Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
ernst.
»Zeit«, gab Faeron zu bedenken, »ist aber das, wovon wir am wenigsten besitzen.«
* * *
Tharador stand die halbe Nacht auf der Lichtung, wo Gordan ihn verlassen hatte.
Die Ausführungen des Magiers waren so unglaublich gewesen, dass sie ihn zu überwältigen drohten.
Ein Paladin? Er? Die letzten Monde waren verwirrend genug gewesen, ohne dass man ihn zum Sohn eines göttlichen Wesens erklärt hatte. Sein merkwürdiges Gefühl war also nicht unbegründet gewesen.
Anscheinend erwartete Gordan Übermenschliches von ihm. Kanduras zu retten ... war er dazu wirklich fähig?
Tharador fühlte sich dem Rande der Verzweiflung nah. Wie sehr hätte er jetzt Queldan gebraucht. Queldan hätte ihm beigestanden. So aber musste er alleine damit fertig werden.
Wer war er überhaupt? Bis zu diesem Tag war er noch ein junger Mann und starker Krieger gewesen. Und nun? Er wusste es nicht mehr. Er war so weit fort von allem, was ihm einmal vertraut gewesen war, und keiner seiner alten Freunde war noch übrig. Alle waren sie tot. Selbst Dergeron war für ihn gestorben.
Was würde aus ihm, sollte es ihm tatsächlich gelingen, Xandor zu töten und Kanduras zu retten? Würde er zu seinem Vater gerufen? Würde er ein gewöhnliches Leben führen können? Oder würden ihn immer neue Schrecken heimsuchen?
Gordan hatte ihm berichtet, dass die Orks Surdan tatsächlich erobert hatten. Doch der Magier verlangte von ihm, Surdan zu vergessen und stattdessen das Buch Karand zu zerstören. Tharador aber verspürte nur den Wunsch, sich an dem dunklen Dergeron und Xandor zu rächen. Gordan hatte von Schicksal gesprochen – ein Schicksal, dessen tieferen Sinn Tharador nicht verstand; ein Schicksal, das ihn zu einem ewigen Kampf zwang und das er nicht wollte.
Tharador blickte zu den Sternen empor. All die kleinen hellen Punkte am Himmel. Wie weit entfernt mochten sie sein? Irgendwo dort oben weilte sein Vater und beobachtete ihn, sah, wie sein Sohn zweifelte.
Mit einem Mal gewann Tharador neue Entschlossenheit: Er hatte bereits Queldan enttäuscht, er wollte nicht auch noch seinen Vater enttäuschen.
Sein altes Leben war endgültig vorbei. Es war an der Zeit, seinen Platz in der Welt einzunehmen.
Wieder schaute er zu den Sternen, und diesmal fand er in ihnen Ruhe und die innere Kraft, die ihm in den letzten Tagen so sehr gefehlt hatte.
»So sei es denn«, sagte er fest entschlossen zu sich selbst. Tharador schlief in jener Nacht unter den Sternen auf der Lichtung.
Zum ersten Mal seit Queldans Tod suchten ihn keine Albträume heim.
Aufbruch
Knapp entging Tharador einem seitlich geführten Schwerthieb, nur um sofort danach aus der Gegenrichtung getroffen zu werden.
Faeron war einfach zu schnell für ihn. Zum Glück kämpften sie nur mit Waffen aus Holz, sonst hätte der Elf ihm mit diesem Streich einen schnellen Tod bereitet.
»Du konzentrierst dich nicht. Und deine Bewegungen sind zu gezwungen. Achte mehr auf mich und denk nicht so viel über deine eigenen Bewegungen nach«, schalt Faeron den jungen Mann.
»Das versuche ich ja. Aber ich muss mich erst noch an diesen Knüppel gewöhnen!«, verteidigte sich Tharador.
»Ach, du denkst, du könntest mich mit deinem Schwert treffen?«, fragte der Elf. »Dann nimm es. Los, versuch dein Glück!«
Sein selbstgefälliges Grinsen ärgerte Tharador über alle Maße. Was bildete sich dieser Elf überhaupt ein! Behandelte ihn wie einen Anfänger, als hätte er noch nie zuvor gekämpft! Zugegeben, Faeron war schnell, aber Tharador hatte sich auch noch zurückgehalten. Hätte er gewusst, wie hochmütig sein Gegenüber war, hätte er es ihm nicht so leicht gemacht.
»Es wird auch so gehen«, gab der junge Mann selbstbewusst zurück und nahm wieder Kampfhaltung ein.
Faeron begann mit einem Ausfallschritt, der auf Tharadors Herz zielte. Doch noch ehe Tharador seine Parade ansetzte, änderte der Elf die Bewegung und zog die Klinge zurück, um sie gegen den linken Arm des jungen Mannes zu führen. Tharador vollführte gerade noch rechtzeitig einen Satz nach hinten. Unmittelbar nach seiner Landung stürmte er wieder vor – allerdings nicht so leichtsinnig wie die letzten Male.
Er machte einen großen Schritt und holte mit dem Schwert weit aus. Während er die Klinge vor sich ins Leere fahren ließ, zog er das Bein bereits wieder an den Körper. Faeron wartete nicht auf Tharadors nächsten Zug, sondern griff sofort mit drei schnellen Hieben an, die der erfahrene Krieger jedoch mühelos
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