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Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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des Flinken Nass vernahm er ein Wimmern, das so hoch war, als hörte man Licht. Er kannte dieses Wimmern. Es war die Stimme des Hirschknochens, den Groß Schwanzlos an seinem Lauf trug: der Hirschknochen, der die staubige Erde enthielt, die er manchmal auf Wolf schmierte. Der Hirschknochen, den Wolf schon einmal im Wald hatte singen hören.
    Eifrig rannte Wolf dem Gesang hinterher: den Hang hinunter, vorbei an der Stelle, an der sie gegen die Hunde gekämpft hatten, hin zu dem Flinken Nass, das aus dem Berg gesprudelt kam.
    Groß Schwanzlos lag daneben.
    Wolf sprang ihm auf die Brust und leckte ihm über die Nase. Wach auf!
    Groß Schwanzlos rührte sich nicht.
    Wolf bellte ihm in die Ohren. Er kratzte und scharrte, er biss in das kalte Gesicht. Vergebens.
    Wolfs Welt zerbrach. Nein. Nein. Groß Schwanzlos war Ohn-Hauch!
    Aber das Horn sang immer noch.
    Der Gesang durchdrang Wolf völlig und verwandelte sich in die merkwürdig klare Gewissheit, die ihn manchmal überkam. Wenigstens wusste er jetzt, was er zu tun hatte.
    Mit neuem Ziel ging er, nach der Witterung suchend, auf und ab. Da – sehr schwach nur, aber wohlvertraut. Der Geruch seines Rudelgefährten. Wolf folgte ihm mit großen Sätzen.
    Er war noch nicht weit den Berg hinaufgekommen, da sah er es. Es hatte dieselbe Größe und Gestalt wie Groß Schwanzlos, bloß an den Rändern ein wenig undeutlich: der Hauch-der-geht.
    Wolf spürte, dass der Hauch verloren und verwirrt war. Er lief langsamer, um ihn nicht zu erschrecken, und wedelte mit dem Schwanz. Der Hauch sah ihn und blieb schwankend und blinzelnd stehen. Wolf drückte sich an seine Beine und stieß ihn sanft an. Der Hauch-der-geht taumelte. Wolf stupste ihn vorwärts und führte ihn den Hang hinunter. Und dann, als sie schließlich neben dem Körper standen, schubste er ihn mit der Nasenspitze wieder hinein.
    Groß Schwanzlos japste zitternd auf – und holte Luft.
    Wolf leckte seinem Rudelgefährten über das Gesicht, um ihn aufzuwärmen, und legte sich dann auf ihn, um ganz sicherzugehen, dass der Hauch-der-geht auch in ihm blieb.
     
    Dark sagte, er wolle Renns Ausrüstung holen, die sie auf dem Berg zurückgelassen hatte; vielleicht wäre es gut, wenn sie mitkäme, es würde ihr vielleicht ein bisschen besser gehen, wenn sie die Sonne aufgehen sähe. Ihm half das manchmal.
    In der Nacht hatte es geschneit. Eostras Todeskälte war verschwunden. Die Raben jagten einander über den strahlenden Himmel und der Neuschnee glitzerte golden in der aufgehenden Sonne.
    Dark hatte sich geirrt. Es half nicht. Es war ihr erster Sonnenaufgang ohne Torak.
    Während sie durch Darks Spur knirschte, dachte sie an den Weg, der vor ihr lag: nach Hause, in den Wald. Sie würde jedem erzählen müssen, was geschehen war. Und wenn Saeunn tot war, würden sie wollen, dass sie die neue Rabenschamanin wäre. Ein Leben voll schmerzlicher Leere erstreckte sich vor ihr. Sie konnte es nicht ertragen.
    Sie näherten sich Toraks altem Schneeloch, wo Dark nach ihrer Ausrüstung suchte.
    »Schon seltsam«, sagte er, als er zurückkam.
    Renn war das alles völlig gleichgültig, doch er bestand auf seine schüchterne Art darauf, also ließ sie sich von ihm zeigen, was er entdeckt hatte.
    Große abgerundete Fußspuren im Schnee.
    Demnach hat der Streuner auch einen Weg nach draußen gefunden, dachte sie. Das ist gut.
    Nur fühlen konnte sie es nicht.
    Der weiße Rabe krächzte ohrenbetäubend und flog in Richtung Westen.
    Dark eilte ihm nach, während Renn einfach stehenblieb.
    Die Flügel des Raben blitzten wie Eis, als er zu einem Fluss hinunterflog, der aus einer kleinen Höhle im Steinfeld gesprudelt kam. Dort ließ er sich auf einer schneebedeckten Erhebung nieder, plusterte die Federn an seinem Kinn auf und krächzte laut, wobei er kleine frostige Atemwölkchen ausstieß.
    »Renn«, rief Dark.
    Renn rieb sich die Schläfen. Was denn noch?
    Der weiße Rabe flog unvermittelt auf, als sich der kleine Hügel hob und Wolf darunter zum Vorschein kam, sich den Schnee aus dem Pelz schüttelte und auf sie zusprang.
    »Wolf.« Ihre Stimme brach. Sie hüpfte den Hang hinunter. Wolf sprang an ihr hoch, warf sie um und bedeckte sie mit nassen Wolfsküssen. Sie schlang die Arme um ihn, aber er entschlüpfte ihr wieder und lief mit großen Sprüngen und laut bellend zurück.
    Der weiße Rabe krächzte immer noch. Jetzt fielen auch Rip und Rek mit ein. Wolf wedelte mit dem Schwanz und rannte wie toll im Kreis um den Hügel herum; Dark ließ

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