Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
Premel auf Rücken und Kopf, und Rauch erfüllte den Korridor. Aber das Werferfeuer hatte aufgehört, und trotz des Klingelns in seinen Ohren konnte Premel von dort, wo ihre Angreifer gewesen waren, nun Schreie hören.
»Greif an«, sagte Jibb mit derselben angespannten Stimme. »Lass sie nicht entkommen.«
»Aber du -«
»Ich kann auf mich aufpassen. Ich habe immer noch meine Waffe und einen gesunden Arm.«
Einen gesunden - »Bist du getroffen?*, fragte Premel, kam auf die Beine und half Jibb, sich hinzusetzen. »Am Arm?« »Meine linke Schulter.«
Premel sah genauer hin, und selbst in dem schlechten Licht konnte er das Blut auf Jibbs hellblauer Uniform erkennen. Einen Augenblick lang befürchtete er, sich übergeben zu müssen. Er zitterte nun wieder, und er wusste nicht, warum. Er war ein Soldat - und zuvor war er Gesetzesbrecher gewesen - und solche Dinge sollten ihn nicht stören. Aber das hier war Jibb. Das hier war Jibb, den er hätte umbringen sollen.
»Weißt du, zu wem diese Männer gehörten?«, fragte Jibb und wischte sich mit der gesunden Hand den Schweiß von der Stirn.
»Nein.«
Jibb schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die Mauer. »Macht euch auf den Weg. Ich will nicht, dass sie davonkommen.«
Premel schluckte und nickte. »Vorwärts!«, sagte er zu den anderen, wenn seine Stimme auch leicht bebte. »Folgen wir ihnen!«
Die anderen setzten sich in Bewegung, aber Jibb griff nach Premels Bein und hielt ihn zurück.
»Premel.«
»Ja.«
»Danke.«
Premel nickte - irgendwie konnte er sich nicht dazu überwinden, etwas zu sagen - und dann folgte er den anderen Männern.
Der Kracher hatte drei Angreifer getötet und den Rest vertrieben. Und als Premels Hörvermögen langsam zurückkehrte, konnte er hören, wie ihre Schritte in dem Gang vor ihnen verhallten.
Offensichtlich hatten die anderen Männer sie auch gehört, denn nachdem sie zuerst vorsichtig über die herumliegenden Trümmer gestakst waren, rannten sie nun mit gezogenen Waffen den Gang entlang.
Sie konnten die Gesetzesbrecher nicht sehen, und während sie selbst rannten, hörten sie die Schritte nicht mehr, aber Premel wusste, dass er und seine Männer sie nicht einholen konnten. Sobald sie die nächste Abzweigung erreichten, würden ihre Gegner praktisch in Sicherheit sein. Und das geschah sogar schneller, als Premel erwartet hätte. Als er und seine Männer um eine Kurve im Gang bogen, stießen sie auf einen zweiten Tunnel, der scharf nach rechts abbog. Sie blieben stehen, und Premel hob die Hand, um anzuzeigen, dass die Männer still sein sollten.
»Dort!«, sagte er kurz darauf. »Schritte rechts!«
Sie machten sich wieder an die Verfolgung, sahen aber beinahe sofort ein Stück entfernt rote Lichtblitze an den Tunnelwänden.
»Werferfeuer!«, rief einer der Männer.
»Ich sehe es!«
Nun bewegten sie sich vorsichtiger weiter, bis die Gesetzesbrecher schließlich in Sicht kamen. Sie kauerten an der Mündung einer weiteren Abzweigung und feuerten auf einen unsichtbaren Feind. Hin und wieder gingen sie in
Deckung, um den Salven zu entgehen, die vorbeizischten. Bisher hatten sie Premel und die anderen Gardisten nicht bemerkt, und Premel beäugte sie angestrengt, um herauszufinden, zu wem sie gehörten. Zu seiner Überraschung erspähte er bald Tullis selbst, der zusammen mit den Männern kämpfte und mit abgehackten Gesten Befehle gab. Bisher hatten Premel und die anderen ihre Handlampen nicht benutzt - Jibb hatte befürchtet, sie würden die Gesetzesbrecher auf die Anwesenheit der SiHerr aufmerksam machen, bevor sie nahe genug waren, um sie überwältigen zu können. Aber nun nahm Premel seine Lampe vom Gürtel und richtete den Lichtstrahl direkt auf Tullis. »Waffen fallen lassen!«, rief er. »Und bleibt, wo ihr seid!« Tullis fuhr zu ihnen herum und schoss, und seine Männer taten es ihm gleich.
Fluchend ging Premel in Deckung. So würden sie nicht weiterkommen. Sollten sie es doch untereinander auskämpfen!
»SiHerr!«, hörte er Tullis rufen. »Lauft!«
Dann folgte der Nal-Lord seinem eigenen Rat, rannte den Gang entlang, der nach links führte, und drehte sich noch einmal um, um über die Schulter hinweg zu feuern. Premel schoss dreimal nach ihnen, und obwohl er nicht traf, gingen die Salven dicht genug am Hals des Nal-Lords vorbei, dass Tullis sich zu Boden warf.
»Nicht schießen!«, rief er. »Ich ergebe mich!«
Die Gardisten feuerten noch ein paar Warnschüsse über die Köpfe von Tullis' Männern
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