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Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Titel: Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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verändert. Nach allem, was Baden ihm mitgeteilt hatte, stammte Baram aus einer gewalttätigen Gesellschaft. Vielleicht, spekulierte der Magier, hatte es Gewalt gebraucht, damit Baram lernte, Orris' Autorität anzuerkennen. Orris grinste innerlich. Er verstand vielleicht nicht die Sprache von Tobyn-Ser, dachte er bei sich, aber eine blutige Nase hatte er verstanden.
    Sie schlugen ihr Lager auf, bevor es dunkel wurde, und zwar abermals am Flussufer. Wie schon am Vorabend schickte Orris Anizir zum Jagen und suchte trockenes Holz für das Lagerfeuer zusammen, wobei er Baram nicht aus den Augen ließ. Und als sein Falke kurze Zeit später mit einem fetten Fasan zurückkehrte, bereitete Orris den Vogel auf die gleiche Art zu, wie er es mit der Ente gemacht hatte, die Baram am Abend zuvor in den Fluss geworfen hatte. Diesmal hielt Baram sich zurück. Er saß neben dem Feuer und beobachtete alles, was der Falkenmagier tat, aber er unternahm nichts, um die Essensvorbereitungen zu unterbrechen. Als Orris ihm die Hälfte des Fasans anbot, aß der Fremde gierig. Wieder überlegte der Magier, ob die Konfrontation die Situation nicht sogar verbessert hatte.
    Sie beendeten ihre Mahlzeit und saßen weiter am Feuer, so wie jeden Abend in den letzten Wochen, mit der Ausnahme des Abends zuvor. Keiner sagte etwas. Orris stocherte zerstreut im Feuer herum und dachte an seine Freunde im Orden und fragte sich, ob Baden jemanden gefunden hatte, der seinen Platz im Netz einnahm.
    Nach einiger Zeit jedoch fiel dem Magier auf, dass Baram noch nicht mit seiner Rezitation begonnen hatte. Er blickte auf und sah, dass der Fremde ihn wieder beobachtete, wie er es auch am Vorabend getan hatte. Ihre Blicke begegneten sich nur kurz, bevor Baram sich abwandte. Aber das hatte genügt. Der Ausdruck in den hellen Augen des Fremden war schockierend kalt gewesen, nicht unähnlich dem, den Orris manchmal in den Augen seines Vogels bemerkte, wenn Anizir sich zur Jagd aufmachte. Der Magier seufzte. Den Fremden zu schlagen hatte nichts erreicht, begriff er, und er kam sich dumm vor, weil er etwas anderes angenommen hatte. Baram war immer noch entschlossen, ihn zu töten, genau wie am Abend zuvor. Wieder wartete er nur darauf, dass Orris einschlief.
    »Nein«, sagte der Magier laut. Baram starrte ihn an. »Nein«, wiederholte Orris und schüttelte den Kopf. »Dieses Spiel werden wir nicht wieder spielen.« Er stand auf, was Baram ein Knurren entlockte. Der Mann versuchte, vor ihm zurückzuweichen. »Bleib, wo du bist!«, befahl der Magier, zeigte mit dem Stab auf den Fremden und ließ den bernsteinfarbenen Kristall bösartig glitzern.
    Baram hielt inne und zuckte leicht zusammen. Seine Augen glühten.
    Orris holte eine lange Schnur aus seinem Umhang, schnitt sie mit dem Dolch entzwei und ging einen Schritt auf den Fremden zu. Wieder versuchte Baram aufzustehen und zu fliehen, und diesmal ignorierte er Orris' Warnung. Ohne länger nachzudenken schleuderte Orris einen magischen Blitz dicht am Kopf des Fremden vorbei und spürte, wie die Macht ihn durchdrang wie kalter Wind, der über Tobyns Ebene weht. Sofort warf sich Baram zu Boden, die Arme über dem Kopf, die Beine angezogen. Orris eilte zu ihm und band ihm rasch die Handgelenke auf dem Rücken zusammen. Baram trat wild um sich. Mehrmals traf er Orris' Beine und Oberkörper, bis der Magier ihm schließlich die Faust in den Bauch stieß. Der Fremde gab ein würgendes Keuchen von sich, aber er hörte lange genug auf zu treten, dass Orris seine Fußknöchel zusammenbinden konnte. Baram stieß ein protestierendes Heulen aus und kämpfte gegen die Fesseln an, aber die Schnur hielt.
    »Heute Nacht werden wir schlafen«, verkündete Orris zufrieden, stand wieder auf und holte tief Luft. Er kehrte auf seine Seite des Feuers zurück und legte sich hin. Baram setzte sein Heulen und Zappeln noch lange fort, aber es fiel Orris nicht schwer, das zu ignorieren. Er wusste, dass der Fremde nicht fliehen konnte. Nach einer Weile schien Baram das ebenfalls zu begreifen und schwieg und lag dann still da. Bald schon hörte Orris, wie der Atem des Mannes gleichmäßiger wurde, und er lächelte in sich hinein. Heute Nacht werden wir schlafen.
    Orris erwachte einige Zeit nach Sonnenaufgang und fühlte sich ausgeruht und frisch. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so gut geschlafen hatte. Baram war bereits wach. Irgendwie war es ihm gelungen, sich in eine sitzende Position hochzuarbeiten, und er beobachtete den

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