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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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durchschaut.«
    »Geheim?«, fragte die Königin und schob sich so weit an ihn heran, dass sie ihn mit ihrer Gabel erreichen konnte. »Ich dachte, ich wäre ziemlich direkt gewesen. Untertanen nach Belieben zu verspeisen ist schließlich ein Vorrecht der Königin.«
    »_________!« Das war das erste Mal in Eds Leben, dass er einem Erwachsenen gegenüber einen derartigen Kraftausdruck gebrauchte, und der Junge spürte, wie eine beflügelnde Woge der Aufmüpfigkeit ihn durchströmte. Er spannte die Muskeln an, um wegzurennen.
    Unglücklicherweise bemerkte die Königin das, und sie brachte die großen Sperrholztüren der Eingangshalle mit einer Handbewegung dazu, sich zu schließen. Scheppernd fielen sie zu.
    »Da magst du Recht haben«, sagte die Königin. »Ich weiß, du bist neu hier, aber Rechtsunkenntnis ist keine Entschuldigung. Also«, sagte sie, »sei ein braver Junge und zappel ein bisschen auf dem Boden herum. Du siehst aus, als müsstest du weich geklopft werden.«
    »Niemals, Sie grässliche, verlogene______!«, rief Ed, doch
    leider verlieh ihm das Fluchen keinen weiteren Schub. Die massige Frau wogte auf ihn zu wie eine Flutwelle aus Mayonnaise und hob die Gabel. Ed murmelte ein Gebet. Was sollte er nur tun? Sie war nach wie vor sehr viel dicker als er und, da er vom Hunger geschwächt war, inzwischen vermutlich genauso schnell. Da kam ihm eine Idee: Er würde versuchen, ihr den Appetit zu verderben.
    »Asthma!«, schrie er.
    Es funktionierte! Die Königin stieß einen unartikulierten Schrei aus und prallte zurück. »Wo hast du denn dieses schlimme Wort gelernt?«
    Ed ließ nicht locker. »Asthma! Asthma! Asthma!«
    Mit einem Satz war die Königin bei ihm und schlug ihn zu Boden. »Hör... auf... damit!«, sagte sie, während sie ihn mit den Fäusten bearbeitete. Fiesegrim tänzelte um das raufende Paar herum und bellte wie verrückt.
    Ed gab sein Bestes, aber gegen die wabbelnde Wucht dieser Walküre war kein Kraut gewachsen. Im Nu hatte sie ihn fest in der Mangel.
    »Wirst du jetzt den Mund halten, damit ich dich fressen kann, oder muss ich dich fressen?«, fragte die Königin.
    »Was sind das denn für Alternativen?« Obwohl er drauf und dran war, bei lebendigem Leibe aufgefressen zu werden — und sie im Übrigen auch gar nicht mehr süß fand —, erwachten gewisse Gefühle in Ed, als die Königin rittlings auf ihm saß. So verrückt kann es sein, einen Sexualtrieb zu haben. Das sage ich euch jetzt nur, damit ihr später mal nicht überrascht seid.
    »Du hast Recht«, sagte die Königin und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich glaube, ich fange mit den Ohren an.«
    »Auaaaa!«, schrie Ed mit einer Stimme, die so hoch war wie Sues vor der Hormonbehandlung des Professors. Er hatte nur eine Überlebenschance: Er musste der Handlung auf die Sprünge helfen. »Asthma ist auf dem Weg! Sie treffen ihn alle bei der Steinernen Badewanne!«
    Es funktionierte. Die Königin ließ von dem bereits speichelverschmierten Ohr des Jungen ab. »Wer hat dir das erzählt?«
    »Die Biberinnen! Von denen hab ich’s gehört! Von dort aus bin ich heute Abend hergekommen!«
    »Ach, die beiden haben doch einen Sprung in der Schüssel«, sagte die Königin. »Eine von ihnen schleppt Holzstücke durch die Gegend, als wären es K...«
    Ed unterbrach sie: »Ich weiß! Aber was ist, wenn sie diesmal Recht haben? Auch eine kaputte Uhr geht einmal am Tag richtig.«
    »Zweimal, um genau zu sein.«
    »Moment...«, sagte Ed und versuchte nachzurechnen, aber sein unterzuckertes Hirn versagte sogleich wieder. »Wie auch immer. Können Sie es sich leisten, es drauf ankommen zu lassen?«
    Die Königin setzte sich auf, und dann erhob sie sich zu Eds großer Erleichterung. »Du hast Recht. Ich werde dich nicht essen - fürs Erste.« Sie klatschte in die Hände und brüllte irgendwelchen unsichtbaren Lakaien zu: »Schlitten fertig machen! Und die Tarnkappenfunktion aktivieren.«
    Von der lauten Stimme seines Frauchens animiert, blickte Fiesegrim von dem zerfetzten Huhn auf und begann dermaßen hysterisch zu kläffen, dass Ed glaubte, er bekäme einen Anfall. Doch er hatte sich zu früh gefreut.

    Bald saßen Ed und die Königin auf dem Schlitten. Über beide und über den zwergenhaften Kutscher hatte man eine schwere schwarze Decke geworfen. Das war die Tarnkappenfunktion. Sie kratzte und miefte und wurde von Minute zu Minute nutzloser, da langsam der Morgen graute.
    Die Feiste Hexe begann, Ed an verschiedenen Körperstellen mit der Gabel

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