Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)
wenn er gezwungen war, sie festzuhalten, konnte es sein, dass ihr Verlobter nach ihr suchte – wahrscheinlich mit einer Gruppe bewaffneter Männer. Das war das Letzte, was Keren im Augenblick brauchen konnte, jetzt, wo er so nahe am Ziel seiner Wünsche war.
»Buttle«, mahnte er ganz leise. »Ich warne dich. Halt den Mund und verlass den Raum. Sofort!«
Doch Buttle schüttelte den Kopf, noch bevor Keren den Satz beendet hatte. »Sie ist keine Lady«, sagte er. »Ich hab sie schon mal gesehen, das weiß ich. Sagt ihr, sie soll aufstehen!«
Keren drehte sich entschuldigend zu Alyss und zuckte mit den Schultern. »Vielleicht könntet Ihr dem Mann einfach den Gefallen tun, Lady Gwendolyn.«
Sie schüttelte empört den Kopf. »Sir! So etwas werde ich keinesfalls tun!«
Keren zögerte, Misstrauen stand plötzlich in seinen Augen. Und da zog Buttle auch schon den letzten Schluss und stellte die nötige Verbindung her.
»Sie ist ein Kurier!«, rief er triumphierend. »Ich habe sie unten im Süden schon mal gesehen! Da war sie mit ’nem Waldläufer zusammen!«
Jetzt horchte Keren auf. »Einem Waldläufer?«, fragte er.
Buttle nickte mehrmals. »Sie soll aufstehen. Ihr werdet es sehen. Sie ist fast so groß wie ich!«
Keren drehte sich zu Alyss. »Ihr seid tatsächlich außergewöhnlich
groß«, meinte er nachdenklich. »Wenn Ihr nun meiner Bitte nachkommen wollt. Steht auf!«
Alyss seufzte innerlich, denn sie wusste, dass sie verloren hatte. Sie konnte noch ein paar Ausreden erfinden, doch Kerens Misstrauen war geweckt. Anmutig stand sie auf und hörte auch schon Buttles triumphierenden Ausruf.
»Das ist sie!«, rief er. »Hab ich’s doch gewusst. Hab gewusst, dass ich sie schon mal gesehen hab. Jetzt, wo sie steht, weiß ich es genau. Und ich wette, dieser Musikant Barton ist genauso wenig ein Musikant wie ich. Ich wette, er ist ihr Freund. Dieser Kerl ist ein Waldläufer!« Er kramte in seiner Erinnerung. »Wie hat sie ihn gleich noch genannt? Will! So hieß er!«
»Will?« Diese Neuigkeit schürte Kerens Misstrauen noch mehr. »Ach? Und ist das nicht auch der Name des Musikanten? Was für ein Zufall! Ich denke, Ihr schuldet mir eine Erklärung, verehrte Lady Gwendolyn.«
N achdem Will die Pferde abgesattelt, gestriegelt und in Malcolms kleinen Stall gebracht hatte, lud der Heiler ihn und Xander zu einem späten Mittagessen ein.
Es war ein recht stilles Mahl, trotz der Tatsache, dass Malcolm ein sehr guter Gastgeber war und wiederholt Versuche unternahm, seine Gäste in eine Unterhaltung zu ziehen. Doch Xander machte sich offensichtlich noch immer Sorgen um seinen Herrn und stand immer wieder vom Tisch auf, um nach ihm zu sehen.
»Er wird wieder gesund werden, das verspreche ich«, sagte Malcolm, als Xander vielleicht schon zum fünften Mal aufstand.
Xander blieb kurz in der Tür, die zu Ormans Zimmer führte, stehen. »Das sagtet Ihr bereits.« Dann huschte er hinein, um nachzusehen, ob Orman auch wirklich ruhig schlief.
Malcolm lächelte. »Ist er nicht eine treue Seele? Selbst als er dachte, ich sei vielleicht ein Zauberer, hätte er seinen Herrn beschützt. Ich hoffe, Orman weiß, was für einen ergebenen Diener er an ihm hat.«
Will war tief in seine eigenen Gedanken versunken und antwortete nicht.
Malcolm sah ihn neugierig an. »Schmeckt Euch das Essen nicht?«, fragte er.
Will murmelte etwas Unverständliches.
Malcolm runzelte die Stirn. »Wir essen hier natürlich sehr einfach, bauen alles selbst auf dem Hausdach an, und wir machen auch den Wein selbst – aus Kürbissen.«
Wieder murmelte Will eine unverständliche Antwort.
»Gelegentlich springt auch ein Bär durchs Fenster und landet auf dem Tisch, und einmal hat eine böse Hexe die Suppe in Brand gesetzt, aber abgesehen davon verlaufen unsere Mahlzeiten normalerweise sehr ruhig.«
»Hm«, sagte Will, doch nach ein paar Sekunden wurde ihm klar, dass Malcolm ihn fragend ansah. Er blickte schuldbewusst hoch. »Entschuldigung? Ich fürchte, ich habe nicht richtig zugehört.«
Malcolm seufzte. »Nein, das habt Ihr ganz gewiss nicht. Ich habe fürchterlichen Unsinn geredet und Ihr habt es nicht gemerkt.« Er lächelte, um Will zu zeigen, dass er ihm das nicht übel nahm, dann fügte er hinzu: »Ich hatte gehofft, endlich wieder einmal das Neueste aus dem Königreich zu erfahren.«
Will verzog entschuldigend das Gesicht. »Es tut mir leid. Es ist nur, weil mir zur Zeit so viel im Kopf herumgeht.«
»Vielleicht hilft es Euch ja, darüber
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