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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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trat ein. Es war warm im Zimmer, die Porzellanlampen auf dem Kaminsims waren angezündet, und in ihrem Lichtschein sah sie Arré in ihrem Armsessel und Paxe, die die gestiefelten Beine in den Raum streckte. Auf dem Lacktischchen zwischen beiden stand eine Teekanne.
    Paxe wirkte ausgeruht, und ihr Arm trug einen sauberen Verband. Sie hatte den Kopf schräggelegt, als Sorren hereinkam, und lächelte nun. Aber es war ein seltsames Lächeln. Sorren wurde steif. »Hofmeisterin«, sagte sie, »Kaleb ... H-H-Hauptmann Kaleb sagt, du hast eine Nachricht für mich.«
    Arré streckte die Hand nach ihr aus. »Komm hierher, Kleines!« sagte sie und klopfte auf ihren Sessel. Sorren sank neben dem Sessel zu Boden und kreuzte die Beine. »Ist dir klar, daß du noch immer mein Armband trägst?«
    Sorren blickte verblüfft auf ihr Handgelenk. Da war kein Armband ... »Oh!« Sie fuhr mit der rechten Hand zu ihrem linken Oberarm hinauf. Sie hatte das Silberarmband zu dem anderen hinaufgeschoben und es ganz vergessen. Sie begann es herabzudrehen.
    »Nein«, sagte Arré. »Behalte es! Ich will, daß du es behältst. Als Geschenk.«
    »Aber ...« Sorren schaute von Arré zu Paxe.
    Paxe sagte leise: »Geh nur, behalte es!«
    Sorren streifte den Armreif bis zum Gelenk hinunter und starrte ihn an. Das schwere Silber war vom Tragen dunkel patiniert. Der blaue Stein leuchtete in der Fassung. »Ich danke dir«, sagte sie und rieb den Stein mit dem Daumenballen.
    Plötzlich sagte Arré: »Isak ist fort, Sorren. Paxe hat ihn bei Sonnenuntergang zum Tor gebracht. Er ist jetzt ein Gesetzloser in der Stadt.«
    Sorren schluckte. »Für immer?«
    »Für immer«, sagte Arré.
    »Allein?«
    »Allein. Er wollte keine Gesellschaft haben. Myra hat ihm Lebewohl gesagt. Ich habe gestattet, daß sie ihm Gold gibt.«
    Sorren erschauderte. Es erschien ihr als grausam, jemanden einfach so aus der Stadt hinauszustoßen. Doch dann erinnerte sie sich an die Männer auf der Treppe. An Elith. »Wohin wird er gehen?« fragte sie. »Nach Norden?«
    Paxe bewegte sich in ihrem Sessel.
    Arré zuckte die Achseln. »Nach Osten wahrscheinlich, nach Shirasai. Oder vielleicht will er nur, daß ich das glauben soll. Ich weiß es nicht. Ich habe Tarn Ryth einen Brief geschrieben, nach Nuath, und ihn von dem Ausweisungsbefehl informiert und ihn ersucht, auf der Hut zu sein. Wenn Isak sich in der Gegend von Nuath blicken läßt, werde ich davon hören.« Sie lehnte sich in ihren Sessel zurück.
    Lalith kam an die Tür. »Herrin, wünschst du dein Mahl jetzt?« fragte sie.
    »Ein wenig später«, gab Arré zurück. »Ich werde läuten.«
    Lalith verneigte sich und ging.
    Paxe räusperte sich. »Isak hat mich gebeten, dir etwas auszurichten.«
    Die Härchen in Sorrens Nacken stellten sich auf.
    »Ich soll dir sagen, es tut ihm leid, daß du in all das hineingezogen wurdest und daß du eine viel bessere Trommlerin bist als Itaka.«
    Sorren biß sich auf die Lippe. »Das war freundlich von ihm«, sagte sie. Sie fragte sich, ob er auch Arré eine Nachricht hinterlassen hatte.
    Es breitete sich ein kleines Schweigen aus. Durchbrochen wurde es von Tolis Flöte, die die Tonleitern auf und ab trillerte. Mit einer Stimme, aus der alle Wärme gewichen war, sagte Arré:
    »Sorren, geh und befiehl ihm aufzuhören. Ich kann keine Musik hören!«
    Sorren sprang auf. Sie raste durch den Korridor, schlitterte in die Küche und stieß dabei fast mit dem Ellbogen des Kochs zusammen. Sie riß Toli die Flöte von den Lippen.
    »He!« murrte er. »Was machst du denn da?«
    »Arré hat gesagt, du sollst aufhören. Sie wünscht keine Musik zu hören.«
    Er schaute verletzt drein. »Das hat sie aber noch nie gesagt«, murrte er, doch der Koch starrte ihn so wild und finster an, daß er zusammenzuckte und nach dem Samtfutteral für das Instrument griff. »Sag ihr, daß die Gans austrocknet«, warnte er. Das Aroma ließ Sorrens Magen sieden. Sie schob eine Hand unter das Tuch über dem Gänsefleisch, stahl sich ein zweites Stück und aß es auf dem Rückweg ins Arbeitszimmer.
    Als sie durchs Zimmer ging, sah sie ihr Spiegelbild im Glas des Schriftrollenschrankes: eine geisterhafte Gestalt vor der Landschaft der Stühle und Tische und Wandteppiche. Die Spannung im Raum war lastender als zuvor. War Arré etwa böse auf sie? Sie konnte sich nicht denken, was sie falsch gemacht haben könnte. Beunruhigt begab sie sich wieder an ihren Platz neben Arrés Sessel. Der Lampenschirm versilberte das Haar der älteren

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