Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
ersten Obergeschoss zurück. Kurz darauf wurde es still. Nur von draußen drangen ab und zu die Geräusche der Wanderfalken durch die dicken Steinwände.
Alles schien friedlich, dennoch lag eine deutlich spürbare Spannung in der Luft. Erich und Kern waren nach kurzer Zeit eingeschlafen, aber das Schnarchen des Halken fehlte. Und auch Sarn schlief nicht. Ich konnte die beiden statt dessen miteinander flüstern hören. Nach kurzer Zeit schoben sie ihre Decken von sich und schlichen zum Vorhang vor dem Ausgang. Ich fuhr in Erichs Körper und weckte ihn. Danach zog ich mich sofort wieder zurück, damit er nichts davon mitbekam. Verwirrt sah er, wie Sarn und der Halken durch den Vorhang schlüpften und stand auf. Mit unsicheren Schritten folge er ihnen unbemerkt.
„Was ist los?“, fragte er mich wispernd. „Was ist passiert?“ Ich erzählte ihm, was ich von Karak erfahren hatte, während er die beiden anderen Hürnin einholte. Aber anscheinend war er noch zu schlaftrunken um zu begreifen, was es bedeutete, dass ein Dämon hier unter den Wanderfalken lebte.
„ Was ist los? Was habt ihr vor?“, fragte Erich, als Sarn und der Halken ihn bemerkten. Sie hatten sich Öllampen besorgt und schienen in der sie umgebenden Dunkelheit nur aus flackernden Schatten zu bestehen. Natürlich waren sie nicht die einzigen, die im lichtlosen Tag der Peregrinhöhlen unterwegs waren, doch im Zwielicht der Öllichter musste man schon sehr genau hinsehen, um sie von den anderen Höhlenbewohnern unterscheiden zu können.
„ Wir befreien Sirr.“, antwortete Sarn entschlossen. Der Halken war anderer Ansicht. „Er befreit die dumme Elfe. Der Halken wird mit den Ahnen sprechen. Sie rufen nach ihm.“
Sarn warf Erich einen Blick zu, der nur bedeuten konnte, dass er besser nicht nachfragen sollte.
„Nehmt mich mit.“, bat Erich.
Sarn schüttelte den Kopf. „Bleib bei Kern. Das hier ist zu gefährlich.“
„Ihr könnt nicht verhindern, dass ich euch folge.“, erwiderte Erich trotzig.
„ Der Halken geht jetzt. Folgt ihm, bevor die Zweige zurückschlagen oder klatscht weiter hier herum wie alte Weiber.“
Besser als jedes Argument bewegte diese unverständliche Bemerkung des Halken Sarn dazu einzulenken.
Als wir die Häuser der Wanderfalken hinter uns ließen und in einen roh behauenen Gang einbogen, zog der Halken eine fingergroße Spinne aus den Haaren in seinem Nacken und setzte sie sich auf die Handfläche.
„ Was ist das?“, wollte Erich wissen.
„ Heißt Petapaka. Hilft uns den Weg zurück zu finden.“, antwortete der Halken. Ohne eine weitere Erklärung machten sie sich auf den Weg in Richtung See und Erich begriff schnell, wozu der Halken die Spinne benutzte. Immer wenn wir an eine Gabelung oder eine Abzweigung kamen, berührte er mit ihrem Unterleib die Decke und spann so einen feinen, schimmernden Faden bis zur nächsten Kreuzung. Die Fäden waren zwar dünn, aber mit etwas Aufmerksamkeit konnte man sehen, wie sich das Licht in ihnen spiegelte und sich so gut an ihnen orientieren. Aber es konnte uns nicht helfen schnell hinunter zum See zu finden. Es war gar nicht so einfach sich unter der Erde zurecht zu finden. Mehrmals mussten wir wegen Sackgassen umkehren, aber schließlich öffnete sich vor uns die gewaltige Höhle mit dem unterirdischen Gewässer. Als wir kurz innehielten, um uns zu orientieren und die Insel zu finden, merkte Erich, dass der Halken ziemlich mitgenommen aussah. Es war mehr als deutlich, dass ihm seine Verletzung immer noch Schmerzen bereitete und er eigentlich dringend Ruhe brauchte. Zudem bemerkte ich, dass einige der Zecken verschrumpelt wie Rosinen an ihm hingen und Stoffe in sein Blut pumpten, die ihm halfen, auf den Beinen zu bleiben. Er atmete schwer und die Verbände um seinen Oberkörper schimmerten feucht von frischem Blut. Aber sein Wille war stärker als der Körper.
Schwaches Licht drang von der Insel zu den drei Hürnin herüber. Es war absolut still.
Sarn und der Halken löschten ihre Lampen und schlichen näher an das Ufer des Sees heran. Mit einem Mal erinnerte sich Erich daran, dass ich ihm davon erzählt hatte, dass Karak das Lebewesen im See für einen Dämon hielt.
„ Wartet.“, wisperte er. „Das Ding im See ist ein Dämon.“
Sarn nickte. „Wissen wir. Ein Grund mehr Sirr da rauszuholen.“
„Mit ihm zu sprechen.“, knurrte der Halken.
„ Aber … “
Sarn legte eine Hand auf Erichs Mund, bevor der mehr sagen konnte. Jemand bewegte sich langsam schreitend
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