Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
Er erhob sich und sogleich kam Olitrax herangesaust, um sich auf seiner Schulter niederzulassen. Kai streichelte das Schuppenkleid des kleinen Drachen und schritt auf einen Felstunnel am hinteren Höhlenende zu, aus dem flackerndes Licht drang. Dort entdeckte er Magister Äschengrund, der im Schein einer Fackel in einer der Nachbarhöhlen stand und neugierig die archaischen Bilder einstiger Höhlenbewohner beäugte.
»Ah, Kai? Und, ist Amabilias Trank fertig?«
»Nein. Es ist auch nicht sicher, ob er wirkt«, antwortete Kai missmutig. »Vielleicht wäre es gut, wenn Ihr noch einmal Euer Wissen durchgeht, ob Ihr nicht doch eine Möglichkeit seht, dem Magister und Kriwa zu helfen.«
Erstaunt sah ihn der Drakologe an. »Hab doch etwas Vertrauen, Junge. Amabilia wird dem guten Thadäus schon helfen. Sie ist die beste Heilkundige weit und breit.« »Und was, wenn das diesmal nicht reicht?« Hastig senkte Kai seine Stimme und deutete zur Eingangshöhle. »Das da hinten ist unser letzter Versuch!«
Haragius Äschengrund seufzte und hob einen seiner dürren Finger. »Thadäus hat schon weitaus Schlimmeres überstanden. Du wirst schon sehen, der alte Bücherwurm wird in Kürze wieder putzmunter vor uns stehen und uns einen seiner Vorträge halten. Alles eine Sache der Logik, mein lieber Herr Adeptus!«
»Logik?« Kai hatte eher das Gefühl, als würde Äschengrund seinen Verstand verlieren. »Aber ja«, dozierte der Drakologe. »Eine Verkettung von Ursache und Wirkung. Denkst du denn wirklich, es ist Zufall, dass mich die Feenkönigin zum Gnomenhof und nicht nach Colona geschickt hat? Nein, ist es natürlich nicht. In Colona wäre ich ganz sicher in die Fänge Seiner Magnifizenz geraten. So aber bin ich euch über den Weg gelaufen, ihr konntet wiederum mit Nivels und Levins Hilfe den Aufenthalt Thraaks herausfinden, Eulertin konnte so aus seiner misslichen Lage befreit werden und ich kann auf diese Weise meine Mission erfüllen. Das heißt, ich kann sie nur dann erfüllen, wenn Thadäus wieder erwacht. Also wird er erwachen. Ihr müsst euch also überhaupt keine Sorgen machen.«
Kai schüttelte ungläubig den Kopf. Was war daran logisch ?
»Müssten wir uns wirklich Sorgen um ihn machen, würde ich dir das schon sagen. Versprochen.«
Äschengrund zwinkerte Kai zu, der noch immer nicht so recht wusste, was er von dem Gelehrten halten sollte. Der Drakologe streichelte derweilen vorsichtig den Schuppenkopf des kleinen Drachen und lächelte. »Ich besaß auch mal einen Vertrauten. Einen Hamster namens Draco, ähem. War etwas langsam, der Gute. Leider hat es ihn bei einer meiner Exkursionen erwischt. Dass sich Drachen einem Magier anschließen, geschieht äußerst selten.« Olitrax schnurrte und blähte die Nüstern. Äschengrund fuhr unbeirrt fort. »Was ich dir übrigens schon im Feenreich sagen wollte: Mit deinem Drachen scheint es eine seltsame Bewandtnis zu haben.«
»Ich weiß, Olitrax ist etwas klein geraten«, meinte Kai. »Magister Eulertin bezweifelt, dass er noch viel größer wird. Hängt wohl mit den Umständen seiner Geburt zusammen.«
»Nein«, widersprach der Drakologe. »Das meine ich nicht. Irgendwie scheint er mir seit der Schlacht im Albtraumgebirge verändert. Ich sage dir, in diesem Exemplar schlummert ein seltenes Feuer. Hast du mir nicht erzählt, dass er der letzte Spross des Drachenkönigs Pelagor sei? Spricht er bereits mit dir?«
Kai musterte den Drachen aufmerksam. Olitrax schwellte doch allen Ernstes stolz die Brust. »Nicht richtig. Aber ich sehe, was er sieht. Und er versteht, was ich ihm sage, jedenfalls, wenn diesem eitlen kleinen Kerl danach ist.«
»Ebenfalls sehr erstaunlich. Üblicherweise dauert es bei einem Drachen Jahrzehnte, bis er sich anderen Lebewesen mitzuteilen vermag.«
Olitrax spie Äschengrund einen Rauchkringel entgegen. Kaum hatte er sich der Aufmerksamkeit des Drakologen versichert, stieg der kleine Drache zu einem Felsvorsprung auf, wo er nun seine Schwingen ausbreitete.
Das konnte doch wohl nicht wahr sein? Olitrax posierte wie ein eitler Pfau. Kai lag bereits ein deftiger Spruch auf den Lippen, als er schräg hinter dem Drachen ein Bildnis an der Höhlenwand entdeckte, auf dem ein Einhorn dargestellt war. Es führte eine Gruppe Menschen zu einer Höhle.
Diese Höhle? Kai musste unwillkürlich wieder an den seltsamen Traum in Colona zurückdenken.
»Oha, ein Einhorn.« Äschengrund, der dem Blick Kais gefolgt war, trat im Schein seiner Fackel vor. Olitrax
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