Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
durch die Flammenmauer. Kai wirbelte herum und ließ all seinem Hass freien Lauf. Immer und immer wieder jagte er Feuerbälle in die Reihen seiner Gegner und richtete ein entsetzliches Gemetzel unter den Männern an. Er hörte mit seinem schrecklichen Werk erst auf, als es auf seiner Seite des Turms ruhig wurde und zahlreiche Gebäude brannten. Ohne die Toten eines weiteren Blickes zu würdigen, las er die zerbrochene Brille des Sekretarius auf und setzte sie dem alten Mann wieder auf.
»Ich verspreche es Euch, Stenzel.« Dann rannte er in den Nebel.
Die Wasser der Teus
Kais Stiefel hämmerten über die Steine des Pflasters, während im Nebel die Befehle v on Hauptmann Eiron ertönten, der seine Männer neu formierte. Es gelang Kai, unerkannt an einem Wachgebäude vorbeizuschlüpfen und im Schutz des Nebels eine breite Treppe zu erreichen, als auf Höhe der Zinnen plötzlich eine Gargyle aus dem Dunst glitt. Kai presste sich gegen eine Wand und hielt den Atem an, bis das Ungeheuer außer Sicht war. Doch wo befand sich dieses elende Brunnenhaus?
In seiner Verzweiflung dachte Kai an Fi. Sie beide waren durch die magischen Kräfte des Glyndlamirs miteinander verbunden. Vielleicht gelang es ihm auf diese Weise, sie aufzuspüren. Er konzentrierte sich, atmete tief ein und ließ sich allein von seinen Gefühlen leiten. Leise huschte er an einem großen Gebäude mit hoch aufstrebender Fassade vorbei, ging einem Trupp Soldaten aus dem Weg und überquerte schließlich einen trübe von Fackeln beleuchteten Exerzierplatz. Zu seinem Erstaunen sah er, wie sich vor ihm jenes Backsteingebäude mit dem löchrigen Schieferdach aus dem Dunst schälte, auf das ihn Fi vorhin aufmerksam gemacht hatte.
Kaum hatte er es erreicht, als Dystariel aus dem Schatten trat. »Wo warst du, verdammt noch mal?«
Kai winkte schwer atmend ab und huschte hinein. Im Innern erwarteten ihn bereits Fi, Koggs und Bilger. Die drei standen um einen solide gemauerten Ziehbrunnen herum, der am oben Schachtrand durch ein Eisengitter versperrt war.
»Kai, dem Traumlicht sei Dank!«, flüsterte Fi erleichtert. »Wo ist Secretarius Stenzel?« »Er hat es nicht geschafft.« Müde trat er neben sie. »Und?«
»Weiter unten im Schacht sind Eisensprossen zu erkennen«, grummelte Koggs. »Aber ohne deine Hilfe, kommen wir hier nicht weiter«, ergänzte Bilger. »Beiseite!« Kai trat an das Gitter heran und beschwor seine elementaren Kräfte herauf. Er konnte Mondsilber zum Schmelzen bringen, Eisen sollte daher kein Problem sein. Das Metall glühte hell in den Verankerungen auf. Jetzt konnte Dystariel das Gitter quietschend in die Höhe schieben.
»Beeilt euch, bevor sie uns noch finden«, röhrte sie.
»Und du?« Kai musterte die Gargyle, denn ihm war klar, dass sie unmöglich durch den Schacht passen würde.
»Ich finde euch schon, Junge. Verlass dich drauf. Und jetzt runter mit euch. Ich werde hier noch für etwas Verwirrung sorgen.«
Nach und nach kletterten die Gefährten in den Schacht. Kai zurrte Stenzeis Buch mit raschen Griffen an seinem Rucksack fest und mühte sich als Letzter über die Brunnenwand. Von unten sah er dabei zu, wie Dystariel das Gitter wieder zurückbog, damit er es mit seinen Zauberkräften erneut mit der Mauer verschmelzen konnte. Ohne ein weiteres Wort huschte die Gargyle fort.
»Schneller!«, drang aus dem Dunkeln die krächzende Stimme von Koggs Windjammer zu ihnen herauf. Kai kraxelte die Sprossen hinunter und lauschte den Atemgeräuschen seiner Gefährten, die seltsam verzerrt von den Schachtwänden widerhallten. Ein immer fauliger werdender Geruch stieg ihm in die Nase, außerdem war von unten das Plätschern und Gurgeln abfließenden Wassers zu hören. Es platschte dreimal hintereinander laut auf, dann fanden auch seine Füße keinen Halt mehr. Kai spähte an der Schachtwand hinab, die in einem Kanaltunnel mündete, durch den ein zähes Rinnsal stinkender Abwässer floss. Fi stand neben Koggs und Bilger und hielt eine magische Kristallkugel in den Händen, die einen goldenen Lichtschein verbreitete. Also war auch sie in der Schatzkammer der Könige fündig geworden.
Kai überwand seinen Ekel und ließ sich endlich fallen. Die stinkende Brühe spritzte hoch auf, als er im Abwasserstrom landete und sogleich bis zu den Oberschenkeln darin versank.
Der Geruch hier unten raubte ihm fast die Sinne. Es stank bestialisch nach Fäkalien, in den sich unverkennbar süßlicher Verwesungsgeruch mischte. Beständig trieben dunkle
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