Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
während das Licht vollständig um sie herum erlosch. Nando sah aus dem Augenwinkel, wie Avartos zu ihnen trat. Als er seinen Oreymon verließ, empfing ihn die Hitze der Umgebung mit glühender Wut. Er konnte nur mit Mühe den Schmerz zurückdrängen, der jetzt seine eisigen Glieder durchpulste.
    »Krieger des Lichts«, sagte eine Stimme. Sie klang sanft, und erst als Nando den Blick hob, begriff er, dass es die Königin war, die mit ihnen sprach. Sie schaute von einem zum anderen, für einen Moment sah sie Nando prüfend an, als würde sie ahnen, was sich im flirrenden Licht des Steins abgespielt hatte. Dann jedoch lächelte sie ohne jeden Spott. »Das ist es doch, was ihr werden wollt?«
    Noemi nickte langsam. Nando erwiderte den Blick der Königin, doch es war auch der Teufel, den er voller Entschlossenheit ansah. »Ja«, erwiderte er mit fester Stimme. »Mehr als alles andere.«
    »So sei es«, sagte Anlorya. Sie trat auf Nando zu, bewegte die Finger vor ihm durch die Luft und legte die Hand auf sein Herz. »Kind des Lichts. Trage von nun an dieses Zeichen der Garde Nhor’ Kharadhins und erweise deinem Volk alle Ehre, zu der du fähig bist.«
    Damit trat sie zu Noemi, und während sie die Prozedur wiederholte, strich Nando über die leicht glimmende Narbe in Form eines Flügels knapp über seinem Herzen.
    »So seid ihr nun ein Teil der Garde Nhor’ Kharadhins«, sagte die Königin feierlich und wandte sich an Avartos. Noch immer zeigte dessen Gesicht keine Regung, aber Nando meinte, den Funken von Stolz in seinen Augen aufglimmen zu sehen.
    »Geht«, sagte die Königin leise. »Reist durch Tag und Nacht und findet den, der uns helfen kann angesichts der Schatten, die uns bedrohen. Findet Hadros – den Höchsten Jäger unseres Volkes.«
    Avartos verneigte sich ehrerbietig, und Nando musste sich anstrengen, um die Bewegung in der Vollkommenheit auszuführen, wie der Engel sie ihm beigebracht hatte. Die Kälte seines Oreymons steckte ihm noch in den Knochen. Schweigend verließen sie den Palast, aber Nando wusste, dass die Königin der Engel wieder vor ihrem Baum stand, und er sah sie so deutlich vor sich, als wäre er noch immer bei ihr in ihrem Saal aus Licht und Farben. Tausendfach warfen die Spiegel ihren Blick zurück, doch dieses Mal lag kein Lächeln auf ihrem Gesicht. Nando meinte, denselben Ausdruck in ihren Augen zu erkennen, der das Antlitz Luzifers so sanft gemacht hatte.
    War es wirklich Traurigkeit gewesen?

11
    Die Knochen der Kinder brachen unter Pherodos’ Schritten. Ihre Leiber lagen dicht an dicht, vereinzelt zog sich noch die Haut über vertrocknetes Fleisch, und immer wieder bewegte sich weiches Haar in dem Geisterwind, der über die Hänge des Zorns strich.
    Skelfir schnaubte leise, als seine Hufe im vermoderten Leib eines Kindes einsanken, doch Pherodos wandte sich nicht zu ihm um. Urzeiten war es her, seit er zum letzten Mal einen Fuß an diesen Ort gesetzt hatte, und nun, da die lebendigen Gesichter der Kinder vor ihm aufflammten, kaum dass er in die dunklen Höhlen ihrer Schädel sah, nun, da er sie in Todesfurcht schreien hörte und mit jedem Krachen ihrer Knochen ihren letzten Atemzug auf der Haut spürte, wusste er auch, aus welchem Grund. Es war nicht sein Krieg gewesen, der an diesem Ort getobt hatte. Lange schon hatte er tief in der Erde in Ketten gelegen, als diese Kinder lebten. Und doch war es sein Blut, das diese Erde tränkte, ebenso wie das Blut jedes Dämons, der sich den Schatten zugewandt und dafür das Licht verraten hatte.
    Er hatte die Horden der Engel gesehen, von tief unten aus seinem Kerker. Er hatte die Furcht seines Volkes gespürt, und er war mit jedem dieser Kinder durch die Brak’ Az’ghur geflohen, hatte mit ihnen in den finstersten Nischen der Welt ausgeharrt und ihre vergebliche Hoffnung geteilt, unentdeckt zu bleiben von jenen, die sie jagten. Und er war mit diesen Kindern gestorben, mit jenen Abkömmlingen seines Volkes, die von den Sklaven des Lichts zusammengetrieben und verbrannt worden waren zum Zeichen ihrer absoluten Herrschaft über die Welt der Schatten. Ein düsteres Lächeln glitt über Pherodos’ Gesicht. Die Sklaven des goldenen Scheins hatten noch nie begriffen, dass mehr in der Finsternis lag als Leben und Tod. Es lag mehr in der Nacht, als das Licht jemals begreifen würde.
    Ein Ziehen ging durch Pherodos’ Schulter, als er auf dem höchsten Hügel neben den anderen innehielt. Raar hockte auf seinem Geier, während unter ihm das Fleisch

Weitere Kostenlose Bücher