Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
und die Lichter, bis Stille und Dunkelheit über das Land zogen.
Dann erhob sich die Stimme der Sonnen.
»Und jetzt«, sagte er niedergeschlagen, »ist es Zeit für die Zusammenkunft des Obersten Rates. Sie wird im Himmelssaal stattfinden.Tanthalas, wenn du deine Gefährten dorthin führen würdest.«
Es stellte sich heraus, daß der Himmelssaal ein riesiger, von Fackeln beleuchteter Platz war. Über ihm erhob sich die Kuppel des Himmels und der glitzernden Sterne. Aber es war zu dunkel. Die Stimme der Sonnen machte Tanis Zeichen, die Gefährten in seine Nähe zu bringen, dann versammelten sich sämtliche Einwohner von Qualinost um sie. Es war nicht notwendig, für Ruhe zu sorgen. Selbst der Wind wurde still, als die Stimme der Sonnen zu sprechen begann.
»Hier seht ihr unsere Lage.« Er zeigte auf den Boden. Die Gefährten erblickten eine riesige Landkarte zu ihren Füßen. Tolpan, der mitten in den Ebenen von Abanasinia stand, holte tief Luft. Noch nie hatte er solch eine wunderschöne Karte gesehen.
»Da ist Solace!« rief er aufgeregt.
»Ja, Kenderkind«, erwiderte die Stimme der Sonnen. »Und dort sammeln sich die Drachenarmeen. In Solace« – er zeigte mit einem Stock auf die Stelle – »und in Haven. Lord Verminaard hat kein Geheimnis aus seinen Plänen gemacht, in Qualinost einzufallen. Er erwartet nur seine Streitkräfte und sichert die Versorgungswege. Wir können gegen diese Horde nicht ankämpfen.«
»Sicherlich ist Qualinost leicht zu verteidigen«, sagte Sturm. »Auf dem Landweg gibt es keine direkte Straße.Wir überquerten Brücken über Schluchten, die keine Armee überwinden könnte, wenn man die Brücken vernichtete.Warum erhebst du dich nicht gegen sie?«
»Wenn es nur eine Armee wäre, könnten wir Qualinost wohl verteidigen«, antwortete die Stimme der Sonnen. »Aber was können wir gegen Drachen ausrichten?« Die Stimme der Sonnen spreizte hilflos seine Hände. »Nichts! Nach den Legenden konnte der mächtige Huma nur mit der Drachenlanze die Drachen besiegen. Nun gibt es niemanden – zumindest wissen wir nichts davon –, der sich an das Geheimnis dieser mächtigen Waffe erinnert.«
Fizban wollte etwas sagen, aber Raistlin stieß ihn an.
»Nein«, fuhr die Stimme der Sonnen fort, »wir müssen diese Stadt und diese Wälder aufgeben.Wir planen, in den Westen zu gehen, in das unerforschte Land, wo wir hoffen, für unser Volk eine neue Heimat zu finden – oder wir kehren vielleicht nach Silvanesti zurück, der ältesten Elfenheimat. Vor einer Woche machten unsere Pläne gute Fortschritte. Der Drachenfürst wird einen dreitägigen Gewaltmarsch brauchen, um seine Männer in Angriffsposition zu bringen, und Spione werden uns informieren, wenn die Armee in Solace aufbricht.Wir hätten genügend
Zeit gehabt, in den Westen zu flüchten.Aber dann erfuhren wir von der dritten Drachenarmee in Pax Tarkas, kaum mehr als eine Tagesreise von hier. Wenn diese Armee nicht aufgehalten wird, sind wir verloren.«
»Und du weißt einen Weg, um diese Armee aufzuhalten?« fragte Tanis.
»Ja.« Die Stimme der Sonnen sah zu seinem jüngsten Sohn. »Wie ihr wißt, werden Männer aus Torweg und Solace und den Nachbarortschaften in der Festung von Pax Tarkas gefangengehalten; sie arbeiten als Sklaven für den Drachenfürsten. Verminaard ist klug. Aus Furcht vor einer Sklavenrevolte hält er die Frauen und Kinder dieser Männer als Geiseln. Wir sind überzeugt, daß sich die Männer gegen ihre Herren wenden und sie vernichten würden, wenn wir diese Geiseln befreiten. Es war Gilthanas’ Mission, die Geiseln zu befreien und die Revolte anzuführen. Er hätte die Menschen nach Süden in die Berge gebracht, die dritte Armee aufgehalten und uns so Zeit zur Flucht gegeben.«
»Und was wäre dann mit den Menschen geschehen?« fragte Flußwind barsch. »Es scheint mir, daß du sie der Drakoarmee in den Rachen wirfst, so wie ein Verzweifelter Wölfen Fleischstücke zuwirft.«
»Lord Verminaard wird sie nicht mehr lange leben lassen, befürchte ich. Das Eisenerz ist fast erschöpft. Er wird noch jedes kleine Stück zusammentragen, aber dann werden die Sklaven für ihn nutzlos sein. In den Bergen gibt es Täler, Höhlen, wo die Menschen leben und den Drachenarmeen widerstehen könnten. Sie könnten leicht die Gebirgspässe gegen sie halten, besonders jetzt, da der Winter einsetzt. Zugegeben, einige werden sterben, aber das ist der Preis, der bezahlt werden muß. Wenn du die Wahl hättest, Mann aus den
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