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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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die meisten Menschen davon abhalten, Berühmtheit zu erlangen.
    Als Pater Willie also seinen Fuß in die lärmende, rauchgeschwängerte, von Menschen brodelnde Wohnung setzte, war er sturzbesoffen. Er drängte sich zwischen schwitzenden Leibern hindurch, welche dicht aneinandergedrängt in den berstend vollen Räumen tanzten. Die Party hatte sich sogar auf den Balkon und den Swimming-pool ausgebreitet, in dem sich mindestens ein Dutzend weiblicher, bikinigekleideter Angestellte der Wilshire, Rampart- und Hollywood-Reviere tummelten, durchmengt von geilen und nackten Polizisten, denen allerdings der Hausverwalter einen Strich durch die Rechnung machte, indem er damit drohte, die Polizei zu verständigen, was in diesem Fall sämtliche Männer waren, die noch etwas anhatten. Sie zogen sich schließlich ihre Unterhosen an und warteten, bis der Hausverwalter wieder verschwand, um sich dann wieder auszuziehen.
    Bis Pater Willie sich seinen Weg durch die Menge gebahnt hatte, waren seine vorspringenden blauen Augen stark gerötet. Ihm war schon leicht übel von dem Rauch und dem Gedränge, als er aus dem Schlafzimmer etwas hörte. Ihre Stimme!
    »Jetzt hör aber mal, Sheila«, sagte sie zu Officer Sheila Franklin, einer gutaussehenden Brünetten von der Jugendabteilung der Central Station. »Ich möchte jetzt hier weg, und es ist mir völlig egal, ob du Angst hast, Nick Yanov dadurch zu verletzen. Verdammt noch mal, soll er doch diese widerlichen, blöden Suffköpfe lieber etwas unter Kontrolle halten, wenn er möchte, daß man auf seiner Party bleibt. Natürlich bin ich gleich aus dem Pool geflüchtet! Du glaubst doch nicht etwa im Ernst, ich schwimme zwischen diesen nackten Gorillas mit ihren Erbenshirnen herum! Ich bin weder an Sergeant Nick Yanov noch an sonst einem dieser Idioten interessiert und bin nur deinetwegen hergekommen …«
    Und während Pater Willie seine Ohren spitzte, um die Stimme seiner heimlichen Liebe zu hören, legte Francis Tanaguchi abrupt anstatt Elton John ein Band der Carpenters ein, weil er es schließlich doch noch geschafft hatte, einen Tanz mit Ida Keely zu ergattern, einer hübschen Angestellten aus der Funkzentrale mit Augen wie ein Reh. Schon bevor das Lied anfing, hatte er einen Blauadrigen.
    Wenn ich auf die vergangenen Jahre zurückblicke und wie es damals war, erscheint mir das Heute eher trist; so vieles hat sich geändert.
    Seufzend stand Officer Sheila Franklin auf und bahnte sich einen Weg aus dem Schlafzimmer, das mit den Möbeln aus den restlichen Räumen vollgestopft war, um Platz zum Tanzen zu schaffen. Bevor sie die Tür öffnete, wandte sie sich noch einmal um. »Also gut, Reba, ich habe dich gebeten, dich ein bißchen zu bemühen, nett zu sein und eine Weile zu bleiben, weil du weißt … nun ja, daß mir an Nick Yanov etwas liegt. Aber wenn du unbedingt gehen willst …«
    »Du kannst ja noch bleiben. Ich werde mir eben ein Taxi nehmen.«
    »Ach Quatsch, Reba, ich hab' dich hierher gebracht. Also werde ich dich auch wieder zurückbringen. Aber eins möchte ich dir doch sagen. Die Leute hier sind keineswegs Widerlinge. Sie tanzen nur und haben …«
    »Sie haben mich praktisch in den Swimming-pool gezerrt.«
    »Ein Besoffener hat nach dir gegrabscht. Ich bitte dich, Reba, du bist doch selbst bei der Polizei. So schlimm ist das doch nun auch wieder nicht. Sie sind einfach nur ein bißchen betrunken.«
    »Ich ruf mir ein Taxi.«
    »Nein, verdammt noch mal. Ich werde Nick sagen, daß wir gehen. Zieh dich schon mal um.«
    Und während sich Pater Willie ins Bad verdrückte, schwang die halb offene Schlafzimmertür auf, und Sheila Franklin, immer noch mit ihrem Bikini und einem blauen Frotteebademantel bekleidet, ging über den Korridor auf die Terrasse hinaus, wo Sergeant Nick Yanov mit fünf anderen Polizisten pokerte.
    Es waren Lieder der Liebe, die ich ihnen sang, und ich weiß noch jedes Wort.
    Diese alten Melodien klingen noch so gut in meinen Ohren, während sie all die Jahre vergessen machen.
    Keine-Eier-Hadley saß immer noch, wo Sheila Franklin sie zurückgelassen hatte. Auf einem großen Couchtisch aus Glas. In ihrem nassen Bikini. Ihre schimmernde Haut bedeckte ein kurzer Morgenmantel, den sie sich von Nick Yanov ausgeliehen hatte. Pater Willie stieß leise die Tür auf.
    Der Klang von Keine-Eier-Hadleys Stimme. Die herzzerreißende Stimme von Karen Carpenter. Die unerträgliche Nostalgie seiner High-School-Zeit. Ein halber Liter Gin, der in seinen jungen Adern

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