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Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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passiert, und es war nur menschlich, dass sie dachten, es würde auch weiterhin nichts passieren. Sie waren müde und gelangweilt und dachten daran, dass in einer halben Stunde warmes Essen und Trinken auf sie wartete. Wenn sie sich in der Mitte trafen, hielten sie kurz inne und plauderten ein paar Minuten. Die Pausen wurden jedes Mal länger.
    Das war Wills beste Gelegenheit, um über die Mauer zu gelangen. Während sie stehen blieben und sich unterhielten, wäre ihre Aufmerksamkeit abgelenkt, und jedes kleine Geräusch, das er vielleicht machte, würde von ihren Stimmen übertönt.
    Er blickte wieder zu den Türmen hinauf. Auf dem linken hatte der Wachposten sich umgedreht, offensichtlich wollte er etwas näher an der Wärme des Kohlebeckens stehen. Der Wachmann des rechten Turms blickte weiter stur in die Nacht hinaus. Aber Will sah, dass seine Schultern gekrümmt waren. Er konnte sich vorstellen, wie der Mann dort oben sich fühlte. Ihm war kalt und er war
müde. Seine Füße schmerzten und seine Aufmerksamkeit war nicht mehr die beste. Es bestand wenig Gefahr, dass der Mann zur Seite sähe. Sein Blick war stur geradeaus gerichtet. Will entschied, die Mauer in der Nähe des linken Turmes zu erklettern. Er wartete, bis die Wachen auf der Mauer ihren kleinen Marsch ein weiteres Mal hinter sich gebracht hatten, und zählte dabei die Sekunden, die sie dazu brauchten, vom Ende ihrer Strecke bis zur Mitte zu laufen. Sobald er die Mauer erklommen hatte, wäre das die Zeitspanne, in der er über die Zinnen huschen und einen Platz finden müsste, wo er sich verstecken konnte.
    Er spannte sich an und kam langsam auf die Knie. Über den Himmel zogen vereinzelte Wolken und warfen dabei ihre schwachen Schatten. Will machte sich bereit, sich ihrem Rhythmus anzupassen, und huschte dann auf den linken Turm der Burg zu, dabei verschmolz er völlig mit den Schatten der Nacht.

W ill hielt am Fuße der Burgmauer an. In der Ecke zwischen Mauer und Turm würde er hochklettern. Weder die Turmwache noch der Wachmann auf der Mauer konnten ihn hier sehen. Die einzige mögliche Gefahr drohte von dem Wachmann des anderen Turms, etwa neunzig Fuß entfernt. Doch dieser Soldat stand wie schon zuvor leicht vornübergebeugt und starrte unbeweglich geradeaus.
    Will zog seine Handschuhe aus und steckte sie in seinen Gürtel, um die Oberfläche der Mauer mit den Händen zu erkunden. Das Mauerwerk, das von der Ferne glatt und ebenmäßig gewirkt hatte, war in Wirklichkeit rau und uneben, mit vielen Spalten, Rissen und Vorsprüngen, die einem Kletterer von Wills Erfahrung reichlich Halt für Hände und Füße boten. Zusätzlich würde der rechte Winkel zwischen Turm und Mauer ihm Halt verschaffen, wenn er ihn brauchte. Er lächelte. Diese Mauer hätte er schon im Alter von elf Jahren erklimmen können.
    Er hatte ein langes Seil unter dem Umhang um seine Schulter geschlungen, aber das benötigte er nicht zum
Hochklettern, sondern es sollte ihm dabei helfen, Alyss nach unten zu holen. In Gegenwart der Wachen konnte er es kaum riskieren, ein Seil nach oben über eine der Zinnen zu werfen. Will streckte, dehnte und bewegte noch einmal seine Finger, dann griff er hoch in die Mauer, fand sicheren Halt für die Hand und zog sich hoch.
    Langsam, aber stetig zog er sich die Mauer hinauf. Manchmal musste er etwas weiter nach links oder rechts ausweichen, während er den besten Halt suchte. Seine Finger schmerzten vor Anstrengung und Kälte, doch sie waren durch die jahrelange Übung stark und beweglich.
    Als er die Zinnen fast erreicht hatte, hörte er, wie sich die Schritte des Wachpostens näherten, und verharrte in der Stellung wie eine riesige Spinne an der Wand, das ganze Gewicht nur durch Fingerspitzen und Zehen abgefangen. Bewegungslos zu verharren erforderte sehr viel mehr Anstrengung als weiterzuklettern. Seine Finger schmerzten, und er presste das Gesicht näher gegen die raue Mauer, während die Schritte, kaum zehn Fuß von ihm entfernt, zum Stillstand kamen, als der Wachposten das Ende seiner Strecke erreicht hatte.
    Wenn der Soldat diesen Moment wählen sollte, um sein bisheriges Verhalten zu ändern und über die Mauer zu spähen, würde er Will zwangsläufig entdecken. Will klammerte sich mit aller Kraft an die Mauer und wagte kaum zu atmen. Dann hörte er, wie die schweren Stiefel des Wachpostens zweimal aufstampften, bevor er sich umdrehte, um wieder zurückzumarschieren und in der Mitte der Mauer ein paar Worte mit seinem Kameraden
zu reden.

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