Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
aufgefallen war, ließ er es sich nicht anmerken.
»Danke«, sagte er lächelnd. »Ich denke, das wird uns alle stärker machen.«
Sie blieben noch eine Weile in unbehaglichem Schweigen stehen, während der Regen weiterhin fiel.
»Vielleicht sollten wir zu den anderen zurückkehren«, sagte er schließlich, abermals mit einem angestrengten Lächeln. Sie bedeutete ihm voranzugehen und folgte ihm zu der Stelle, wo die anderen um das Feuer herumstanden. Sie blickten auf, als sie näher kamen, und machten Platz am Feuer, aber keiner sagte etwas. Und dann ließ sich Jaryd auf dem feuchten Boden nieder und rollte sich so nah wie möglich am Feuer zusammen. Die anderen folgten seinem Beispiel, und in dieser Nacht gestattete Orris Cailin aus welchem Grund auch immer, in seiner Nähe zu schlafen.
Das Unwetter war noch nicht vorüber, als sie erwachten. Es schien tatsächlich sogar heftiger geworden zu sein. Der Wind war stärker und der Regen ergoss sich wie ein Wasserfall auf den Wald.
»Es ist noch nicht zu spät, um uns nach Osten zu wenden«, sagte Erland mit einem Blick zum Adlerweisen, aber in möglichst unbeschwertem Ton. »Selbst nachdem der Sturm weitergezogen ist, werden die Pässe verschneit sein.« Jaryd holte tief Luft, als könne er sich nur mühsam beherrschen. »Die Pferde werden uns durchbringen«, sagte er schließlich. »Wir werden vielleicht einen oder zwei Tage verlieren, aber das ist immer noch besser, als an der Küste entlangzureiten.«
»Heute vielleicht. Aber was ist, wenn der Sturm andauert, vielleicht für ein oder zwei oder drei Tage? Was dann?« »Wenn du so versessen darauf bist zu gehen«, warf Orris ein, bevor Jaryd antworten konnte, »dann geh doch. Aber der Adlerweise hat seine Entscheidung getroffen, und wir anderen haben bereits zugestimmt, uns daran zu halten.« »Schon gut, Orris«, sagte Jaryd leise und sah dann wieder Erland an. »Wie ich gestern schon sagte, ich weiß, dass ich ein Risiko eingehe, indem ich hier bleibe. Aber ich denke, es ist die richtige Entscheidung. Ich hoffe, du bleibst bei uns, Erster Meister, obwohl ich es verstehen würde, wenn du das Gefühl hast, weiterziehen zu müssen.«
Cailin unterdrückte ein Grinsen. Erland würde ganz bestimmt nicht allein weiterreiten - und zweifellos wusste Jaryd das ebenso gut wie sie. Und indem er den Eulenmeister dazu brachte, offiziell zu verkünden, er würde bleiben, nahm ihm Jaryd das Recht, sich weiterhin zu beschweren. Erland schien das ebenfalls zu spüren, weil er wieder rot geworden war, genau wie am Abend zuvor, als Cailin ihn kritisiert hatte.
»Wir sollten lieber zusammenbleiben«, sagte Erland verbittert nach einer kurzen Pause.
Jaryd nickte. »Das denke ich auch.«
Der Erste Meister stapfte davon und murmelte etwas darüber, sich um sein Pferd kümmern zu müssen. Jaryd, Cailin und Orris grinsten einander zu.
Trotz dieses kleinen Sieges blieb der Rest des Tages unangenehm. Es regnete und stürmte gnadenlos und unverändert weiter, bis Cailin sich zu fragen begann, ob Erland nicht vielleicht Recht gehabt hatte. Noch ein oder zwei solche Tage, und sie hätten nicht nur zu viel Zeit verloren, sondern die Bergpfade würden unpassierbar sein, selbst zu Pferd.
Den ganzen Tag über sprachen die Magier wenig. Trahn saß allein da und formte kleine Holzstücke zu Figuren von Menschen und Vögeln, die er Jaryds Tochter schenken wollte. Und Vawnya verbrachte den größten Teil des Tages mit geschlossenen Augen in stiller Meditation. Aber die anderen standen einfach ums Feuer herum, stampften mit den Füßen, um sich warm zu halten, und machten sich hin und wieder auf die Suche nach Holz. Sie aßen wenig, obwohl Cailin annahm, dass die anderen ebenso großen Hunger hatten wie sie selbst. Ihre Vorräte gingen zur Neige, und obwohl sie alle ihre Vögel auf Jagd schickten, hatten die Tiere wenig Erfolg. Die meisten Wildvögel und Kleintiere hatten ebenso vor den Elementen Schutz gesucht wie die Magier.
Es wurde Nacht, und das Wetter änderte sich immer noch nicht. Cailin aß ein wenig Käse und Trockenobst und legte sich zum Schlafen nieder, dicht an Rithel geschmiegt. Sie erwachte im ersten grauen Tageslicht, und als sie hörte, wie der Regen weiter auf die Blätter fiel, verlor sie beinahe jede Hoffnung.
»Es ist weniger windig als gestern«, flüsterte Orris, der offenbar gespürt hatte, dass sie wach war, ganz in der Nähe.
»Das ist wenigstens etwas«, sagte sie und setzte sich aufrecht hin, um ihn
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