Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
Erstens hatte ich keine Erfahrung mit dieser Waffe, und zweitens kannte ich zu viele Geschichten über Idioten, die versucht hatten, einen Magier hinterrücks zu ermorden. Wurfmesser, Armbrustpfeile, sogar sulanische Handkanonen waren schon dafür benutzt worden, aber nichts hatte die unsichtbaren Panzer dieser Magier durchschlagen, und wenn der Angriff noch so überraschend erfolgt war. Zu schade. Wenn jemand ein Messer in der Kehle verdient hatte, dann ein Blutmagier.
Nein, ich würde mit dem Kerl auf andere Weise fertig werden müssen, und das bedeutete erst mal scharfe Beobachtung. Ich seufzte. Wenn der Rote Dal einen Fischzug vorbereitete, ließ er die Kinder das Haus schichtweise Tag und Nacht beobachten. Dazu fehlte mir natürlich das Personal. Ich kannte in Kost fast nur Leute, die mit Gerran zu tun hatten, und der durfte von meinem Vorhaben auf keinen Fall Wind bekommen. Die paar, die ich sonst noch mit Namen kannte, waren nicht vertrauenswürdig.
Jetzt hätte ich Jylla gut gebrauchen können. Seit meinem Wandel hatte ich keinen Stadtauftrag ohne sie durchgeführt. Dieses boshafte Leuchten in ihren schwarzen Augen, wenn sie einen gerissenen Plan ausarbeitete … und wie sie mir vor einer kniffligen Aufgabe in einem fort sarkastische Bemerkungenüber Passanten zuflüsterte, bis ich beinahe platzte vor Lachen … Voller Wut trat ich einen losen Pflasterstein zur Seite. Jylla hätte mich bei so einer verrückten Sache niemals unterstützt. Über meine Gründe hätte sie sich ihren perfekten kleinen Arsch abgelacht. Du bist ja weich in der Birne, hätte sie gesagt und es mir mit lauter rein praktischen Argumenten ausgeredet.
Zur Hölle mit Jylla! Ich würde das Haus so gut es ging beobachten, auf eine nutzbare Schwachstelle hoffen und Khalmets Gunst erflehen. Denn um einen Blutmagier auszutricksen, würde ich die brauchen.
SECHZEHN
KIRAN
Beim Knarren der Tür schreckte Kiran aus dem Schlaf hoch. Er hatte sich aufs Bett gelegt, um nur kurz die Augen zuzumachen, nachdem er ständig die Frage gewälzt hatte, was Simon mit ihm vorhaben könnte. Aber so träge wie er sich jetzt fühlte, musste er wohl eine ganze Weile geschlafen haben. Hastig richtete er sich auf und wappnete sich für die nächste Konfrontation mit Simon.
Doch es war Pello, der durch den Türspalt glitt. Er brachte einen Teller mit Brot und Käse und einen Krug Wasser. Kiran blieb der Mund offen stehen. »Du! Was tust du denn hier?«
Pello feixte übers ganze Gesicht und stellte Krug und Teller ab. »Also ist Dev nicht darauf gekommen, dass ich für einen alathischen Auftraggeber arbeiten könnte? Wie erfreulich. Oder …« Sein Grinsen wurde verschlagen. »Vielleicht hat er’s vermutet, dir aber nicht verraten.«
Schlimm genug, dass Dev ihn an Gerran ausgeliefert hatte, aber sollte er von Simon gewusst haben … Kiran empfand eine Bitterkeit, die an Hass grenzte. Mühsam beschwor Kiran seinen Zorn. Ganz gleich, was Dev gewusst oder nicht gewusst hatte, es spielte keine Rolle mehr. Pello dagegen … »Du bist in Simons Auftrag mit dem Handelszug gereist? Warum?«
»Simon Levanian ist ein vorsichtiger Mann.« Pello strich mit einem Finger über die dicht gesetzten Zauberzeichen am Türrahmen. Sie reagierten nicht. Simon musste sie allein auf Kiran ausgerichtet haben. »Ein Lehrling seines größten Feindes, der ihm freundlicherweise direkt in die Arme läuft … Wie man soschön sagt: Prüfe dein Glück, es könnte eine Gunst deines Gegners sein.«
Simon fürchtete, seine Flucht aus Ninavel könnte eine List Ruslans sein? Kirans Herz schlug schneller. Vielleicht sollte er diese Furcht gegen Simon verwenden.
Boshafte Belustigung funkelte in Pellos Augen. »Aber wer Augen im Kopf hat, sieht sofort, dass du nicht hinterlistig bist. Warst bestimmt eine Riesenenttäuschung für deinen alten Meister. Bist du abgehauen, um seiner strafenden Hand zu entkommen? Jubelst du schon über das grausame Ende, das Simon für ihn plant?«
Kiran stockte der Atem. Pello schien Simons Pläne zu kennen. Vielleicht hatte er eine losere Zunge als sein Brotgeber. Kiran nahm den Ausdruck völligen Selbstvertrauens an. »Simon wird versagen. Ruslans Magie ist viel mächtiger als seine.«
»Ein vorsichtiger Mann spielt nicht, wenn er sich nicht sicher ist, dass er gewinnen kann«, gab Pello grinsend zu bedenken.
»Was macht dich so sicher, dass Simon seine Möglichkeiten richtig eingeschätzt hat?«
Pello zog die Brauen hoch. »Was lässt dich
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