Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
zur Stadtmauer zurückkehren würden.
Lantuk packte plötzlich seinen Arm und zog ihn näher zu sich heran: »Du weißt, dass wir am Ende von zwei Seiten aus angegriffen werden könnten, falls sich hier doch noch mehr dieser kleinen Biester herumtreiben.«
»Ja«, erwiderte Kordal, »doch genauso gut können sie sich schon längst an uns vorbei geschlichen haben und die Mauer angreifen. Und denkst du nicht, dass wir unseren Freunden dann eher helfen, wenn wir jetzt zu ihnen zurückkehren?«
Lantuk überlegte einen kurzen Moment.
»Du hast sicherlich Recht«, seufzte er schließlich und hob seinen Speer vom Boden auf. »Lass uns gehen und beten, dass wir diese Nacht heil überstehen.«
»Es stand schon schlimmer um uns«, sagte Kordal nüchtern.
»Wann?«, fragte Lantuk, dem die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben stand.
Kordal zuckte nur mit den Schultern.
* * *
»Das war wirklich das letzte Mal, dass ich dir gefolgt bin, Junge!«, schnaubte Khalldeg. Sein Gesicht wirkte in der Dunkelheit des Kanals regelrecht bedrohlich.
Seit mehreren Stunden irrten sie nun schon durch die Kanäle, und es war wirklich alles andere als angenehm.
Surdan war die einzige Stadt mit einem funktionierenden Abwassersystem – von den Zwergenstädten einmal abgesehen, die mit Abstand die fortschrittlichsten waren.
Es war denkbar einfach, aber effektiv: Die Bewohner sammelten ihre Abwässer und schütteten sie auf den Straßen in Schächte. Diese waren in regelmäßigen Abständen angebracht und verliefen erst zehn Fuß gerade in die Erde hinein, bevor sie auf die tief unter der Stadt liegenden Kanalgänge trafen. Die Gänge wurden von starken Regenfällen und der Schneeschmelze im Frühjahr, wenn der unter der Stadt entlang fließende Fluss Hochwasser führte, in regelmäßigen Abständen überschwemmt und so wieder gereinigt.
»Zum Glück liegt nicht zu viel Mist im Weg herum!«, fluchte Khalldeg weiter. »Und wie sieht dein Plan nun weiter aus?«, fragte er den Paladin direkt.
Tharador stockte. Er hatte nur eine vage Vorstellung von ihrem weiteren Weg. Als er noch Kommandant der Stadtgarde gewesen war, hatte er den Kanälen nur so viel Aufmerksamkeit gewidmet wie notwendig – und in Friedenszeiten war keine Gefahr von ihnen ausgegangen. Dennoch hatte er eine ungefähre Ahnung davon, wohin sie gehen mussten, um zum Arkanum zu gelangen. Er vermutete, dass Xandor, wenn er noch in der Stadt war, sich dort aufhalten würde. Das einzige Problem, von dem er seinen Freunden noch nichts erzählt hatte, war, dass die Kanalschächte alle durch schwere Gitter versperrt waren, die sich nur von oben öffnen ließen, und die Öffnungen nicht allzu breit waren, was für Calissa sicherlich kein Problem darstellen, aber für die Männer möglicherweise noch zu einem würde. Diesen Weg wollte er ohnehin nicht wählen. Er konnte sich noch vage an ein Gebäude erinnern unweit des alten Marktplatzes, dessen Keller mit den tiefer liegenden Kanälen verbunden war. Allerdings hatte er den Zugang damals durch schwere Eisentore versperren lassen.
»Du hast doch einen Plan, Junge?«, fragte Khalldeg noch einmal.
Tharador betrachtete den kleinen Freund eingehend und beschloss, ihm nichts von seinen Bedenken zu sagen, da Khalldeg bereits aufgebracht genug war.
»Natürlich habe ich einen Plan«, antwortete er schließlich.
Khalldeg blickte ihn skeptisch an: »Und ich hoffe, dieser Plan hält mehr bereit, als durch Orkdreck zu kriechen.«
Tharador schmunzelte. Er wusste, dass Khalldeg es nicht böse meinte. Der Zwerg war wahrscheinlich genauso aufgeregt wie er selbst.
Bald würden sie Xandor gegenüber stehen, und dann würde ihnen das hier wie ein Spaziergang erscheinen. Tharador wusste auch, dass Khalldeg mit dem alten Magier noch eine Rechnung zu begleichen hatte – der Berserkerzwerg hatte oft genug davon gesprochen. Khalldeg wollte sich für den Blitz in den alten Minen revanchieren und Xandor dafür bestrafen, dass er sich mit den Gnomen verbündet und, was noch viel schlimmer war, die einst so heiligen Hallen der Zwerge mit seinen dunklen Ritualen entweiht hatte.
»Seid still!«, zischte Calissa plötzlich.
Die Diebin presste sich flach gegen eine Wand und blickte angespannt den Gang entlang.
Faeron hatte sich auf ein Knie fallen lassen und holte bereits seinen Bogen aus der Gürteltasche. Der Bogen war noch klein und unscheinbar, doch schon im nächsten Moment dehnte er sich aus und wuchs zu einer beachtlichen Größe von vier Fuß an.
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