Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
laufen.
»Was ist los?«
Sturm antwortete trocken: »Der Kundschafter kommt zurück.«
Tolpan kam die Straße herunter auf sie zu. Er winkte dreimal.
»Ins Gebüsch!« befahl Tanis. Die Gruppe verließ eilig die Straße und versank im Gebüsch, alle außer Sturm.
»Komm schon!« Tanis ergriff den Ritter am Arm. Sturm entzog sich dem Halb-Elf.
»Ich verstecke mich nicht im Graben!« erklärte der Ritter eisig.
»Sturm...«, begann Tanis und versuchte, seine aufsteigende Wut zu unterdrücken. Er schluckte bittere Worte hinunter, die nichts bringen würden und nicht wiedergutzumachenden Schaden anrichten konnten. Statt dessen wendete er sich mit zusammengepreßten Lippen vom Ritter ab und wartete in grimmigem Schweigen auf den Kender.
Tolpan kam angeflitzt, seine Beutel hüpften beim Laufen wild auf und ab.
»Kleriker!« keuchte er. »Eine Gesellschaft von Klerikern. Acht Stück!«
Sturm rümpfte die Nase. »Ich dachte, es wäre zumindest ein Bataillon von Goblinwachen. Ich denke, mit acht Klerikern werden wir fertig.«
»Ich bin mir nicht sicher«, entgegnete Tolpan. »Ich habe auf ganz Krynn Kleriker gesehen, aber solche noch nie.« Er blickte besorgt die Straße hinunter, dann zu Tanis mit einem ungewöhnlichen Ernst in seinen braunen Augen. »Erinnerst du dich, was Tika über die seltsamen Männer in Solace gesagt hat – die mit Hederick herumhängen? Mit Kapuzen und in schwere Roben gekleidet? Nun, diese Beschreibung paßt genau auf diese da! Und, Tanis, ich hatte bei ihrem Anblick ein ganz unheimliches Gefühl...« Der Kender schauderte. »Wir werden sie gleich sehen.«
Tanis warf Sturm einen schnellen Blick zu. Der Ritter hob die Augenbrauen. Beide wußten, daß Kender das Gefühl der Angst nicht kannten, dafür waren sie jedoch äußerst empfindsam gegenüber denAusstrahlungen anderer Lebewesen.Tanis konnte sich nicht erinnern, daß der Anblick irgendeines Wesens auf KrynnTolpan jemals ein »unheimliches Gefühl« vermittelt hätte – und er hatte sich mit dem Kender schon in einigen merkwürdigen Gegenden aufgehalten.
»Da kommen sie«, sagte Tanis plötzlich. Die drei zogen sich in den Schatten der Bäume zur Linken zurück und beobachteten die Kleriker, die um die Straßenbiegung kamen. Für den Halb-Elf waren sie noch zu weit entfernt, um viel über sie sagen zu können, außer daß sie sich sehr langsam bewegten und einen großen Handkarren hinter sich zogen.
»Vielleicht solltest du mit ihnen sprechen, Sturm«, sagte Tanis leise. »Wir müssen mehr über die Straße wissen. Aber sei vorsichtig, mein Freund.«
»Ich werde vorsichtig sein«, antwortete Sturm lächelnd. »Ich habe nicht dieAbsicht, mein Leben sinnlos wegzuwerfen.«
Der Ritter faßte Tanis einen Moment lang in stummer Entschuldigung am Arm, dann ließ er ihn los, um sein Schwert zu
lockern. Er ging auf die andere Straßenseite und lehnte sich gegen einen abgebrochenen Holzpfahl, den Kopf gesenkt, als wollte er sich ausruhen.Tanis stand einen Moment unentschlossen da, dann wandte er sich um und bahnte sich einen Weg durch das Gebüsch,Tolpan auf seinen Fersen.
»Was ist denn los?« grunzte Caramon, als Tanis und Tolpan erschienen. Der Krieger streckte sich, so daß sein Waffenarsenal heftig zu klirren begann. Die übrigen Gefährten hatten sich hinter ein Gebüsch gedrängt, von wo aus sie jedoch die Straße überblicken konnten.
»Psst.« Tanis kniete sich neben Caramon und Flußwind, der hinter einem Busch einige Meter zu Tanis’ Linken kauerte. »Kleriker«, flüsterte er. »Sturm soll sie ausfragen.«
»Kleriker!« Caramon schnaubte spöttisch und machte es sich bequem.Aber Raistlin wurde unruhig.
»Kleriker«, wisperte er nachdenklich. »Mir gefällt das nicht.«
»Wie meinst du das?« fragteTanis.
Raistlin lugte aus den dunklen Schatten seiner Kapuze zum Halb-Elf. Tanis konnte nur die goldenen Augen des Magiers erkennen, enge Schlitze voller List und Klugheit.
»Seltsame Kleriker.« Raistlin sprach mit umständlicher Geduld, wie zu einem Kinde. »Der Stab hat spirituelle, heilende Fähigkeiten – Fähigkeiten, die man auf Krynn seit der Umwälzung nicht mehr erlebt hat! Caramon und ich sahen einige dieser Männer in Solace. Findest du es nicht seltsam, mein Freund, daß diese Kleriker und dieser Stab zur selben Zeit am selben Ort erscheinen, obwohl beide zuvor nie gesehen wurden? Vielleicht gehört ihnen rechtmäßig dieser Stab.«
Tanis blickte zu Goldmond. Sie sah sehr beunruhigt aus. Sicherlich hatte
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