Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)
Kälte, die sich nähert? Sie … «
Das Knacken der sich aufrichtenden Dämonen unterbrach ihn, und am liebsten hätte Pherodos laut gelacht. Weniger quatschen, schneller handeln, wollte er ihm zurufen, doch das Entsetzen in den Augen des Jungen vertrieb seinen Spott. Der Sohn des Teufels war am Ende seiner Kräfte, das konnte er sehen, und auch wenn sich seine Hand entschlossen um das Schwert schloss, zitterte sein Arm, als er es hob. Einen weiteren Kampf würde er nicht überstehen.
»Schnell!«, rief die Tochter des Jägers und entfachte einen Zauber in ihrer Hand, um sich einen Weg durch die erwachenden Dämonen zu schlagen. »Wir müssen verschwinden!«
Sie sagte noch mehr, aber Pherodos hörte sie nicht länger. Zu laut wurde nun das Flüstern, das ihn rief, und er stemmte sich auf die Beine … nein, es war ganz leicht. Der Saal verschwamm vor seinem Blick. Wie der Wind flog er über grüne Felder dahin, vor ihm lag ein Wald aus uralten Bäumen, lichtdurchflutet in den Kronen. Er wusste, wo sich die besten Beeren befanden, und er rief nach seinem Pferd … Erstaunen breitete sich in ihm aus, sanft und warm. Sein Pferd … Was war wohl mit ihm geschehen?
Die Kälte traf ihn wie eine ferne Erinnerung und trug ihn zurück in den Saal Aeresons. In scharfen Aschesplittern raste der Frost an ihm vorbei. Er spürte die Gier in ihm, er kannte sein Ziel – und etwas darin ließ ihn innehalten, als das Flüstern ihn in den Wald zurückrief. Die Krieger der Hölle waren auf die Beine gekommen, verbrannte Kreaturen mit zerfetzten Gliedern, doch immer noch mächtig genug, um sich der kleinen Gruppe entgegenzustellen, die hilflos gegen das Meer aus schwarzen Leibern ankämpfte.
Kymbra stand in einiger Entfernung, schattenhaft schön wie bei ihrer ersten Begegnung. Ja, sie hatte ihr Versprechen gehalten und ihn bis zu diesem Punkt geführt, bis tief in ihn selbst hinein. Doch sie trug das Licht nicht mehr in sich, von dem ihr menschliches Blut zu ihm sprach. Vor langer Zeit hatte sie an demselben Punkt gestanden wie er in diesen Augenblicken, und sie hatte es ausgelöscht. Er sah die Erwartung in ihren Augen, aber es gab nichts mehr darin, das ihn näher zu ihr zog. Ihr gemeinsamer Weg endete hier. Er würde ihr nicht folgen. Sein Blick löste sich von ihr und suchte den Jungen, und als er ihn ansah, entschlossen kämpfend mit seiner letzten Kraft, ballte er die Faust.
Kymbra, Schwinge der Ewigkeit, grollte er. Du hast das Licht vergessen, das dich verbrennen wird, bald schon oder später. Doch ich sorge dafür, dass du dich daran erinnerst!
Sein Brüllen brach so laut aus seiner Kehle, dass er selbst überrascht war. Mit einem mächtigen Hieb seiner Faust sandte er einen Feuerschweif direkt auf die Gruppe zu. Die Mönche gingen in Deckung, ebenso wie das Mädchen und die Tochter des Jägers. Der Engel wollte den Jungen mit seinem Körper schützen, doch dieser stand nur da und schaute zu den Fenstern herüber, dorthin, wo Pherodos stand. Kurz trafen sich ihre Blicke, und dann, mit einem mächtigen Knall, barst das Feuer auseinander. Es hüllte den Raum ein, noch einmal spürte Pherodos die Gesänge Udhurs ihn durchdringen, und er sah die Leiber der Dämonen in ewigem Feuer verbrennen. Als die Flammen erloschen und der Rauch sich lichtete, war da nichts mehr als totes Fleisch – nun, kaum mehr als das.
Das Flüstern strich sanft über Pherodos’ Wangen. Es zog an ihm, aber er wandte den Blick nicht von der Gruppe ab, die dort in der Mitte des Raumes lag. Auf den ersten Blick wirkten auch diese Wesen tot, erstickt und verbrannt im Feuer der Hölle. Pherodos lächelte unmerklich, als der Junge sich aufrichtete. Nein, dachte er und schüttelte langsam den Kopf. Sein Feuer würde den Sohn des Teufels nicht noch einmal antasten.
Suchend glitt der Blick des Jungen über das kohlende Schlachtfeld, und da sah er Pherodos – sah ihn tatsächlich, in seiner wahren Gestalt – jener Gestalt, die Pherodos selbst beinahe vergessen hatte. Erst jetzt erkannte er sie in den Augen des Jungen, und wie er blickte er in haltlosem Staunen auf das, was er sah. Nein, es war nicht das Feuer der Hölle, das diesen Menschen gerettet hatte. Es war das Feuer eines Engels. Und Pherodos sah diesen Engel als Kind in uralten Wäldern spielen, sah ihn auf dem Schoß seiner Mutter, sah ihn blutig und verlassen nach den ersten Teufelsschlachten, und er sah ihn fallen, lang, lang, bis er in den Schatten aufschlug, von denen er sich lange nicht
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