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Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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brennender Haare kräuselte sich, schrumpfte ein und war verschwunden.
    Die Ruhelosen Toten vergingen vor Toraks Augen. Durch einen Tränenschleier sah Torak die Gestalt seines Vaters verschwimmen.
    Im letzten Moment jedoch veränderte sich das Rauchgesicht. Es wurde zu Fa, wie er einmal zu Lebzeiten gewesen war; es hellte sich auf, als es den Sohn erblickte. » Torak … «, murmelte er, leise wie schlafender Atem.
    Dann war er verschwunden.
    Torak stand zitternd vor dem Opfertisch. Ein Teil von ihm wusste, dass Eostra die Überreste des Feueropals noch in Händen hielt. Ein Teil von ihm hörte, wie sie erneut ihr Lied anstimmte.
    Eostra ruft den Seelenwanderer
Eostra bindet sich an ihn!
    Aus weiter Ferne rief ihm Renn warnend zu: »Torak! Hinter dir!«

Kapitel 38

    »Hinter dir!«, rief Renn. Sie war schussbereit, aber das Tokoroth, das sein gebrochenes Bein hinter sich herzog, verschwand ein ums andere Mal im Schatten.
    Endlich schien Torak zu sich zu kommen. Er sah das Tokoroth den Steinhaufen hinaufkriechen. Er sah Eostra die Bruchstücke des Feueropals schwingen und ihre freie Hand der Adlereule entgegenstrecken, die mit seiner Haarsträhne in den Krallen auf sie zugeflogen kam.
    In diesem Augenblick stürzte sich das Tokoroth auf Torak. Er packte es und schleuderte es über sich hinweg; doch es griff ihn unbeirrt wieder an. Sie rangen miteinander und bewegten sich dabei so schnell, dass Renn keinen Schuss wagte. Neben ihr griff Dark nach seiner Schleuder. Schließlich schmetterte Torak das Tokoroth auf den Opfertisch. Es zuckte noch kurz, als seine Wirbelsäule brach, dann rutschte es tot von der Steinplatte.
    Zwei schwarze Gestalten kamen aus der Dunkelheit über dem Steinhaufen auf Torak zugeprescht. Renn und Dark schossen auf die Hunde und trafen dasselbe Ziel. Das verletzte Geschöpf rutschte mit scharrenden Krallen über den Rand der Bodenspalte und stürzte jaulend in die Tiefe. Torak drehte sich um und schien die Kluft zum ersten Mal zu bemerken. Der andere Hund setzte zum Sprung an.
    Renn hatte keine Pfeile mehr. Hektisch suchte sie nach Steinen.
    »Keine mehr da«, keuchte Dark. Er packte ihre Axt und schleuderte sie mit aller Kraft. Sie prallte kurz vor dem Steinhaufen auf den Boden.
    Torak kämpfte auf Knien gegen den Hund und versuchte, die Hände tief im Nackenfell, die mächtigen Zähne von seinem Gesicht fernzuhalten.
    Machtlos schlug Renn mit den Fäusten auf den steinernen Boden.
    Da kam ein silberner Pfeil durch die Höhle geschossen: Wolf eilte seinem Rudelgefährten zu Hilfe. Seine Seiten waren blutig, die weißen Reißzähne glänzten, und seine Augen blickten wilder drein, als Renn es je gesehen hatte. Mit einem letzten gewaltigen Satz war er bei den Kämpfenden, schlug die Zähne in die Kehle des Hundes und zerrte ihn von Torak weg. Wolf und Hund rollten ineinander verbissen die Steine hinab, ein wütend knurrendes schwarz-graues Durcheinander. Wolf kam wieder auf die Beine und stand keuchend, mit blutverklebtem Fell da. Der Hund lag regungslos vor ihm. Wolf hatte ihm den Bauch aufgerissen.
    Jetzt kam die Adlereule im Sturzflug durch die Höhle gesaust. Sie flog sehr niedrig, um Wolf von Torak wegzulocken. Zu niedrig. Kurz bevor sie wieder in der Dunkelheit verschwand, sah Renn, wie Wolf sie an einem Flügel erwischte, aus der Luft holte und in Stücke riss.
    Torak lehnte völlig erschöpft am Opfertisch. Dahinter reckte die Seelenesserin triumphierend seine Haarsträhne in die Luft.
    »Eostra bindet ihn an sich!«, kreischte sie. »Eostra wird ewig leben!«
    Sie nahm die Haare zwischen ihre hölzernen Lippen, hob ihren Spieß und stieß damit nach Toraks Brust.
    Er wich seitlich aus. So umrundeten sie den Opfertisch: Eostra zustechend, Torak so gut es ging ausweichend.
    Auf der gegenüberliegenden Seite der Höhle bewegte sich ein Schatten.
    Renn hielt den Atem an. Ungläubig sah sie, wie der Streuner auf allen vieren heran kroch. Er schüttelte den Kopf.
    »Verborgene!«, krächzte er.
    Torak und die Seelenesserin umkreisten weiter den Opfertisch.
    »Verborgene des Berges! Der Streuner ruft euch! Befreit die Welt von diesem Geschwür des Bösen!«
    Zuerst spürte Renn nichts.
    Dann ein kaum wahrnehmbares Beben unter ihren Händen.
    Der Streuner hob die dürren Arme, seine Stimme wurde kräftiger. »Der Streuner ruft euch! Lasst das Maul des Berges zubeißen!«
    Unten in der Höhle erzitterten die steinernen Zähne. Renn sah einen dicken, hoch aufragenden Pfeiler wanken und krachend

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