Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Seite ziehen, so dass das Feuer aus ihrem Ceryll an ihrer Mutter vorbeizischte und in ihr Haus krachte, das Haus, in dem Rhonwen ihre Kindheit verbracht hatte. Die Wucht warf ihre Mutter zu Boden, aber sie lebte noch, und soweit Rhonwen das sagen konnte, war sie unverletzt.
Einen Augenblick später ging Rhonwen weiter und zerstörte weitere Häuser. Sie konnte hören, wie ihre Mutter noch einmal nach ihr rief, aber Sartol erlaubte ihr nicht, sich umzudrehen und zurückzuschauen. Und dafür war Rhonwen ihm sogar dankbar.
Der gesamte Angriff dauerte nicht lange; es war nie ein großes Dorf gewesen. Innerhalb von weniger als einer Stunde stand jedes Gebäude in Flammen, und in den schmalen Straßen zwischen den Häusern lagen Leichen. Zum Glück war es vielen Dorfbewohnern gelungen, in den Wald zu fliehen, und Sartol hielt sie nicht für wichtig genug, um sie von Rhonwen verfolgen zu lassen. »Außerdem brauchen wir Zeugen«, sagte er zufrieden. »Und es ist Zeit, dass du zum nächsten Dorf gehst. Ich werde dich eine Weile verlassen, aber ich kehre bald zurück, und dann können wir weitermachen.«
Du Mistkerl! Sie zitterte vor Zorn und Trauer und Ekel darüber, was aus ihr geworden war, was er aus ihr gemacht hatte. Du widerlicher Bastard!
»Rhonwen!« Die Stimme ihrer Mutter.
Sie spürte, wie sie sich umdrehte, und sah ihre Mutter vor sich stehen. Sie weinte immer noch, und auf ihrer Wange war ein dunkler blauer Fleck. Offensichtlich war sie bei der Zerstörung des Hauses doch verletzt worden.
»Ich werde dieser Sache müde«, sagte Sartol. »Du solltest sie wegschicken.«
Bitte! Du hast es versprochen! Sie hatte in dieser Nacht mehr geweint als in all den Jahren als unbehauste Magierin. Und immer noch weinte sie weiter. Lass sie in Ruhe! »Widerlicher Bastard, wie?«
Wieder hob sie den Stab, und sie konnte nichts tun, um es aufzuhalten. Hellgrünes Feuer schoss aus ihrem Ceryll.
13
W ie es das Schicksal will, ist dein Brief über die Waffen, die aus Lon-Ser an die Hüter eurer Tempel geliefert werden, gerade heute eingetroffen, am selben Tag, als Jibbs Sicherheitsmänner eine Schiffsladung Gold aus eurem Land abfangen konnten, die für Herrscher Marar bestimmt war. Die nächste Waffenladung befand sich bereits auf dem Frachtschiff, aber sie wurde inzwischen abgeladen und vernichtet. Was das Gold des Tempels angeht, warte ich auf deine Anweisungen, was ich damit tun soll. An deiner Stelle würde ich verlangen, dass es an die Menschen deines Landes weitergegeben wird, als Wiedergutmachung dafür, was mit euren Wäldern geschehen ist, aber das ist nur meine Ansicht.
... Ich hoffe, indem ich den Zußuss von Waffen in euer Land aufhalte, ist es uns gelungen, dir ein wenig von der Last zu nehmen, die du in deinen letzten Briefen beschrieben hast, aber ich habe den Eindruck, dass dies nur eines von vielen Problemen war. Wenn ich mehr tun kann, lass es mich bitte wissen. Auch ich habe genug davon, dass wir so weit voneinander entfernt sind, obwohl diese Episode mir das Gefühl gegeben hat, dir näher zu sein als je zuvor.
Melyor i Lakin, Herrscherin und Steinträgerin von Bragor-Nal, an Falkenmagier Orris, Tag 2, Woche 11, Frühling 3068
In den Tagen nach ihrem erfolgreichen Angriff auf Marars Palast gelang es Melyor und Jibb, dem Herrscher diverse Informationen über seine Kontakte mit den Priestern von Tobyn-Ser und über die Leute abzuringen, die er innerhalb von Bragor-Nal benutzt hatte, um das Gold an Premel weiterzuleiten. Zunächst hatte sich Marar selbstverständlich gewehrt. Er machte keinen Hehl daraus, wie sehr es ihn verbitterte, doch noch ins Gefängnis gesteckt worden zu sein, nachdem Melyor ihm Exil versprochen hatte, und für mehrere Stunden, nachdem sie ihn nach Bragor-Nal gebracht und in eine der unterirdischen Zellen des Goldpalastes gesperrt hatten, schwieg er. Aber die Androhung von körperlichem Schmerz ließ oft selbst die trotzigsten Gefangenen regelrecht geschwätzig werden.
Tatsächlich widerstrebte es Melyor, zu so etwas wie Folter Zuflucht zu nehmen. Ihre Leute waren zu lange gefoltert worden. Und Maus, die gebeten hatte, bleiben zu dürfen, bis Marars Schicksal entschieden war, machte deutlich, dass sie gegen Folter ebenso viel hatte wie gegen Mord. Zum Glück hatten sie zwei Tage zuvor in Marars Palast erfahren, dass der Herrscher erstaunlich wenig Schmerzen ertragen konnte. Jibb brauchte ihn nur wütend anzustarren, und Marar begann loszuschwatzen, welche Kaufleute ihm
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