Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
ich fortging – und um herauszufinden, wer ich bin und wohin ich gehöre.«
»Du bist Tanthalas, mein Geliebter, und du gehörst zu mir!«
schrie Laurana. Sie befreite sich aus seinem Griff und nahm seine Hände. »Sieh! Du trägst immer noch meinen Ring. Ich weiß, warum du fortgegangen bist. Du hattest Angst, mich zu lieben, aber du brauchst keine Angst mehr zu haben. Alles hat sich geändert. Vater hat so viele Probleme, es würde ihn nicht stören. Außerdem bist du jetzt ein Held. Bitte, laß uns heiraten. Ist das nicht der Grund, warum du zurückgekehrt bist?«
»Laurana«,Tanis sprach sanft, aber bestimmt, »meine Rückkehr war ein Zufall ...«
»Nein!« schrie sie und schob ihn weg. »Ich glaube dir nicht.«
»Aber du mußt doch Gilthanas’ Geschichte kennen. Wenn Porthios uns nicht befreit hätte, wären wir jetzt in Pax Tarkas!«
»Er hat es erfunden! Er wollte mir nicht die Wahrheit sagen. Du bist zurückgekommen, weil du mich liebst. Etwas anderes will ich nicht hören.«
»Ich wollte es dir nicht sagen, aber es bleibt mir wohl nichts anderes übrig«, sagte Tanis ärgerlich. »Laurana, ich liebe eine andere – eine menschliche Frau. Sie heißt Kitiara. Das heißt nicht, daß ich dich nicht auch liebe. Ich ...«,Tanis stockte.
Laurana starrte ihn an, aus ihrem Gesicht war jede Farbe gewichen.
»Ich liebe dich, Laurana. Aber, verstehst du, ich kann dich nicht heiraten, weil ich sie auch liebe. Mein Herz ist gespalten, so wie mein Blut.« Er zog den Ring aus goldenen Efeublättern ab und reichte ihn ihr. »Ich entbinde dich von allen Versprechen, die du mir gegeben hast, Laurana. Ich bitte dich, auch mich zu entbinden.«
Laurana nahm den Ring, unfähig, etwas zu sagen. Sie sah Tanis flehend an, doch als sie nur Mitleid in seinem Gesicht sah, schrie sie gellend auf und warf den Ring fort. Er fiel vor Tolpans Füße. Er hob ihn auf und ließ ihn in einen Beutel gleiten.
»Laurana«, sagte Tanis kummervoll, nahm sie in seine Arme, als sie wild aufschluchzte. »Es tut mir leid. Ich habe nie gewollt ...«
An diesem Punkt entfernte sich Tolpan und ging wieder zu den anderen.
»Nun«, sagte der Kender zu sich und seufzte zufrieden, »jetzt weiß ich zumindest, was los ist.«
Tanis wurde plötzlich wach, als Gilthanas über ihm stand. »Laurana?« fragte er und erhob sich.
»Mit ihr ist alles in Ordnung«, sagte Gilthanas ruhig. »Ihre Mädchen haben sie nach Hause gebracht. Sie hat mir euer Gespräch erzählt. Ich will nur wissen, ob ich es richtig verstanden habe. Genau das habe ich die ganze Zeit befürchtet. Die menschliche Seite in dir schreit nach anderen Menschen. Ich habe versucht, ihr das zu erklären, habe gehofft, sie nicht zu verletzen. Jetzt wird sie mir zuhören. Vielen Dank, Tanthalas. Ich weiß, es war bestimmt nicht einfach.«
»Das war es wahrhaftig nicht«, sagte Tanis und schluckte. »Ich will ehrlich sein, Gilthanas – ich liebe sie, wirklich. Es ist nur ...«
»Bitte, sag nichts mehr. Laß es, wie es ist, und vielleicht, wenn wir schon keine Freunde sein können, können wir uns wenigstens respektieren.« Gilthanas’ Gesicht wirkte im Sonnenuntergang abgespannt und blaß. »Du und deine Freunde müßt euch jetzt vorbereiten.Wenn der silberne Mond aufgeht, wird es ein Fest geben, und dann findet die Zusammenkunft des Obersten Rates statt. Es ist an der Zeit, Entscheidungen zu fällen.«
Er ging. Tanis sah ihm einen Moment nach, dann machte er sich seufzend daran, die anderen zu wecken.
Lebwohl - Die Entscheidung der Gefährten
D as Fest in Qualinost erinnerte Goldmund an den Totenschmaus nach der Beerdigung ihrer Mutter. Wie das Fest sollte die Bestattung ein fröhliches Ereignis sein – denn Tearsong war eine Göttin geworden. Aber für die Leute war es schwer, den Tod der schönen Frau zu akzeptieren. Und so hatten die Barbaren von Que-Shu ihr Dahinscheiden mit einem Gram betrauert, der an Gotteslästerung grenzte.
Der Leichenschmaus zu Ehren Tearsongs war das Prunkvollste gewesen, was Que-Shu je erlebt hatte. Der trauernde Gatte hatte keine Kosten gescheut.Wie das Festessen in Qualinost
an diesem Abend gab es Berge von Essen, die kaum bewältigt werden konnten. Es gab halbherzige Versuche, eine Unterhaltung zu führen, obwohl niemand reden wollte. Gelegentlich war einer, von Leid überwältigt, gezwungen, den Tisch zu verlassen.
Diese Erinnerung war so lebhaft, daß Goldmond wenig essen konnte; das Essen schmeckte ihr wie Asche. Flußwind betrachtete
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