Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
schwang, ging auf einen Hobgoblin los. Aber ein anderer Hobgoblin sprang aus dem Fenster, bevor Caramon etwas unternehmen konnte.
Goldmond erhob sich. »Gebrauch deine Magie!« sagte sie zu Raistlin und griff ihn am Arm. »Mach etwas!«
Der Magier sah die Frau kühl an. »Es ist sinnlos«, wisperte er. »Ich werde meine Kräfte nicht verschwenden.«
Goldmond funkelte ihn wütend an, aber er hatte sich wieder seinem Getränk zugewandt. Sie biß sich auf die Lippe und rannte zu Flußwind, den Beutel mit den wertvollen Scheiben von Mishakal im Arm. Sie konnte die Männer in den Straßen hören.
»Wir müssen hier verschwinden!« sagte Tanis, aber im selben Moment schlang einer der menschlichen Kämpfer seine Arme um Tanis’ Hals und zog ihn zu Boden.Tolpan sprang mit einem wilden Schrei zur Theke und begann, Krüge auf den Angreifer zu werfen, und verfehlte dabei Tanis nur knapp.
Flint stand mitten im Chaos und starrte auf den fremden Elf. »Ich kenne dich!« schrie er plötzlich. »Tanis, ist das nicht...«
Ein Krug traf den Zwerg am Kopf und schlug ihn bewußtlos.
»Huch«, schrie Tolpan.
Tanis würgte den Kämpfer und ließ ihn ohnmächtig unter einem Tisch liegen. Er schnappte Tolpan von der Theke, setzte den Kender auf den Boden und kniete neben Flint nieder, der stöhnte und versuchte, sich aufzusetzen.
»Tanis, der Elf ...«, Flint blinzelte benommen, dann fragte er: »Was hat mich getroffen?«
»Der große Bursche da unter dem Tisch !« zeigte Tolpan.
Tanis erhob sich und sah auf den Elf. »Gilthanas?«
Der Elf starrte ihn an. »Tanthalas«, sagte er kühl. »Ich hätte dich niemals erkannt. Der Bart ...«
Wieder ertönten Hörner, dieses Mal lauter.
»Großer Reorx!« stöhnte der Zwerg und erhob sich schwankend. »Wir müssen hier verschwinden! Kommt schon! Zum Hinterausgang!«
»Es gibt keinen Hinterausgang!« schrie Tika heftig, immer noch mit der Bratpfanne in der Hand.
»Nein«, bestätigte eine Stimme an der Tür. »Es gibt keinen Hinterausgang. Ihr seid meine Gefangenen.«
Eine Laterne flackerte im Raum auf. Die Gefährten bedeckten ihre Augen und machten die Umrisse von Hobgoblins hinter einer vierschrötigen Figur auf der Türschwelle aus.Von draußen konnten die Gefährten unzählige trippelnde Schritte hören, an den Fenstern und an der Tür starrten Goblins ins Wirtshaus. Die Hobgoblins im Raum, die noch lebten oder bei Bewußtsein waren, erhoben sich, zogen ihre Waffen und sahen die Gefährten gierig an.
»Sturm, sei kein Narr!« rief Tanis und bekam den Ritter zu fassen, der Vorbereitungen traf, um sich in das Getümmel von Goblins zu stürzen, die langsam einen eisernen Ring um sie bildeten. »Wir sind umzingelt«, rief der Halb-Elf.
Sturm blickte den Halb-Elf zornig an, und einen Moment lang dachte Tanis, er könnte sich seiner Aufforderung widersetzen.
»Bitte, Sturm«, sagte Tanis leise. »Vertraue mir. Unsere Zeit zu sterben ist noch nicht gekommen.«
Sturm zögerte, warf einen flüchtigen Blick auf die Goblins. Sie hielten sich zurück, da sie sein Schwert und seine Geschicklichkeit fürchteten, aber er wußte, sie würden ihn bei der kleinsten Bewegung sofort angreifen. »Unsere Zeit zu sterben ist noch nicht gekommen.« Was für merkwürdige Worte. Warum hatte Tanis das gesagt? Hatte man überhaupt »eine Zeit zu sterben«? Wenn dem so war, dann hatte Tanis recht. Es gab kein glorreiches Sterben in einem Wirtshaus, niedergetrampelt von stinkenden, panischen Goblinfüßen.
Als der Ritter seine Waffe wegsteckte, entschied die Gestalt in der Türschwelle, daß es nun sicher sei, umgeben von ungefähr hundert Soldaten, einzutreten. Die Gefährten blickten auf die graue, gefleckte Haut und in die roten, schielenden Schweinsäuglein von Truppführer Toede.
Tolpan bewegte sich schnell zu Tanis. »Er wird uns sicher nicht wiedererkennen«, flüsterte der Kender. »Es war schon dunkel, als sie uns anhielten und nach dem Stab ausfragten.«
Anscheinend erkannte Toede sie wirklich nicht. In der Woche war eine Menge passiert, und der Truppführer hatte wichtige Dinge im Kopf und fühlte sich sowieso schon überfordert. Seine roten Augen fixierten die Rittersymbole an Sturms Umhang. »Noch mehr Flüchtlingsabschaum aus Solamnia«, bemerkte Toede.
»Ja«, log Tanis schnell. Er bezweifelte, ob Toede bereits von der Zerstörung Xak Tsaroths erfahren hatte. Er hielt es auch für sehr unwahrscheinlich, daß dieser Truppführer etwas über die Scheiben von Mishakal wußte. Aber
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