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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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seltsamer Gedanke gekommen. Glaubst du... Hältst du es für möglich, dass wir uns in einem Kinderbuch befinden?«
    »Papperlapapp«, entgegnete Sue. »Das ist doch absurd. Sehe ich vielleicht aus wie eine Figur aus einem Kinderbuch?« Sie kratzte sich.
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Pete. »Aber es würde einiges erklären. Zum Beispiel, warum Mum und Dad uns verkauft haben... und all den Quatsch von anderen Welten, Fabelwesen und so weiter, den Loo erzählt hat.«
    »Das ist kein Quatsch!«, protestierte Loo.
    »Ed«, rief Sue ihrem Bruder zu, der in einer Ecke hockte und versuchte, aus einem Stück Seife einen Revolver zu schnitzen. (Die Seife war fast aufgebraucht, daher hatte die Waffe in etwa die Größe einer Gewürzgurke.) »Ed, glaubst du, wir befinden uns in einem Kinderbuch?«
    »Na klar. Hast du die Seitenzahlen nicht bemerkt?«, sagte er, ohne aufzublicken. Dabei zeigte er nach unten.
    Bevor Sue antworten konnte, hörte man Lärm aus dem Erdgeschoss.
    »Was ist das?«, fragte Sue. Die Jungs zuckten mit den Schultern.
    In dem Augenblick ging die Tür auf, und Frau MacBeth steckte ihr rosiges Gesicht ins Zimmer. »Versteckt euch«, befahl die Haushälterin. »Das Forschungsministerium führt gerade eine unangekündigte Inspektion durch! Ich hab dem Professor ja gesagt, er soll keine Interviews geben! Und alles ist voll Blut! Oje, oje...« Sie knallte die Tür zu.
    Der plötzliche Luftzug wehte Loos Menagerie fort. »Och, Kacke«, sagte sie.
    Die Kinder schauten sich an. »Denkt ihr dasselbe, was ich denke?«, fragte Ed. Ohne ein weiteres Wort rannten sie zu dem Zimmer, in dem der Schrank stand.

Das große, leicht verrostete Schloss am Schrank wirkte ziemlich robust, doch mit einem gehorsamem Klicken ließ es sich knacken. »Das ging ja leicht«, sagte Sue vergnügt, als sie es abnahm. Wie bei vielen matronenhaften Frauen schlummerte auch bei Sue unter der korrekten Oberfläche ein gewisser Hang zur Kleinkriminalität. 4 Sie strahlte, als wäre sie -gerade in eine Bank eingebrochen und nicht in die exquisiteste Sammlung historischer Hippieklamotten von ganz England.
    Im Morgenlicht wurde Ed mit einem Mal bewusst, wie hoffnungslos altmodisch die Sachen waren. »Sieht aus wie der Kostümfundus von Hair.« Dann sagte er zu Pete: »Okay, großer Häuptling, du zuerst.«
    Pete zögerte. Er litt an einer latenten Knopfphobie. »Ich weiß immer noch nicht, ob ich das alles glauben soll«, sagte er, den Kricketschläger hin und her schwingend. »Professor Berke sagt, das waren bloß Halluzinationen. Wozu sollen wir uns da reinquetschen, wenn das alles bloß Einbildung ist?«
    Als auf dem Flur draußen Stimmen ertönten, gab Ed Pete einen kräftigen Schubs. »Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden!« Noch bevor Pete protestieren konnte, drängelten sich alle in den Schrank, und Ed zog die Tür zu.
    Sie knieten nieder und bewegten sich auf allen vieren fort. Es war leichter, unter den Kleidern entlangzukriechen, als sich zwischen ihnen durchzuzwängen, und man riskierte nicht, sich mit einem Räucherstäbchen, das aus einer Tasche ragte, ein Auge auszustechen.
    »Ahh!«, schrie Pete plötzlich.
    »Was ist?«, fragte Sue.
    »N-nichts«, sagte Pete. »Bloß eine Pfütze. Ich dachte, ich hätte in... Iiihh, was ist denn das?«
    »Das ist das Drogenzeugs«, sagte Ed.
    »Hoppla«, sagte Pete. »Da bin ich gerade durchgekrabbelt.«
    Im Nu waren alle wieder high. Es ist schlimm genug, direkt hinter dem wogenden Hintern seiner großen Schwester eingepfercht zu sein, dachte Ed, aber wenn sie sich dann noch in einen Wasserbüffel verwandelt... Die Klamotten, die ihren Rücken streiften, fühlten sich plötzlich wie die puscheligen Walzen einer Autowaschanlage an, dann wieder wie die Tentakeln einer Seeanemone. Als sie zu Tannenbäumen wurden, verkündete Loo von hinten: »Ihr könnt jetzt aufstehen.«
    Zum ersten Mal in seinem Leben erschien Pete Sport nicht mehr als die wichtigste Sache der Welt. »Ich glaube, ich werde eine Underground-Zeitung gründen«, sagte er. Seine Geschwister waren so sehr mit ihren eigenen Trips beschäftigt, dass sie ihn nicht beachteten.
    »Brrr«, sagte Sue bibbernd. »Wieso hast du uns nicht gesagt, dass es hier so verdammt kalt ist?«
    »Beschwer dich beim Autor. Auf den kann man sich wirklich überhaupt nicht verlassen, nicht mal bei den grundlegendsten Dingen«, sagte Ed. »Im vorletzten Kapitel war ich ewig hier draußen, und er hat noch nicht mal...« Kaum hatte Ed das

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