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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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von vornherein ein Fehler gewesen war, sich an Melyor zu wenden. Sie war zu hinterlistig, um sich von jemandem manipulieren zu lassen, und zu gefährlich für ein Bündnis. Aber wenn er schon nicht die Herrscherin von Bragor-Nal für seine Zwecke nutzen konnte, dann vielleicht die von Oerella-Nal.
    Wiercia sprach bereits mit Melyor, als ihr Sprechschirm ein zweites Mal piepste.
    »Einen Augenblick, Melyor«, sagte sie und unterbrach die Gildriitin, die gerade von ihrem Gespräch mit Marar berichtet hatte. »Es kommt ein anderer Ruf herein.« »Das ist er«, erklärte Melyor so überzeugt, dass Wiercia wusste, dass sie Recht hatte.
    »Was soll ich tun?«
    Die andere Frau zuckte die Achseln. »Sprich mit ihm. Finde heraus, was er will. Wir können uns danach unterhalten.«
    »Also gut«, sagte Wiercia. »Dann bis später.« Sie drückte einen Knopf auf dem Schirm, um die Kanäle zu wechseln, und genau wie Melyor vorhergesagt hatte, wartete Marar schon, ein säuerliches Lächeln auf dem schmalen Gesicht.
    »Marar«, sagte sie und versuchte, beiläufig zu klingen. »Was für eine angenehme Überraschung.«
    »Das bezweifle ich«, erwiderte er.
    Sie fühlte, wie ihr Pulsschlag sich beschleunigte. »Wie meinst du das?«
    »Ich gehe davon aus, dass du bereits mit Melyor gesprochen hast. Zweifellos wusstest du, dass ich es war, bevor du die Kanäle gewechselt hast.«
    Sie starrte ihn einen Augenblick an. Vielleicht hatten Melyor und sie den Herrscher von Stib-Nal unterschätzt. Plötzlich wusste sie nicht mehr, was sie tun sollte. Die anderen beiden Herrscher hatten in diesem Spiel viel mehr Erfahrung als sie selbst. Sie richtete sich auf und begegnete seinem Blick, so gut sie konnte. »Du hast Recht.«
    Sein Lächeln wurde breiter, bis es beinahe echt wirkte.
    »Hervorragend«, sagte er. »Ich weiß deine Offenheit zu schätzen.«
    Sie hörte die Herausforderung in seinen Worten, ignorierte sie aber. »Wie meinst du das?«
    »Was hat Melyor dir über unser Gespräch erzählt?« Er will also Offenheit?, dachte sie. Gut, die soll er bekommen. »Wir haben nur kurz gesprochen, bevor du uns unterbrochen hast«, sagte sie. »Aber sie sagte mir, dass du den Mord an Shivohn und den Attentatsversuch gegen sie gestanden hast.«
    Marar begann zu lachen - er hatte für einen solch schmächtigen Mann ein überraschend tiefes Lachen -, und er nickte wie bei einem guten Scherz. »Das war sehr amüsant, Herrscherin«, sagte er nach einiger Zeit. »Ich hätte eigentlich nicht vermutet, dass du Sinn für Humor hast.«
    Wiercia versuchte verzweifelt zu ignorieren, wie sich ihr Magen zusammenzog, saß einfach nur da und starrte den Schirm an, bis Marar schließlich aufgehört hatte zu lachen und sie aus zusammengekniffenen Augen betrachtete. »Das war doch ein Witz, oder?«, fragte er.
    »Nein. Und ich halte deine kleine Vorstellung nicht für sonderlich überzeugend.«
    Der Rest des Lächelns verschwand von seinem Gesicht. »Das hat sie dir wirklich gesagt?«
    »Ja.«
    »Und du hast ihr geglaubt?«
    Wiercia wusste nicht recht, was sie nun sagen sollte. »Ich denke, ich -«
    »Hältst du mich tatsächlich für so dumm?«, wollte er wissen. »Glaubst du wirklich, wenn ich für die Anschläge verantwortlich wäre, würde ich das Melyor gegenüber zugeben?«
    »Sie hat es so dargestellt, als wäre dir keine andere Wahl geblieben«, erklärte Wiercia.
    Er nickte. »Ja, jede Wette.« Er wandte sich einen Augenblick ab, die Lippen fest zusammengepresst. »Hat sie sich vielleicht auch dazu herabgelassen, dir mitzuteilen«, fragte er und sah sie nun wieder an, »dass sie mir eine Allianz angetragen hat?«
    »Du lügst!«, erklärte Wiercia vehementer, als sie vorgehabt hatte.
    »Ich glaube, sie sagte, ich sei klug genug, ihren Wert als mögliche Verbündete zu erkennen, oder etwas Ähnliches.« Wiercias Hände zitterten, und in ihren Ohren war ein Geräusch wie der Wind, der durch die Blocks von Oerella- Nal fegte. Am liebsten hätte sie das Gespräch einfach beendet, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden. Er log. Er log doch sicher. Aber was, wenn das nicht der Fall war? Was, wenn Melyor sie die ganze Zeit irregeführt hatte? Was, wenn sie ihr nur vorgemacht hatte, dass Marar hinter dem Mord an Shivohn steckte und es in Wahrheit ihre Tat gewesen war?
    »Ich glaube, du lügst«, erklärte sie misstrauisch.
    Marar nickte ernst. »Ja, das hast du schon einmal gesagt. Aber denk doch mal einen Augenblick nach: Wenn ich mir wirklich die Mühe gemacht

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