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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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im Süden und es war unwahrscheinlich auf große Sumpfrosenansammlungen oder überhaupt auf welche zu stoßen. Bei den Hürnin, die wir hier entdeckten, handelte es sich deshalb auch hauptsächlich um Pärchen, für die die Pflanzen eher nebensächlich waren und die eher nach trockenem Untergrund suchten. Eines dieser Pärchen hatte es sich gerade neben einem abgeknickten Baumstamm gemütlich gemacht und war gerade dabei sich seiner Kleidung zu entledigen, als Kern mit uns im Schlepptau vorbeikam und beinahe auf die beiden drauftrampelte.
    Sie beschwerten sich lautstark, aber Kern würdigte sie keines Blickes und auch die anderen beiden hatten keine Zeit für sie, weil Kern weiterhin ein beachtliches Tempo an den Tag legte, bis er plötzlich ein gutes Stück weiter unvermittelt inmitten von fast kahlen Sumpfbeerensträuchern stehen blieb.
    „Psst!“, machte er und legte sich den Zeigefinger an sein linkes Auge. Sarn und Erich blieben schnaufend neben ihm stehen. Kern lugte derweil konzentriert durch die Zweige hindurch, aber als Sarn und Erich näher kamen, um herauszubekommen, was es da zu sehen gab, stieß er ein krachendes Trompeten aus und trabte dann lachend weiter. Mit ähnlichen Unterbrechungen folgten sie ihm weiter etwa eine Stunde lang und Erich wollte schon den Vorschlag machen, dass sie wieder umkehren sollten, als sie an einen flachen Teich gelangten, an dessen Ufer eine windschiefe, mit Lehm zusammengeklebte Hütte stand.
    Erich und ich erkannten die Bauweise sofort wieder, denn sie sah genauso aus wie die Hütte in der Erich auf dem Weg nach Hornhus Schutz gesucht hatte. Aber es war vor allem der Teich, der unsere Aufmerksamkeit magisch anzog.
    Seine Oberfläche war fast vollständig bedeckt von den viergeteilten Blättern der Sumpfrose in deren Zentrum eine unscheinbare rotbraune Frucht stand. Es mussten Hunderte von Pflanzen sein, die hier auf engstem Raum zusammenstanden, genug um eine Großfamilie satt zu bekommen. Kern hatte tatsächlich einen Schatz gefunden.
    Doch er schien sich nicht sonderlich dafür zu interessieren. In einem seltsamen Hüpfschritt betrat er seine Hütte, um irgendwas darin nachzusehen und kam kurz darauf mit einem nichtssagenden Gesichtsausdruck, der ihn fast normal erscheinen ließ, wieder heraus.
    „Auf Kern ist eben Verlass.“, sagte Sarn zufrieden und klopfte seinem Gefährten auf die Schulter, bevor er seine beiden Körbe neben sich abstellte und eine Flasche mit Wasser aus dem Rucksack holte.
    Während er trank, begann Kern mit neu erwachendem Interesse in den Teich hinein zu waten und die ersten Sumpfrosen auszureißen. Er befreite die Stängel von Wurzeln und Blättern und legte sie dann sorgfältig gestapelt in den Korb, den er neben sich durch das Wasser zog.
    Sarn reichte die Wasserflasche an Erich weiter und folgte dann Kerns Beispiel. Als auch Erich getrunken hatte, zogen sie zu dritt schweigend durch das nie mehr als hüfthohe Wasser und ernteten. Die Stimmung war beinahe feierlich und so scheute Erich davor zurück, gleich an Ort und Stelle eine der Sumpfrosen zu probieren, auch wenn er es vor Neugier kaum noch aushielt. Schon allein der Geruch, der ihm in die Nase stieg, als er die Stängel von Blättern und Wurzeln befreite, war betörend. Gleichzeitig frisch, dass er bis tief hinein in die Nase stieg und herb aromatisch. Erst als ihre Körbe voll waren, sie vor der Hütte in der Sonne saßen, um sich von ihr trocknen zu lassen und sich von Blutegeln zu befreien, zeigte Sarn Erich, wie man die Stängel seiner Meinung nach am besten aß.
    „ Du streifst erst den Schleim ab und windest sie ein wenig aus, damit die Hülle aufbricht.“, sagte er und machte es ihm vor. „Dann kannst du den Stängel mit den Fingern der Länge nach aufbrechen und das Innere herausessen.“
    Er hielt Erich einen bereits aufgebrochenen Stiel hin, der ihn dankend annahm. Das Mark der Pflanze hatte eine dunkelrote Farbe, die ihn ein wenig an die Blutwurst erinnerte, die es im Dorf gegeben hatte, aber der Geschmack war mit nichts zu vergleichen, was er jemals gegessen hatte. Jetzt verstand er, warum Brogu solche Schwierigkeiten gehabt hatte, diesen Geschmack zu beschreiben. Fast schien es, als könnte man die Pflanze nicht nur schmecken, sondern im ganzen Körper fühlen, während man das Mark schluckte. Erich bekam eine Gänsehaut und legte unwillkürlich mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken.
    „Das ist … lecker!“, murmelte er, um gleich darauf mit seinen Zähnen

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