Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
den Sattel, um Horace zur Seite zu stoßen.
Horace hörte etwas an seinem Gesicht vorbeizischen, was ihn um Haaresbreite verfehlte. Dann sah er George schwanken. Ein langer Pfeil steckte in seinem Oberarm. Noch ehe Horace reagieren konnte, glitt George aus dem Sattel und schlug auf dem rauen Boden auf.
Die Angreifer kamen von beiden Seiten des Weges zwischen den Bäumen hervor. Die ersten Pfeile hatten drei Männer der Eskorte und George getroffen. Jetzt griffen neun Schwertkämpfer die kleine Gruppe um den Kaiser an. Horace zog sein Schwert und holte mit einer kurzen Schulterbewegung seinen Schild nach vorne. Sein linker Arm glitt durch die Halteriemen und fand den Handgriff mit einer durch jahrelange Übung erworbenen Schnelligkeit.
Was für ein raffinierter Hinterhalt, schoss es ihm durch den Kopf. Der Feind hatte die Vorhut vorbeireiten lassen und war dann aus der Deckung in den Angriff übergegangen, während die völlig überrumpelte Reisegruppe noch versuchte, sich über die Gefahr klar zu werden.
Drei der Angreifer stürmten auf den Kaiser zu, der in der Mitte der kleinen Kolonne ritt, einige Pferdelängen vor George und Horace. Einer der drei fasste die Zügel des kaiserlichen Pferdes, und als Shigeru sein Schwert zog und ihn angreifen wollte, duckte sich der Mann unter den Hals des Pferdes weg. Sofort fielen die anderen beiden über den Kaiser her wie Schakale über ein Reh. Sie packten seine Arme und zogen ihn aus dem Sattel. Dabei fiel ihm das Schwert aus der Hand. Seine Leibwache war in diesem Moment noch mit den anderen sechs Angreifern beschäftigt.
Horace traf seine Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde. Normalerweise hätte er vom Pferd aus angegriffen. Doch er ritt nicht auf Kicker und wusste nicht, ob sein Reitpferd für den Kampf ausgebildet worden war. Außerdem lag der Kaiser bereits auf dem Boden, und es bestand die Gefahr, dass ihn die Pferdehufe trafen. Also schwang Horace das Bein über den Sattelknauf, sprang vom Pferd und eilte nach vorne, um Shigeru zu schützen.
Einer der Senshi hatte sein Schwert mit beiden Händen erhoben und zielte damit auf den hilflosen Kaiser. Horace’ Schwert war schwerer als das Katana , das die Nihon-Jan benutzten. Aber es war gleichzeitig auch länger und genau das hatte Shigerus Angreifer nicht bedacht. Er glaubte, er hätte genug Zeit, Shigeru zu töten und erst dann den fremden Krieger abzuwehren. Horace’ horizontaler Schlag traf ihn am Brustkorb. Das Schwert durchdrang die lackierte Lederrüstung. Das war das Letzte, was der Senshi noch spürte.
Den zweiten Angreifer sah Horace nicht, weil er hinter ihm stand, aber er spürte seine Gegenwart. Blitzschnell drehte sich der junge Ritter nach ihm um. Sein Schild schien wie von selbst nach oben zu schwingen, um das Schwert abzuwehren. Er spürte, dass die harte Klinge in seinen Schild eindrang und für den Bruchteil einer Sekunde darin stecken blieb. Sofort machte Horace einen Schritt nach vorn und rammte dem Gegner die Fußsohle seitlich ans Knie. Das Bein des Mannes knickte unter ihm weg und er stieß einen schrillen Schmerzensschrei aus. Ein schneller Schwertstoß und der Mann verstummte und brach zu Horace’ Füßen zusammen.
In einem Kampf gegen eine Übermacht von Feinden war es lebensgefährlich, sich zu lange in eine Richtung zu wenden. Horace wirbelte um hundertachtzig Grad herum, den Schild erhoben und bereit, den Schlag des dritten Mannes abzuwehren, der zuvor die Zügel des Kaisers gepackt hatte. Bevor Horace noch einen Schwertstreich anbringen konnte, streckte der Mann mit einem erstickten Schrei die Arme hoch.
Er fiel auf die Knie, Verwirrung und Entsetzen standen ihm ins Gesicht geschrieben. Hinter ihm stand Shukin mit gezücktem Schwert. Doch ein weiterer Hieb war nicht mehr nötig. Der Angreifer fiel vornüber auf die nasse Erde.
Horace sah sich sofort wieder um. Die Nachhut schloss auf und setzte die zwei anderen Senshi außer Gefecht. Er hörte ein Knirschen im Unterholz, was darauf schließen ließ, dass mindestens einer ihrer Angreifer entkommen war.
Shukin schob sein Schwert in die Scheide, dann half er Shigeru auf die Füße.
»Alles in Ordnung, Vetter?«, fragte er besorgt.
Shigeru winkte ab. »Ich bin mit Schlamm bedeckt und außer Atem, aber sonst unverletzt – und das habe ich unter anderem Or’ss-san zu verdanken.« Er lächelte den jungen Araluaner dankbar an.
Horace schüttelte den Kopf. »Stets zu Euren Diensten«, erwiderte er ein wenig steif. Er fühlte sich
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