Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
direkt auf Bikkas Kopf zu. Sollte sie treffen, würde sie den Wolfsreiter der Länge nach spalten. Bis zur letzten Sekunde blieb Bikka stehen. Dann sprang er aber nicht zur Seite, sondern direkt auf seinen Gegner zu. Der Schlag ging ins Leere. Bikka stand jetzt direkt vor ihm. Seine Schwerter zuckten kurz auf, dann grub sich eins schräg von oben in den Hals des Angreifers. Das andere trieb er bis zum Heft in seinen Magen. Mit weit aufgerissenen Augen ging der Hobgoblin zu Boden. Blut sprudelte aus seinem Mund. Noch bevor er ganz auf dem Boden angekommen war, riss Bikka seine Kurzschwerter aus seinem Leib und schaute sich nach weiteren Angreifern um. Unterdessen hatte Nogg seinem Ruf als Kampfmaschine alle Ehre gemacht. Mit seiner Axt schlug er eine wahre Schneise der Verwüstung in die gegnerischen Reihen, von oben bis unten mit Blut bespritzt. Aber das machte ihm überhaupt nichts. Nein, er genoss es, seiner Wut freien Lauf zu lassen. „Für Rabb!“, brüllte er jedes Mal, wenn einer seiner Gegner unter den Hieben der Axt zusammensackte. Er hatte sich in einen mörderischen Rausch gesteigert. Und er wollte immer mehr. Doch irgendwann gab es keinen Gegner mehr. Alle Krieger der anderen Bande lagen tot oder sterbend am Boden. Was für ein Gemetzel! Auch Yorks Familie hatte Verluste hinnehmen müssen. Auf Hapnigs Befehl hin begannen die überlebenden Krieger, die Leichen zu durchsuchen und deren Beute sicherzustellen. Snip fühlte sich an frühere Zeiten erinnert und musste es sich verkneifen, sein Monokel herauszuholen. Mit geübtem Blick schaute er sich auf dem Schlachtfeld um. Und siehe da: Einer der Verletzten aus der Familie regte sich noch. Eilig lief Snip zu ihm hinüber, um ihn zu untersuchen. Seine Jacke war blutverschmiert, der Atem ging nur noch sehr flach. Vorsichtig öffnete Snip die Jacke. Eine üble Wunde kam darunter zum Vorschein. Offenbar hatte sich eine gegnerische Waffe tief in die Brust des Hobgoblins gebohrt. Das sah gar nicht gut aus. Snip riss ein Stück von dem Hemd des Hobgoblins ab und tupfte damit vorsichtig die Wunde sauber. Dann griff er in seine Tasche und zauberte ein kleines Töpfchen zutage. Als er es geöffnet hatte, kam eine grünliche Salbe zum Vorschein. „Die beste Heilsalbe, die man sich vorstellen kann.“, hatte der Händler damals gesagt. Nun würde sich zeigen, ob er übertrieben hatte oder nicht. Snip trug ein wenig von der Salbe auf die Wunde auf, dann deckte er das Ganze mit einem weiteren Stofffetzen ab und umwickelte die Brust mit langen Stoffstreifen, die er sich zurechtschnitt. Es dauerte nicht lange, bis der Atem des Hobgoblins kräftiger wurde. Kurz darauf öffnete er die Augen und schaute sich leicht verwirrt um. Die Salbe schien zu wirken. Snip rief zwei weitere Hobgoblins zu sich und bat sie, dem Verletzten aufzuhelfen. Inzwischen hatten die Familienmitglieder auch ihre Beute zusammengesammelt. Ein anständiger Haufen. Hapnigs befahl dem Trupp, sich in Marschformation aufstellen. Dabei kam er auch an Snip vorbei. Kurz blieb er stehen und schaute ihm intensiv in die Augen. „Danke!“, sagte er. Nur dieses eine Wort. Aber das kam von Herzen. Dann lächelte er. Der Bann war gebrochen. Wenig später erreichten sie das Lager. Die Grünhäute ihrer Bande, die dort mehr oder weniger geschäftig herumsaßen, schauten zunächst verdutzt, weil sie noch gar nicht mit der Rückkehr des Trupps gerechnet hatten. Als sie dann aber sahen, dass sie reich bepackt waren, kannte der Jubel keine Grenzen . Von nun an hatten Snip und seine Freunde es um einiges leichter in der Familie. Es hatte sich rumgesprochen, wie sie sich im Gefecht verhalten hatten, und Hapnigs trug durch seine lobenden Berichte ein Übriges dazu bei. Allmählich gelang es ihnen, einige Informationen über die Turmruine zu sammeln. Viel wussten die Banditen zwar nicht, aber jedes bisschen konnte wichtig sein. Vor allem der Weg zu der Ruine war wichtig. Bikka sammelte sorgfältig alles, was er dazu erfahren konnte, und fertigte heimlich eine grobe Karte von diesem Teil der Ödnis an. So konnten sie sich schneller und zielstrebiger in dieser unwirtlichen Gegend bewegen. Im Gespräch mit Hapnigs erfuhr Snip weitere wichtige Details. Die wohl größte und gefährlichste Bande der gesamten Ödnis hatte sich um den Turm herum angesiedelt. Ihr Anführer hieß Yan Tu. „Das ist der übelste Hobgoblin, den man sich nur vorstellen kann.“, beschrieb Hapnigs ihn, „Absolut eiskalt und erbarmungslos gegen jeden.
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