Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
hinter dem Anschlag stand, der Shivohn tötete, als auch hinter der Bombe im Goldpalast, die mich beinahe umgebracht hätte, aber ich hatte es nicht beweisen können. Bis jetzt. Einer von Jibbs Männern hat gestanden, für Stib-Nal gearbeitet zu haben, und mir berichtet, er habe den Befehl, sowohl Jibb als auch mich zu töten. Leider kann ich Wiercia nicht einmal dazu bringen, auch nur mit mir zu sprechen, und ihr erst recht diesen Beweis von Marars Lügen nicht zugänglich machen. Ich weiß nicht genau, was Marar sich von meinem Tod oder von der Feindseligkeit erhofft, die er zwischen Bragor-Nal und Oerella-Nal nährt. Ich weiß nur, dass er sich als erheblich gefährlicherer Feind erweist, als ich je angenommen hätte.
Melyor i Lakin, Herrscherin und Steinträgerin von Bragor-Nal, an Falkenmagier Orris, Tag 1, Woche 7, Frühjahr 3068
Sie saßen zusammen am Fenster in ihrem Zimmer und schauten auf den Palasthof hinaus, wo Premel die Gardisten drillte. Melyor konnte spüren, wie Jibb sich anspannte, und wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er wieder anfangen würde, auf und ab zu gehen.
»Hast du immer noch nichts von Wiercia gehört?«, fragte er schließlich und brach damit das ausgedehnte Schweigen.
Melyor schüttelte den Kopf. »Nicht seit diesem Abend nach der Ratssitzung.« Sie schnaubte. »Und von Marar habe ich auch nichts gehört. Es kann durchaus sein, dass sie sich inzwischen gegen mich verbündet haben und Kriegspläne schmieden.«
»Das bezweifle ich«, sagte Jibb. »Wiercia ist zu vorsichtig, und Marar hat keine Anzeichen an den Tag gelegt, dass er je so etwas Waghalsiges tun würde. Er ist damit zufrieden, Verräter und Attentäter zu rekrutieren. Das passt viel besser zu ihm.«
Einen Augenblick später stand er auf und begann, wieder hin und her zu gehen. »Er sollte nicht da draußen sein«, murmelte er und zeigte aufs Fenster. »Er sollte im Gefängnis sein, und jeder dieser Männer, die er da herumkommandiert, sollte wissen, was er getan hat. Das sind wir ihnen schuldig.«
»Du hast Recht, das sind wir ihnen schuldig. Und vielleicht werden wir es ihnen irgendwann sagen. Aber was ist mit Premel, Jibb? Was schulden wir ihm?«
Der General starrte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Premel? Wir schulden ihm gar nichts! Außer vielleicht einer Hinrichtung!«
»Er hat dir das Leben gerettet. Und er hat mir gestanden, was Marar plant, statt seine Befehle einfach auszuführen. Das sollte man nicht vergessen.«
»Es wäre ihm beinahe gelungen, dich zu töten«, sagte Jibb. »Und wenn Marar keine Angst gehabt hätte, dass ich ihn umbringe, hätte Premel weiter nach einer Möglichkeit gesucht, dich zu töten. Er hätte inzwischen Erfolg haben können.«
Sie lächelte. »Oh, das bezweifle ich. Ich höre, der Kommandant der SiHerr ist ein sehr fähiger Mann.«
»Ich meine das ganz ernst, Melyor. Es ist eine Sache, ihn nicht ins Gefängnis zu werfen, aber eine andere, ihn wieder raus zu den Männern zu schicken, erst recht als ihr Kommandant. Es ist durchaus möglich, dass diese ganze Geschichte nur ein Trick war, den Marar sich ausgedacht hat, damit wir in unserer Wachsamkeit nachlassen.«
»Das kann schon möglich sein«, sagte sie schulterzuckend. »Aber ich habe nicht das Gefühl, dass er nur so getan hat, als ob, als er das Geständnis ablegte. Und was den Rest angeht«, fuhr sie fort und schaute wieder aus dem Fenster, »konnte ich nicht anders. Ich will nicht, dass Marar von unserem Verdacht weiß, zumindest im Augenblick noch nicht. Und wir wissen nicht, wie gut seine Spione sind.« Es genügte zu wissen, dass er noch andere Spione in Bragor-Nal hatte, darunter jene, die Marars Gold ins Nal gebracht und es Premel übergeben hatten. Sie und Jibb kannten inzwischen die Namen dieser Personen, konnten es aber nicht wagen, sie zu verhaften. »Wenn er erfahren würde, dass du verwundet bist«, schloss sie, »und dass ich in deiner
Abwesenheit die SiHerr einem anderen als Premel überlassen habe, würde ihn das misstrauisch machen.«
Der hoch gewachsene Mann bewegte die Schulter vorsichtig, als hätten ihn ihre Worte daran erinnert, dass er immer noch Schmerzen hatte. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass der Mistkerl mich wirklich getroffen hat.« »Es hätte schlimmer kommen können, Jibb«, sagte sie. »Wenn Premel nicht da gewesen wäre, wäre es auch schlimmer gekommen.«
»Warum verteidigst du ihn? Er hat dich verraten!« Sie stand auf und ging zu ihrem
Weitere Kostenlose Bücher