Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)
Außer Gundar, der völlig unbeteiligt aussah. Nordländer hassten Planungen, fiel es Will wieder ein.
»Also, was hast du vor?«, fragte Horace.
»Wir beobachten weiter die Burg, damit wir wissen, wann er ankommt«, erklärte Will. »Wenn er dann wieder zurück über die Grenze will, nehmen wir ihn gefangen und stellen ihm ein paar Fragen.«
Horace nickte. »Nicht schlecht. Aber rechne nicht damit, sehr viel aus einem Skotten herauszubekommen. Nach allem, was ich über sie gehört habe, bringt man die nie zum Reden.«
Jetzt war es Malcolm, der lächelte.
»Oh, ich denke, da wüsste ich vielleicht einen Weg«, meinte er.
E s schneite wieder. Die schweren Wolken verbargen das Einsetzen der Morgendämmerung, besonders im Wald, wo Will und Horace ein Lager aufgeschlagen hatten. Bei diesem Wetter gab es keinen Sonnenaufgang – nur ein allmähliches Hellerwerden des grauen Lichtes, das über dem ganzen Landstrich lag.
Das Lager, das aus zwei kleinen Ein-Mann-Zelten und einem großen, zwischen zwei Bäume gespannten Segeltuch bestand, befand sich in einer Lichtung, die sie selbst noch etwas verbreitert hatten, etwa siebzig Fuß seitlich der Straße nach Picta. Sie befanden sich weit genug entfernt, um für Vorbeikommende ungesehen zu bleiben, aber dennoch nahe genug, um sie rechtzeitig hören zu können.
Zwei Tage waren vergangen, seit Will Alyss’ Nachricht gelesen hatte. Die beiden Freunde hatten beschlossen, die Straße im Auge zu behalten. Sobald sie wussten, mit wie viel Mann der General unterwegs war, konnten sie für seine Rückkehr einen Hinterhalt vorbereiten.
Außerdem hatte Malcolm noch eine ganze Reihe von Kundschaftern in die Wälder entsandt, welche die kleinen Pfade säumten, die ebenfalls über die Grenze führten. Seine Leute waren geübt darin, ungesehen zu beobachten, erklärte er. Ihre ganze Sicherheit hatte schließlich jahrelang auf eben dieser Fähigkeit beruht.
Will hörte, wie Horace sich in seinem Zelt bewegte. Dann war auch schon sein verschlafenes Gesicht in dem kleinen dreieckigen Eingang zum Zelt zu sehen. Will saß in der Hocke unter dem Schutz des Segeltuchs.
»Morgen«, grüßte Horace mürrisch. Will nickte. Horace kroch nach draußen und musste feststellen, dass es unmöglich war, das zu tun, ohne sich zwei feuchte Flecken an den Knien zu holen. Steif erhob er sich, streckte sich und stöhnte leise.
»Schon irgendwas von ihnen zu sehen?«, fragte er.
Will blickte zu ihm. »Klar. Ungefähr fünfzig Skotten kamen vor einer halben Stunde hier vorbei.«
»Wirklich?« Horace sah ihn verblüfft an. Er war noch gar nicht richtig wach.
»Also, wenn ich es dir sage. Sie ritten auf Ochsen und spielten dabei auf dem Dudelsack.« Will verdrehte die Augen. »Natürlich nicht. Wenn sie wirklich vorbeigekommen wären, hätte ich dich schon geweckt… schon allein, damit du mit dem Schnarchen aufhörst.«
»Ich schnarche nicht«, entgegnete Horace würdevoll.
Will hob nur die Augenbrauen. »Ach nein? Na,
dann solltest du mal diese Walrosskolonie aus deinem Zelt vertreiben. Natürlich schnarchst du!«
Horace schüttelte den Kopf. »Tu ich nicht. Das weiß ich ganz genau. Denn wenn es so wäre, würde ich mich selbst hören. Und da ich mich noch nie selbst gehört habe, kann es auch nicht so sein.«
Er holte den Wasserschlauch aus seinem Zelt und nahm einen Schluck. Dann wühlte er in der Provianttasche weiter nach einem Stück hartem Brot und etwas Dörrobst. Missmutig blickte er darauf.
»Frühstück!«, sagte er mürrisch.
Will zuckte mit den Schultern. »Ich hatte schon Schlechteres.«
Horace biss ein Stück vom Brot ab und duckte sich neben seinen Freund unter das Segeltuch. Obwohl er nur wenige Minuten im Freien verbracht hatte, klebten bereits Schneeflocken in seinem Haar.
»Ich auch«, antwortete er und klopfte den Schnee von den Schultern. »Aber deswegen muss ich es ja nicht mögen.«
Sie kauerten ein paar Minuten schweigend nebeneinander. Horace bewegte sich unruhig und versuchte, eine bessere Stellung zu finden. Will warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. Er selbst war so ausgebildet worden, dass er stundenlang in einer Position verharren konnte. Doch Ritter waren natürlich Männer der Tat. Ihnen widerstrebte es, einfach nur dazusitzen und zu warten, bis etwas passierte. Um Horace abzulenken, fragte er: »Hast du Evanlyn in letzter Zeit öfter gesehen?«
Horace warf ihm einen raschen Blick zu. Mit Evanlyn meinte er die Kronprinzessin Cassandra von Araluen. Als
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