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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Schafer
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nicht ahnen, dass diese Manipulation überhaupt möglich war.
    Kiran guckte, als sähe er mich zum ersten Mal. »Du kannst den Zauber eines Amuletts beeinflussen? Wie das?«
    »Berufsgeheimnis. Hab’s von einem Spezialisten aufgeschnappt. Jemand wie du braucht das nicht zu wissen.«
    Die enttäuschte Neugier stand ihm ins Gesicht geschrieben, und sein Mund bewegte sich, als wollte er etwas fragen, überlegte aber noch, wie er sich ausdrücken sollte.
    »Es unwirksam zu machen ist dabei der leichtere Part«, sagte ich. »Es überhaupt zu finden ist das Schwierige. Aber ich habe ein paar Vermutungen, wo Pello es versteckt hält. Lass mir die Nacht Zeit, darüber nachzudenken.«
    »Kann ich irgendwie dabei helfen?« Jetzt sah er mich so hoffnungsvoll an wie ein junger Behafteter. Der Blick ging mir durch und durch.
    »Nein, außer du kannst ein aktiviertes Versteck-mich-Amulett aufspüren.«
    Damit hatte ich ihn zum Schweigen bringen wollen, stattdessen zog er nachdenklich die Brauen hoch. »Wo es liegt, meinst du?« Er griff sich in die Haare und hielt das Sieh-weg-Amulett in der Hand. »Mein, äh, Vater hat mir mal gezeigt, dass zwei Amulette, die einem ähnlichen Zweck dienen, aber von unterschiedlichen Herstellern stammen, sichtbar aufeinander reagieren, wenn man sie nah zueinander bringt.«
    An dem Wort Vater wäre er fast erstickt. Ein Familienzwist vielleicht? Ich schob die Spekulation beiseite. Was Kiran beschrieben hatte, kannte ich. Jedes Kind in Ninavel kannte diesen Unterhaltungstrick, der im Ernstfall aber nicht sehr nützlich war. Mit einem Amulett in der Hand durch sämtliche Ecken eines Hauses zu schleichen dauert Stunden und höchstwahrscheinlich wird man entdeckt, bevor man fertig ist. Pellos Wagen war nicht so groß wie ein Haus, aber dafür gab es ein anderes Problem. »Ja, theoretisch würde es klappen, aber praktisch ist dein Amulett viel zu klein dafür.«
    »Sagtest du nicht, dass die Felsen hier Karkabonsteinadern haben?«
    Mir fiel die Kinnlade herab. Sein Sieh-weg-Zauber ließe sich mit Karkabon tatsächlich verstärken. Es würde keine Funken hervorrufen, aber ein Schimmer in der Luft über Pellos Amulett würde mir schon genügen. Nein, halt, ich hatte kein Silber, um den Stein an den Zauber zu binden. Dann fiel mein Blick auf meine Schutzarmreifen. Wenn ich den Stein und Kirans Amulett daran bände, müsste es genügen.
    »Ha. Das ist schlau«, sagte ich. Vielleicht hielt sich in diesem Nobelschädel doch ein Hirn versteckt.
    Kiran strahlte übers ganze Gesicht. Bei Khalmets Hand, wenn Cara ihn je so lächeln sähe, würde sie vor Geilheit aus den Latschen kippen.
    »Freu dich nicht zu früh«, riet ich ihm. »Erst mal müssen wir uns einen brauchbaren Stein beschaffen.« In den leicht erreichbaren Felswänden fand man schon lange keine mehr, nur nochan unzugänglichen Stellen. Der vertraute Kitzel setzte bei mir ein. Ein fieser Überhang mit Griffen, die kaum größer waren als Sandflöhe, und mit Rissen, in die kein Haken passte   … bisher hatte noch kein Vorreiter den Brudermörder bezwungen. Die Wand hieß angeblich so, weil der Bruder eines Vorreiters bei einem Kletterversuch umgekommen war. Ich hatte mir die Wand einmal angesehen und war zu der Einschätzung gekommen, eine gangbare Route zusammenstückeln zu können, aber Sethan redete es mir damals aus. Gut. Sethan war nicht da, und der Brudermörder war weit und breit unsere einzige Hoffnung, an einen Stein von brauchbarer Größe zu kommen. Ich würde mir die Wand erneut ansehen und feststellen, ob jene Route wirklich vorhanden oder nur Angeberei eines prahlerischen Bengels war. Aber wenn sie gangbar wäre   … mein Herz klopfte heftig. Was für eine Kletterpartie! Die Gefährlichkeit war allerdings nicht zu leugnen. Mit einem Absturz verurteilte ich Melly zu einem Dasein als lebende Tote.

VIER
KIRAN
    Sonnenschein wärmte Kirans Gesicht und schien rot durch seine Lider. Er öffnete die Augen und erwartete, die helle Steindecke seines Schlafzimmers und die eingeätzten Schnörkel des Schutzzaubers zu sehen. Stattdessen blickte er auf Devs Zeltplane. Er bekam einen Kloß im Hals und legte den Arm über die Augen. Sein Schlafzimmer in Ninavel würde er nicht wiedersehen, nicht den Sterngucker auf dem Schreibtisch, den er für Mikail gemacht hatte, nicht seine Abenteuerbücher, die hinter Stapeln von Abhandlungen zur theoretischen Magie versteckt waren.
    Die Abenteuerbücher waren ein Geschenk von Alisa. Ihm brannten die Augen.

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