Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
geben; deshalb sein merkwürdiger Gesichtsausdruck.
Gonarg grinste. »Eine schwere Last.«
»Was ist da drin?«, fragte Rowarn verdattert, während er sich aufrappelte und den kleinen Beutel mit beiden Händen hielt. Seine Armmuskeln drückten sich durch das dünne Hemd, selbst die Adern zeichneten sich ab.
»Zerstoßener Kometenfels«, lautete die Antwort. »Darin ist verdichtete Magie angereichert wie nirgends sonst, denn diese in den Außenlanden dahintreibenden Steine entstanden in der Frühzeit des Traums. Ein kostbarer Baustoff, aber auch voller Energie, und in gemahlener Form zugleich Nahrung. Komm jetzt.«
Nahrung , dachte Rowarn erschauernd. Wer könnte sich davon ernähren?
Als sie die unsichtbare Grenze hinter sich ließen, wurde der Beutel noch schwerer. Rowarn ging gebückt, keuchend und schwitzend. Er fragte sich, ob der Kometenstaub auch für einen Mächtigen so schwer wäre. Wie war Gonarg als Mensch überhaupt in der Lage gewesen, ihn zu heben?
»Vorwärts!« Der Einäugige gab ihm einen Tritt, und Rowarn kämpfte ums Gleichgewicht.
Die Liste der Leute, an denen er sich rächen wollte, wurde immer länger, und mittlerweile gab es einen ständigen Wechsel, wer den ersten Rang einnahm.
Rowarn rappelte sich auf und schleppte sich weiter. Die Sonne stand hoch über dem Graben und schickte sengend heiße Strahlen von einem wolkenlosen Himmel herab. Lag es an der stickigen Hitze oder am Gewicht des Beutels – Rowarn fühlte, wie seine Kräfte immer mehr schwanden. Er hatte ein dumpfes Gefühl im Kopf, als hätte sich eine schwere Decke über sein Gehirn gelegt, die kaum Luft hindurchließ. Es fiel ihm schwer, geradeaus zu gehen. Seine Schritte wurden unsicher, schwankend.
»Na los!« Gonarg reagierte zusehends ungehaltener und schlug Rowarn auf den Rücken, doch der spürte das kaum noch. Er konnte nicht schneller.
»So schwer ...«, flüsterte er.
Der Graben rückte näher, ein pechschwarzes Loch inmitten der sandgelben Einöde, das nur am Rande von Sonnenlicht gestreift wurde. Etwas Unheilvolles ging davon aus, das Rowarn fast an die Eliaha erinnerte. Eine düstere Ausstrahlung, nicht von dieser Welt.
Vor allem aber ... eine starke Zurückweisung, eine Ablehnung jeder weiteren Annäherung. Und widerstreitend dazu eine unglaubliche Gier, die schon nach dem Beutel zu greifen schien. Gleichzeitig fühlte Rowarn, wie die Kraft aus ihm floss, als ob ihm alles abgesaugt würde. Nicht nur die körperliche Stärke, sondern auch der Wille. Er strauchelte und sank auf die Knie, der Beutel fiel dröhnend auf den Boden. Auf allen vieren kroch Rowarn weiter, angetrieben von Tritten und Schlägen. Er hatte keine Kraft mehr, sich dagegen zu wehren, er konnte nicht einmal mehr Wut empfinden.
»Ich schaffe es nicht ...«, flüsterte er verzweifelt.
»Es ist nicht mehr weit.« Gonargs Stimme schallte in seinen Ohren wie der Gong einer riesigen Glocke. Andere Klänge gesellten sich dazu, bis er nur noch Geläut hörte, über ein trockenes Rauschen hinweg.
Rowarn wurde das erste Mal ohnmächtig, als der Graben nur noch einen Speerwurf entfernt war. Gonarg brachte ihn unsanft wieder zu sich und zwang ihn weiter. »Ich hab keine Kraft mehr«, wollte Rowarn sagen. Vielleicht hatte er es auch gesagt, er hörte seine eigene Stimme nicht mehr, nicht einmal in Gedanken. Er wollte den Beutel loslassen, doch seine verkrampften Finger konnten sich nicht lösen. Noch ein paar Schritte weiter, und er wurde wieder ohnmächtig.
Rowarn kam zu sich, als Gonarg ihn mit sich zerrte. Allmählich fing er an, über den Tod nachzudenken, der auf ihn dort unten lauerte, in der Tiefe des Grabens. Das schwarze, von Rissen, Vorsprüngen und Zacken gesäumte Loch nahm inzwischen seinen Sichtbereich ein. Er konnte den Kopf nicht mehr heben. Das Licht um den Graben tröstete ihn nicht mehr, und die Sonne brannte ihm das Fleisch von den Knochen.
Dann erreichten sie endlich den Rand. Rowarn hatte das Gefühl, als würde sein Kopf gleich platzen und der Rest des Körpers zerlaufen, einfach über den Fels hinabrinnen in die schwarze Kluft.
»Halte den Beutel über den Rand«, befahl Gonarg, und Rowarn gehorchte willenlos.
Erstaunlicherweise schwand das furchtbare Gewicht, als der Beutel über dem Abgrund hing, und als Rowarn den Kopf weiter vor streckte, konnte er plötzlich besser atmen, und der Druck ließ nach. Seine Augen weiteten sich, als er etwas kommen fühlte. Etwas, das noch dunkler war als diese Tiefe. Er bemerkte nur am
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