Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
Außerdem sehr gewitzt. Alle anderen Banden gehen ihm und seinen Leute aus dem Weg; denn wer das nicht tut, der lebt nicht mehr lange.“ In seiner Stimme schwang so etwas wie Bewunderung für diesen Hobgoblin mit.
Yan Tus Bande umfasste mehrere hundert Grünhäute und angeblich sogar ein paar Trolle. Ob das nun Legende war oder der Wahrheit entsprach, konnte niemand wirklich sagen. Gesehen hatte die Viecher auf jeden Fall noch keiner hier. Ihr Lager hatten die Banditen in dem Talkessel aufgeschlagen, wo auch die Turmruine stand. Er stellte eine natürliche Festung dar und eignete sich somit hervorragend für diese Funktion. Snip seufzte innerlich. Das nächste Problem! Er prägte sich das Gehörte gut ein. Es war nicht viel. Gerade über die Geschichte des Turms konnten die Banditen gar nichts sagen – auch nicht darüber, wie es in dem Lager aussah. Aber das mussten sie dann halt selbst herausfinden. Einige Tage später bekamen sie die Gelegenheit dazu. Ein weiterer Beutezug wurde ausgerufen. Und natürlich gehörten auch wieder die drei „Helden“ vom letzten Mal mit zu den Auserwählten. Der Trupp arbeitete sich durch die verschlungenen Pfade auf die Grenze Quandalas zu. Snip und seine Gefährten hatten sich während des Marsches ans Ende der Reihe fallen lassen. Gerade hatten sie eine Passage erreicht, die besonders verwinkelt und verworren war. Jetzt machte es sich bezahlt, dass Bikka seine Karte angefertigt hatte. An einer engen unscheinbaren Abzweigung blieben die drei für ein paar Sekunden stehen und huschten dann in einem unbeobachteten Moment in den abzweigenden Weg hinein. Augenblicklich liefen sie los, bogen innerhalb kürzester Zeit mehrmals ab. Bikka leitete sie dabei mit Hilfe seiner Karte. Schließlich blieben sie stehen und atmeten erst einmal tief durch. So leicht sollte ihnen keiner gefolgt sein. Dennoch gingen sie nicht auf direktem Weg zur Turmruine, sondern hielten sich auf Nebenpfaden. Man konnte ja nie wissen.
Kapitel 24
Unvermittelt öffneten sich die Augen. Gelblich-grünes Glimmen erschien, wo vorher nur matter schwarzer Stein gewesen war. Ein Schauer durchlief die mächtige Statue. Sie erwachte langsam zum Leben. Die Schultern des geflügelten Löwen zuckten, sein Maul öffnete sich ein wenig. Schließlich breitete er seine Schwingen aus. Ein imposanter Anblick. Der kahlköpfige Mann in dem langen orangefarbenen Gewand sang derweil unablässig seine Verse. Man merkte ihm an, welche Anstrengung das mit sich brachte. Aber es war auch etwas Außergewöhnliches, das er hier vollbringen wollte. Keiner hatte es bislang fertig gebracht, ein Konstrukt über weite Strecken hinweg zu kontrollieren. Da, wo sie in der Schlacht eingesetzt wurden, hielten sich die Beschwörer stets in ihrer Nähe auf. Bereits nach hundert Metern brachen die meisten Verbindungen ab. Und er wollte dieses Konstrukt weit über hundert Kilometer senden. Sein Meister hatte ihn für verrückt erklärt. Doch das störte ihn heute nicht mehr. Er war längst eins geworden mit seiner Idee. Und so hatte er jahrelang geforscht und probiert, hatte sein Leben mehrmals aufs Spiel gesetzt; ganz zu schweigen von seinem Vermögen, das er vollständig dafür opferte. Heute aber würde es endlich gelingen. Er wusste es einfach tief in seinem Inneren. Nichts konnte ihn mehr aufhalten. Es wäre der Durchbruch schlechthin. Der Schritt, der das Imperium von Quandala beflügeln und zum mächtigsten der Welt machen würde – und ihn zum Nationalhelden. Schweiß lief ihm über die Stirn. Sein Herz raste. Die Schlagadern an seinem Hals traten dick und blau hervor. Der geflügelte Löwe schlug nun immer schneller mit den Flügeln. Schließlich hob er ab. Steil stieg er in den Himmel auf, drehte noch eine Ehrenrunde, dann flog er in Richtung Norden davon.
Kapitel 25
Der Talkessel hatte gewaltige Ausmaße. Bikka hing an einer schmalen Felsnadel in der Nähe, die er mühsam erklommen hatte, und konnte nun von dort oben einen flüchtigen Blick auf die Anlage werfen. Ein zerklüfteter Grat zog sich um das Tal herum. Zahlreiche Wächter standen dort oben und passten auf, dass niemand sich unbefugt näherte. Das war ohnehin nicht leicht, da die Felswände steil anstiegen. Den einzigen regulären Zugang bildete eine breite Öffnung des Tals auf den Hauptweg hin. Hier wimmelte es nur so von Wächtern. Zwei schwere Ballisten standen links und rechts vom Eingang. Jedem Angreifer würde so ein tödlicher Empfang bereitet. Im hinteren
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