Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)
glänzenden Bart sehen würde und ein schmutziges einäugiges Gesicht, rau wie Baumrinde.
Der siebte Seelenesser. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er die eine oder andere Anspielung gemacht. Bevor der Stein ihn gebissen hat, ist er ein kluger Mann gewesen …
»Narrander ist tot«, knarrte Eostra aus dem Rauch. »Er ist im großen Feuer umgekommen.«
»Ein anderer starb!«, grölte eine Stimme. »Er hätte leben sollen! Jetzt bringt der Streuner es zu Ende!«
»Niemand kann die Maskierte aufhalten.«
Der Streuner brüllte auf und stürmte auf den Steinhaufen zu – doch noch bevor er ihn erreichte, blieb er taumelnd stehen. Die Kluft war zu breit. Er kam nicht auf die andere Seite. »Er hätte leben sollen!« Sein wütendes Heulen erfüllte die Höhle mit Schmerz.
Plötzlich sah Renn die kleine zusammengekauerte Gestalt, die sich über seinem Kopf am Felsen festklammerte. Sofort richtete sie ihren Pfeil darauf. Dark lud seine Schleuder.
Dann ließen sie die Waffen sinken. Die Tokoroths waren viel zu weit weg.
»Über dir!«, riefen Renn und Dark gleichzeitig.
Der Streuner warf einen Blick nach oben, da traf ihn schon der erste Stein. Er ging in die Knie. Der nächste Stein erwischte ihn. Er stürzte am Rande der Kluft zu Boden. Die Axt entglitt seiner Hand, wenig später hörte man ein schwaches Platschen. Der Streuner blieb reglos liegen. Renn hatte Eostra noch nie so sehr gehasst wie in diesem Augenblick.
»Da ist Torak!«, flüsterte Dark. Er zog sie zur Seite und zeigte mit dem Finger – und schließlich sah auch sie ihn.
Torak befand sich auf halber Höhe des Pfeilers, um den die Hunde strichen. Er war rings um die Hüfte gefesselt, sein Kopf war auf die Brust gesunken. Er bewegte sich nicht.
»Torak!«, schrie Renn.
Keine Antwort.
Entweder war er betäubt – oder seine Seele war auf Wanderschaft. Er war nicht tot; sie weigerte sich einfach, das zu glauben. Sie biss die Zähne zusammen und machte sich bereit zu schießen. Wie viele Hunde? Sechs? Sieben? Und nur drei Pfeile.
Eine gefleckte Bestie sprang in die Höhe und schnappte nach Toraks nacktem Fuß. Renns Pfeil sauste durch die Luft. Der Hund fiel mit einem gurgelnden Heulen und einem Pfeil in der Kehle zu Boden.
Neben ihr ließ Dark seine Schleuder los. Eines der grauen Viecher stürzte und rührte sich nicht mehr. Mit dem nächsten Stein spaltete Dark den Schädel eines weiteren Hundes; Renn schoss einem einen Pfeil in die Brust. Er taumelte rückwärts in die Kluft, sein Jaulen erstarb im Nichts.
Zwei Hunde streiften durch die Höhle und verschwanden in einem Tunnel, als hätten sie dort Beute gewittert. Der übrig gebliebene Hund umkreiste Toraks Zufluchtsort. Ein Tokoroth tauchte am Fuß der Steinsäule auf und machte sich mit einem Messer zwischen den Zähnen daran, nach oben zu klettern. Renn legte den letzten Pfeil ein und zielte. Ihre Hände zitterten. Das Geschöpf war ein Dämon, aber es hatte den Körper eines Kindes.
Ein Stein pfiff durch die Luft. Der Tokoroth fiel mit einem Aufschrei zu Boden und hielt sich den gebrochenen Kiefer. Dark lud grimmig seine Schleuder nach, doch der Tokoroth schleppte sich in die Dunkelheit davon.
Renn spähte in den Dunst und suchte nach einem weiteren Ziel. Der Rauch war zu dicht, seine Finger drangen bis in ihren Verstand vor. Sie stellte sich vor, wie die Maskierte sich über dem Feueropal brüstete: Niemand hält Eostra auf.
Renn setzte den Bogen ab. Was nun folgte, ließ sich nicht mit Pfeilen gewinnen.
Etwas von Saeunns eisernem Willen bestärkte sie in ihrem Entschluss. Du bist Schamanin, ermahnte sie sich. Also denke auch wie eine.
Dein Zauber ist unrein, hatte der Streuner gesagt. Er trägt das Haar eines Lebenden.
Renn wurde ruhig. Sie sah auf die Kordel, die den Feueropal umspannte. Sie schien aus verschiedenfarbigen Schnüren geflochten zu sein. Sie entdeckte Schimmer von Schwarz, Rostrot, Gold …
Haare. Eostra hatte die Geister der Seelenesser mit deren eigenem Haar eingefangen und daraus jene Kordel gewoben, die nun den Feueropal umspannte, die Kordel, mit der sie die toten Seelenesser an sich band – so, wie sie auch mit Toraks Haar seine Weltseele an sich binden und damit seine Kraft an sich reißen wollte.
»Torak!«, schrie Renn. »Zerschneide die Kordel!«
Gefangen im Innersten der Seelenesserin, versuchte Torak, sich freizukämpfen. Sein Wille wurde bereits schwächer. Eostra war zu stark.
Aus der Ferne hörte er jemanden rufen. Es hörte sich an wie
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