Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
Stange mit Hebeln, mit der sich das zerbrechliche Gefährt offenbar durch die Luft lenken ließ.
Der kleine Drache umkreiste die fragile Konstruktion und schnaubte verächtlich. Kai mühte sich derweil damit ab, sich in die richtige Lage zu bringen.
»Quiiiitsss, bist du noch bei mir?«, rief er ängstlich.
»Aber ja, mein junger Herr«, raunte es geisterhaft von den Wänden. »Überlasst den Rest nur mir.«
Vor ihm in der Außenwand knirschte es und die beiden großen Torflügel öffneten sich. Ein heftiger Wind fuhr in die Halle.
»Seid Ihr bereit?«, wisperte Quiiiitsss von irgendwoher.
»Quiiiitsss, sollten wir uns nicht wiedersehen, dann ...«
»Viel Glück, junger Herr«, unterbrach ihn der Poltergeist feierlich. »Möge Euer Feuer heiß brennen, wenn Ihr Morgoya gegenübersteht.«
Ein heftiger Ruck erfasste die Flügelkonstruktion. Über ihm an der Decke quietschten Rollen und geisterhafte Kräfte schoben das Fluggerät mit Macht auf die Öffnung zu. Kai sah Dunkelheit und Wolken auf sich zukommen, als die Flügelkonstruktion von der Decke riss. Die künstlichen Drachenschwingen hoben ihn empor, doch im nächsten Moment kippte das Fluggerät auf die Seite und Kai trudelte mit ihm immer schneller werdend durch die Wolken.
»Olitrax!«, kreischte er, während der Wind kalt und unerbittlich an seiner Kleidung rüttelte. »Wie fliegt man, verdammt noch mal?«
Energisch zog er an den Hebeln und hörte, wie die Flügel des Apparats unter der Belastung knarrten. Die Nase der Flugmaschine hob sich wieder, das Trudeln wurde zu einem unsanften Schlingern und erleichtert fühlte er, wie Olitrax auf seinem Rücken landete. Sofort erschienen vor seinem Geist Bilder, die ihm eine Vorstellung davon vermittelten, was notwendig war, um elegant durch die Lüfte zu gleiten. Und wie von selbst wuchs sein Gespür dafür, wie sich der verdammte Flugapparat steuern ließ. In einem weiten Bogen segelte er nun durch die Wolkendecke hindurch und sah unter sich das Schlachtfeld von Colona. Die Verteidiger der Stadt waren inzwischen noch mehr in die Defensive gedrängt worden. Die ersten Drachenboote waren angelandet. Ihnen entstiegen Horden von Felsschraten, die sofort damit begannen, die Uferwehren zu bestürmen. In diesem Moment erbebte im Westen Colonas die Erde. Vor der fernen Silhouette der Elfenwälder stapfte ein großer Schatten an der Stadt vorbei, der mit schweren Schritten auf das Heer der Angreifer zutrampelte. Thraak!
Der Riese zermalmte unzählige Feinde unter seinen Schritten und schaffte dort etwas Entlastung. Doch Morgoyas Heerführer hatten längst reagiert. Im Norden rumpelte es in der Wolkendecke und dort begann es heftig zu schneien. Auch hier donnerte die Erde. Im unbeständigen Flackerlicht sah Kai zwei Frostriesen mit weißen Barten und vereisten Augenbrauen heranstampfen.
Leider konnte Kai das weitere Geschehen nicht verfolgen, da neben ihm in der Luft plötzlich ein lautes Kreischen zu hören war. Knapp unter der Wolkendecke jagte ein großer Schatten mit mächtigen Schwingenschlägen auf ihn zu.
Eine Gargyle!
Kai stieß die Hebel nach vorn und sein Fluggerät jagte im Sturzflug auf den Fluss zu. Tapfer versuchte Olitrax den übermächtigen Gegner aufzuhalten, doch schräg unter dem Flugapparat stieß bereits ein zweites der geflügelten Ungeheuer zu Kai empor. Kai warf eine Hand nach vorn. Ein mächtiger Feuerball raste auf die Gargyle zu. Er explodierte und mit rauchenden Schwingen trudelte die Getroffene dem Schlachtfeld entgegen. Kai lachte zornig, als unvermittelt die erste Gargyle wieder heran war. Er versuchte hektisch nach links auszuweichen, doch diesmal erwischte ihn die wütende Bestie. Ein hässliches Geräusch ertönte, als sich Krallen in die Drachenhautbespannung bohrten. Etwas splitterte, eine der Flügelspitzen knickte ab und die wundersame Konstruktion fiel schräg vom Himmel.
Kai sauste ungesteuert über den Fluss auf das verlassene Kastell zu, schrammte knapp über die Zinnen des höchsten Turms hinweg und befand sich plötzlich direkt über dem Heer der Belagerer, die das große Tor der Brückenfestung unaufhörlich mit Rammen bearbeiteten. Noch einmal schaffte er es, die Nase des Fluggeräts aufzurichten, dann kippte es wieder ab und er raste auf ein kleines Wäldchen zu, dass unweit des Feldlagers der Feinde lag. Doch er schaffte es nicht mehr bis dorthin. Krachend bohrte sich die Apparatur in den Erdboden und überschlug sich mehrfach. Kai wurde kräftig durchgeschüttelt.
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