Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
werden ihre Strafe erhalten. Ich verspreche dir nur, dass sie nicht aus der Liga ausgestoßen werden.«
»Aber du hast gesagt -«
»Ich habe nicht mehr versprochen als das, Erland. Und du solltest dich glücklich schätzen, dass ich dir so viel gegeben habe. Deine Freunde dürfen ihre Umhänge behalten und weiter an unseren Konklaven teilnehmen, aber sie werden ein Jahr lang nichts sagen und keine Stimme abgeben dürfen.«
»Ein Jahr?«
»Ja. Das sollte sie eines Besseren belehren, und es sollte dich auch davon abhalten, die Versprechen zu brechen, die du mir gegeben hast.«
»Wir reden hier nur von drei Männern, Cailin. Das genügt vielleicht, um mich bei ein paar Abstimmungen zu besiegen, aber nicht bei allen. Wenn du irgendetwas Dummes mit deiner Macht vorhast oder wenn du zu weit von dem abweichst, was ich für den weisesten Kurs halte, werde ich dich aufhalten. Und du wirst nichts dagegen tun können.« Sie wurde bleich und sah wieder sehr jung und zum ersten Mal an diesem Tag ein wenig verängstigt aus. »In anderen Worten, du hast ohnehin nicht vor, dich an unsere Übereinkunft zu halten.«
Erland schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht gesagt. Trotz allem, was du von mir halten magst, Adlermeisterin, stehe ich zu meinem Wort. Ich habe deinen Bedingungen zugestimmt, und ich verlasse mich darauf, dass du dein Versprechen hältst. Wir haben beide dem anderen gegenüber einen Vorteil - eine Drohung, die wir nutzen können, um einander dazu zu zwingen, unsere Versprechen zu halten. Aber am Ende, Cailin, geht es um Vertrauen. Ich muss glauben können, dass du die Macht wieder aufgibst, sobald dein Adler dich verlässt, und du musst glauben können, dass ich dich bis zu diesem Zeitpunkt unterstütze.« Er zuckte die Schultern. »Habe ich dir wirklich so viel Grund gegeben, an mir zu zweifeln?«
Sie schwieg lange Zeit und starrte ihn an. »Erinnerst du dich an den Tag, an dem du mir meinen Ceryll gegeben hast, Erland?«, fragte sie ihn schließlich zu seiner großen Überraschung.
Diesen Tag würde er bestimmt niemals vergessen. Er würde sich bis zu seinem Tod an das strahlende goldene Licht erinnern, das aus dem Stein gebrochen war, sobald Cailin ihn berührt hatte. Es hatte beinahe so ausgesehen, als wäre Leora selbst bei ihnen auf der Lichtung und legte die Hand auf den Kristall, um den Stein mit ihrem Strahlen zu füllen. Aber mehr als das, Erland würde sich stets an die Freude erinnern, die er empfunden hatte, als es ihm gelungen war, Cailin auf seine Seite zu ziehen. Bis zu diesem Augenblick hatte er daran gezweifelt, ob seine Liga jemals mehr darstellen würde als einen Traum oder - noch schlimmer - einen Kneipenwitz. Aber als Cailin zugestimmt hatte, sich ihnen anzuschließen, hatte er gewusst, dass sie Erfolg haben würden. Tatsächlich war er damals vollkommen überzeugt gewesen, dass die Liga den Orden innerhalb von ein oder zwei Jahren vollkommen verdrängen würde. Der Tag, von dem Cailin sprach, war sehr wahrscheinlich der glücklichste in seinem Leben gewesen.
»Ja«, sagte er. »Ich erinnere mich.«
Sie nickte, als durchlebte sie selbst den Augenblick noch einmal. »Das war das schönste Geschenk, das mir je jemand gemacht hat«, sagte sie. »Und in vielerlei Hinsicht ist es das immer noch.«
»Das freut mich.«
»Aber ich weiß nun, warum du mir den Kristall gegeben hast. Ich weiß, dass er nicht einfach nur bei dir zu Hause herumlag und verstaubte, wie du behauptet hast, sondern dass du ihn gekauft hast, um ihn mir zu geben, damit du mich in die Liga locken kannst.«
Er dachte daran, das abzustreiten, aber nicht lange. Es hatte wirklich keinen Sinn. Sie hätte ihm ohnehin nicht geglaubt, und es würde die brüchige Verbindung, die zwischen ihnen bestand, nur noch mehr schädigen. »Es tut mir
Leid«, sagte er stattdessen. »Wir brauchten dich, und ich habe getan, was ich für notwendig hielt, um dich dazu zu bringen, dich uns anzuschließen.«
Wieder nickte sie, aber sie schwieg.
»Deshalb traust du mir also nicht? Wegen des Cerylls?« Cailin lachte leise. »Das ist nur ein Grund unter vielen. Wir haben beide in den letzten Jahren nicht viel getan, um unsere Freundschaft zu stärken.«
Er lächelte bedauernd. »Das ist wahr. Aber vielleicht ist das hier ja ein neuer Anfang für uns.«
»Vielleicht«, sagte sie und sah ihm dabei weiterhin in die Augen.
Sie blieben noch eine Weile so stehen, dann öffnete Cailin die Tür, und sie betraten den Hauptsaal der Halle
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