Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)
Kerens Männer sind überall«, berichtete er.
Orman stieß einen leisen Fluch aus, doch bevor er etwas sagen konnte, schüttelte ihn bereits ein weiterer Anfall. Als Xander auf seinen Herrn zuging, trat Will ihm in den Weg, denn er machte sich schreckliche Sorgen. Er hatte das Gefühl, eine kalte Hand griffe nach seinem Herzen. »Ihr meint, sie haben Euch aufgehalten?« Vorwurfsvoll fügte er hinzu: »Ihr habt nicht einmal versucht, sie zu sprechen, nicht wahr?«
Der kleine Sekretär begegnete unerschrocken seinem Blick. »Als ich die Männer sah, habe ich es nicht mehr versucht, denn ich wusste, sie würden es merken. Und ich wollte Lady Gwendolyn nicht in Verlegenheit bringen.«
Will packte den kleinen Mann am Wams und zog ihn näher. »Was soll das heißen: sie nicht in Verlegenheit bringen?«
Xander begegnete seinem Blick ohne Anzeichen von Furcht und versuchte auch nicht, sich aus Wills Griff loszumachen.
»Denkt doch mal nach, Waldläufer. Ich werde gesehen, wie ich eine Nachricht zu Lady Gwendolyn bringe. Dann verlassen innerhalb kürzester Zeit drei von uns die Burg. Glaubt Ihr etwa, Keren würde nicht zwei und zwei zusammenzählen und wissen, dass sie mit Euch unter einer Decke steckt?«
Er hat recht, dachte Will und ließ den Mann los. Der Sekretär machte einen Schritt zurück und glättete seinen Kragen. Jeder Versuch, Alyss zu warnen, würde sie im Augenblick nur noch mehr gefährden. Dennoch … wenn sie Buttle begegnete, wenn er sie erkannte … irgendwie musste er sie warnen.
»Ich muss ihr helfen«, sagte Will verzweifelt.
Orman schüttelte erschöpft den Kopf. »Dafür ist es leider zu spät. Wenn Xander recht hat und Kerens Männer bereits überall sind, dann ist er drauf und dran, die Burg in seine Gewalt zu bringen. Wir haben nur noch sehr wenig Zeit, um hier wegzukommen.«
Wills Sorge um Alyss ließ ihn die Geduld verlieren. »Ist das alles, woran Ihr denken könnt?«, fuhr er Orman an. »Eure eigene Haut? Tja, da seid Ihr bei mir an den Falschen geraten. Ich lasse meine Freunde nicht im Stich, wenn sie mich brauchen.«
Orman sagte nichts. Doch zu Wills Überraschung
machte Xander einen Schritt auf ihn zu und legte die Hand auf seinen Arm.
»Lord Orman hat recht«, sagte er leise. »Ihr müsst ihn sofort von hier wegbringen. Wenn Ihr erwischt werdet, dann gibt es nichts, was Keren daran hindert, Euch, Eure Freundin und Lord Orman zu töten. Versteht Ihr das denn nicht?«
Will zögerte. Tief im Innersten wusste er, dass Xander recht hatte. Seine Aufgabe war es, die Burg vor einer Einnahme zu schützen. Daher musste er Lord Orman in Sicherheit bringen. Aber es bedeutete auch, dass er Alyss in Gefahr zurücklassen musste.
»Ihr vergeudet Zeit«, sagte Orman leise. »Hört mir zu: Eure Freundin mag erwischt werden oder nicht. Aber wenn sie uns auch noch kriegen, dann gibt es keinen Grund, weshalb Keren sie am Leben lassen sollte – besonders wenn er erfährt, dass sie ein Kurier ist. Doch wenn er mich nicht hat, kann er nicht die Burg beanspruchen und muss seine Pläne ändern. Ihr könnt ja sogar anbieten, mich gegen Gwendolyn auszutauschen, wenn Ihr wollt. Das wird sicherstellen, dass er sie gut behandelt.« Er machte eine kleine Pause. »Ich nehme an, Gwendolyn ist nicht ihr richtiger Name?«, fügte er hinzu.
»Er lautet Alyss«, antwortete Will zerstreut. Er dachte über das nach, was Orman gesagt hatte. Es ergab durchaus einen Sinn. Sobald sie alle Gefangene wären, hätte Keren keinen Grund, irgendjemanden am Leben zu lassen. Doch wenn er und Orman entkamen, konnte er zumindest verhandeln.
»In Ordnung«, sagt er. »Wir machen es.« Er überlegte kurz, dann gab er seine Anweisungen.
»Packt Eure Sachen zusammen. Nur das Nötigste. Warme Kleidung, einen guten Mantel und Stiefel. Wer weiß, wo wir unterkommen. Ich werde in den Stall gehen und zwei Pferde satteln.« Er machte eine Pause, blickte zum Sekretär und verbesserte sich. »Drei Pferde. Lord Orman, kann Xander Euch ohne viel Aufsehen zum östlichen Eingang des Hauptturms bringen?« Der östliche Eingang ging zum Hof hin und lag genau gegenüber den Ställen.
Der kleine Sekretär nickte. »Es gibt eine Dienstbotenstiege. Die werden wir benutzen«, sagte er.
Will nickte zustimmend. »Gut. Seid in zehn Minuten dort. Bis dahin werde ich die Pferde im Stall gesattelt haben, und sobald ich Euch sehe, bringe ich sie heraus.«
»Und was dann?«, fragte Orman.
»Dann reiten wir wie der Teufel durchs Tor hinaus«, sagte
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