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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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in ihrem Geist sie zurückhielt. Shivohns Stimme. Lass es nicht auf diese Weise enden, hörte sie die Herrscherin sagen. Lass sie nicht siegen, nicht ohne Kampf.
    Melyor zog die Hand zurück und holte tief Luft. »Glaubst du, dass ich dumm bin, Wiercia?«
    Die Frau blinzelte. »Wie bitte?«
    Melyor grinste. »Hältst du mich für dumm?«
    »Nein«, erwiderte Wiercia nach kurzer Pause. »Ich halte dich für gefährlich schlau.«
    »Warum sollte ich Shivohn dann umbringen lassen?« Wiercia zögerte, und Melyor konnte an dem unsicheren Flackern ihrer hellen Augen erkennen, dass sie bisher keinen einzigen Augenblick lang über die möglichen Motive für das Attentat auf Shivohn nachgedacht hatte. »Nun ...« »Du hast selbst gesagt, Shivohn sei mir gegenüber zu vertrauensselig und nur zu bereit gewesen zu glauben, dass ich mich verändert habe«, drängte Melyor weiter. »Warum sollte ich dann wünschen, dass sie von jemandem ersetzt wird, der mir wahrscheinlich weniger traut?«
    Wiercia starrte den Sprechschirm an.
    »Das wäre irgendwie unvernünftig, findest du nicht?«
    Lange Zeit schwieg die designierte Herrscherin, und als sie schließlich wieder sprach, überraschte ihre Antwort Melyor. »Ich höre«, sagte sie schlicht.
    »Ohne Shivohns Hilfe wäre ich nie Herrscherin geworden. Tatsächlich hätten mich Cedrychs Attentäter wahrscheinlich umgebracht. Und obwohl wir nicht bei allem, was dem Rat vorgelegt wurde, der gleichen Meinung waren, haben wir gut miteinander arbeiten können. Tatsächlich glaube ich, dass die Beziehungen zwischen unseren Nals nie zuvor so gut gewesen sind.«
    »Das ist wahr.«
    »Und das wirft die Frage auf«, fuhr Melyor fort, »wer den größten Vorteil aus dem Ende dieser Zusammenarbeit ziehen könnte?«
    Wiercia schien einen Augenblick darüber nachzudenken. »Ich würde sagen, Stib-Nal.«
    Melyor nickte. »Sehr gut.« Sie hielt den Zünder der Bombe hoch, die im Goldpalast explodiert war. »Das hier stammt von der Bombe, die weniger als eine Stunde vor dem Mord an Shivohn vor meinem Schlafzimmer hochging. Erkennst du die Form?«
    »Ja«, sagte die Frau gleichmütig. Zweifellos hatten ihre Legatinnen sie darauf vorbereitet. »Es ist einer von unseren.« »Und das sagt dir gar nichts?«
    »Nicht notwendigerweise«, erklärte Wiercia schulterzuckend. »Du hättest so etwas leicht nach Bragor-Nal schmuggeln und den Attentatsversuch auf dich selbst inszenieren können.«
    »Ja!«, sagte Melyor ungeduldig. »Genau das Gleiche hättest du mit dem Zünder machen können, dessen Bombe Shivohn tötete!« »Ich?«
    Melyor hätte beinahe das Offensichtliche ausgesprochen: dass Wiercia durch Shivohns Tod mehr zu gewinnen hatte als jede andere in der Matriarchie. Aber sie wusste, dass eine solche Aussage viel mehr schaden als nützen würde. Wiercia hatte mit Shivohns Tod nicht mehr zu tun als Melyor. »Nicht du persönlich«, sagte sie stattdessen. »Es geht mir nur darum, dass der Mord an Shivohn und der Mordanschlag auf mich vielleicht von Leuten aus unseren Nals durchgeführt wurde, aber es scheint mir zu viel des Zufalls zu sein, dass solch ähnliche Angriffe am selben Morgen stattfanden.«
    »Und mir kommt es absurd vor, dass Marar etwas so Ungeschicktes und Durchsichtiges planen wollte.«
    Melyor schloss die Augen und rieb sich das Gesicht. Wiercia hatte Recht. Es klang tatsächlich absurd. Aber sie hatte es wieder und wieder durchdacht. Es war die einzig vernünftige Erklärung. »Kennst du Marar, Wiercia? Bist du ihm je begegnet?«
    »Nein«, gab die Frau zu.
    »Nun, ich kenne ihn jetzt schon seit mehreren Jahren. Man kann nicht so lange mit jemandem im Herrscherrat zusammensitzen, ohne ein gewisses Verständnis für seine Denkweise zu entwickeln. Bevor ich Herrscherin wurde, hat Marar eine wesentliche Rolle dabei gespielt, die Vorherrschaft Bragor-Nals im Rat zu sichern. Und in dieser Situation hatte er ein gewisses Maß an Macht und Einfluss. All das hat er verloren, als Shivohn und ich uns miteinander verbündeten, und nun versucht er, seinen Vorteil zurückzugewinnen!« »Da bin ich sicher. Aber das ist...« Wiercia schüttelte den Kopf. »Selbst Marar könnte nicht so dumm sein.« »Dumm?«, wiederholte Melyor. »Siehst du es denn nicht? Es funktioniert doch! Du glaubst tatsächlich, dass ich Shivohn getötet habe. Es hat Tage gedauert, bis wir auch nur miteinander gesprochen haben. Und stell dir vor, ich wäre ebenfalls umgekommen - dann würden unsere Nals wahrscheinlich schon Krieg

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