das finde ich nun wieder ein ziemlich nettes
Wiedergutmachungsgeschenk von ihr. »Danke!« Ich lächele. »Also kommt! Jetzt bringt diese Dinger wieder zurück in den Garten und dann werden wir Aurora suchen. Ich helfe euch.«
»Und wenn wir sie nicht finden?«, fragt Kenny. »Gehen wir dann in das Hühnergefängnis?«
»Dann ja«, nicke ich. Und hoffe sehr, dass es dazu nicht kommen muss.
Aber auf der anderen Seite … wenn dieser Kerl Aurora wirklich hat, dann … dann werde auch ich nicht vor einem Besuch mit Schaufel und Spitzhacke zurückschrecken! Der soll die Martini-Mädchen bloß nicht unterschätzen!
Doch das sage ich meinen kleinen Schwestern lieber nicht. Ältere sollten schließlich immer ein
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