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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Schwarzweißen setzte und Mütze und Taschenlampe auf den Sitz neben sich warf. Dann fuhr er sich mit beiden Händen durch sein dichtes schwarzes Haar. »Wieso, müssen Sie mal?« grinste Spermwhale.
    »Nee, ich hab' gerade! Muß mich ein bißchen sauber machen!« brummte Nick Yanov, während er den Anlasser drückte und davonpreschte.
    »Das ist noch mal echt ein Kerl von einem Sergeant«, murmelte Spermwhale Whalen in einem seiner seltenen gutmütigen Momente vor sich hin, um dann jedoch gleich wieder in seinen gewohnten Ton zurückzufallen. »Nicht so ein Wichser wie dieser Kastrat von einem Lieutenant oder dieser Heini von Captain, ganz zu schweigen von diesen anderen Sergeanten der Nachtschicht.«
    »Was hast du da vorhin erzählt, Clyde, von wegen du wärst im Camarillo als Lehrer angestellt gewesen?« wandte sich Baxter wieder an Clyde Percy, nachdem sie ihn in ihrem Wagen verstaut hatten und unterwegs zum Gefängnis waren.
    »Ich kann Ihnen sagen, Officer«, sagte Clyde Percy und mampfte an seinen Kartoffelchips, »im Camarillo war es echt schön. Sie hatten da 'ne Menge Kinder; lauter Behinderte, wissen Sie? Und die haben natürlich kaum mal Besuch gekriegt. Und um sie zu beschäftigen, haben sie ihnen immer irgendeine Arbeit gegeben. Sie haben zum Beispiel solche Luftballons mit den Röhrchen zum Aufblasen gemacht. Und mir haben sie dann gesagt, ich soll während der Arbeit auf die Kinder aufpassen. Hab' ich also darauf geachtet, daß sie die Röhrchen richtig an den Ballons befestigt haben und daß sie sich nicht zu viel gekloppt haben und nicht auf den Kopf gefallen sind und sich in die Zunge gebissen haben und so. Und dann habe ich eines Tages 'ne Erfindung gemacht. Ich hab' Löcher in so ein Brett gebohrt, um die Röhrchen reinzustecken, und danach konnten die Kinder drei Ballons auf einmal befestigen, und es war einfacher, sie zu halten. Einer der Chefs hat dann zu mir gesagt: ›Mann, Clyde, wenn wir nur alle so clever wären wie Sie.‹ Und dann habe ich ihm von der Frau erzählt, die ich bei dem Hochwasser aus ihrem Wagen gerettet habe, und dann hat er gesagt: ›Clyde, wenn Sie wollen, können Sie hier bleiben.‹«
    »Wieso bist du denn dann jetzt wieder draußen?« wollte Spermwhale wissen, als sie auf dem Venice Boulevard in Richtung Westen fuhren.
    »Na ja, eines Tages haben sie gesagt, sie hätten keinen Platz mehr. Sie könnten nur noch die wirklich Verrückten unterbringen, und ich wäre nicht so verrückt. Also habe ich an dem Abend angefangen zu erzählen, ich bin der Präsident und der Bürgermeister und so Zeugs. Aber sie haben nur gesagt, ich soll den Quatsch lassen. Wir wissen doch, daß du nicht wirklich verrückt bist, Clyde, haben sie gesagt. Und vor allem hast du noch nie jemandem was getan. Du bist nicht gemeingefährlich. Und dann hab' ich mir schon gedacht, ob ich vielleicht einen der Helfer anfallen soll und ihn ein bißchen verprügeln. Aber das konnte ich dann doch nicht, weil sie immer so nett zu mir waren. Und da haben sie mich also rausgesetzt, und da bin ich nun wieder.«
    »Das ist schon eine Sauerei«, grunzte Spermwhale wütend und wandte sich Baxter zu. »Was habe ich schon Fünfzig-Dollar-Nutten und Giftler und Zuhälter und Ganoven und Arschlöcher jeder Art gesehen, die seit drei Generationen von der Wohlfahrt leben, und dann können wir es uns nicht mal leisten, Clyde wenigstens ein verdammtes Bett in einem Krankenhaus zur Verfügung zu stellen. So was ist doch echt eine Sauerei!«
    »Glauben Sie, Sie könnten was für mich tun, daß ich wieder ins Camarijlo zurück kann?« fragte der alte Schwarze; Kartoffelchipsbrösel klebten an seinen bläulichen Lippen, und die linke Ohrenklappe seiner Fliegerhaube war von dem Handgemenge mit Sergeant Yanov nach oben geklappt.
    »Eines steht fest: Wenn es in dieser Scheißwelt so etwas wie Gerechtigkeit gäbe, was nicht der Fall ist, dann sollte dir jemand helfen, Clyde. Weißt du was, bekenn dich morgen bei der Verhandlung einfach ›Nicht schuldig‹. Wenn du dann vor Gericht kommst, werde ich da sein. Ich werde mit dem Staatsanwalt sprechen und ihm sagen, daß du ständig in den Straßen herumstreunst und alle Leute bedrohst und erzählst, du wärst der Osterhase, und unschuldigen Hausfrauen deinen Fimmel unter die Nase hältst und Hundescheiße in Briefkästen stopfst und überhaupt eine schlimmere Landplage bist als Francis Tanaguchi.«
    »Francis wer?«
    »Ach, vergiß es«, brummte Spermwhale, als sie auf dem Parkplatz

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