Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
gemacht, wenn er jungen Frauen begegnete, doch leider herrschte kein Zwielicht, und so konnte er nur eine stolze Haltung annehmen und mit ernstem Gesichtsausdruck starr geradeaus blicken. Und so tun, als ob er das Getuschel und Gekicher nicht hörte, und erst recht nicht Bemerkungen wie »na, der finstere Ritter hält seinen Knappen aber sehr kurz«, »so also sieht ein echter Prügelknabe aus«, und dergleichen, sobald sie sich außer Hörweite wähnten.
Angmor merkte von den Nöten des jungen Ritters natürlich nichts. Wahrscheinlich war er sowieso nie jung gewesen. Ob Rowarn je erfahren würde, wer unter der Maske steckte? Vermutlich nicht. Ich weiß zwar auch nichts über Noïrun, aber der trägt keine Maske und ist ... na ja, ein Mensch. Zugänglicher, trotz seiner strengen Art. Und er ist natürlich auch viel jünger. Wie alt Angmor wohl ist? Älter als meine Muhmen? Ich glaube schon. Irgendetwas ist an ihm, in seiner Ausstrahlung, das anders ist als bei den Velerii. Als ob er Dinge gesehen hätte, die ...
Er unterbrach sich. Das führte Rowarns Gedanken in eine Richtung, die er nicht wollte. Schon fühlte er etwas in sein Gehirn einsickern, dem er verboten hatte, sich ihm jemals wieder zu nähern. Rasch gebot er seinem Sinnieren Einhalt.
Doch es war schon zu spät.
Du bist nicht frei , kicherte eine ferne Stimme boshaft in ihm. Du wirst nie frei sein. Ich werde dich wiederfinden, und dann gehörst du für immer mir.
Am Nachmittag erreichten sie die Abzweigung, und Rowarn bog ab, wie Mimi es ihm beschrieben hatte. Sie waren die ganze Zeit ohne Pause geritten, und in all den Stunden fiel kaum ein Wort zwischen ihnen. Angmor gab sich wortkarg wie immer, und Rowarn hing eigenen Gedanken nach.
Der Weg wurde schmaler, der Wald hingegen änderte sich kaum. Es war schön hier, und doch auf Dauer eintönig. Rowarn sehnte sich nach Weite und freiem Himmel, auch wenn es um ihn her lärmte und zwitscherte und viele Tiere sich ohne Scheu am helllichten Tag zeigten. Die wenigsten kannte Rowarn beim Namen, und er staunte nur so, welche Vielfalt es gab, allein an Hirschen. Hinzu kamen noch wilde Waldpferde, mit kleinen, gedrungenen Körpern, kurzer Stehmähne und Streifen im Fell, und mächtige Büffel; außerdem Baumbewohner und Vögel, so viele Sänger, farbenprächtige Flatterer, manche kaum größer als ein Schmetterling.
Sie kreuzten Bäche und Furten, kamen an verwunschenen Seen vorbei, von denen oft lockende Gesänge klangen, und ab und zu sah Rowarn auch eine Hütte im Wald, aus deren Schornstein Rauch aufstieg.
»Wir sind bald da«, sagte Angmor plötzlich. Er schien seine Sehfähigkeit zurückerlangt zu haben, denn er drehte den Kopf. »Eine Nacht noch am Lagerfeuer, dann warten weiche Betten auf uns und gutes Essen. Und Erholung.«
Rowarn konnte sich täuschen, aber er glaubte, Vorfreude herauszuhören. Der Visionenritter hatte recht. Genug war genug, jetzt brauchten sie eine Pause. Und mit Tamron konnte es nicht mehr so weitergehen.
Vor der Dämmerung bogen sie vom Weg ab und steuerten eine winzige Lichtung an, auf der Graum bereits mit einem frisch geschlagenen Kitz wartete. Rowarn baute das Lager auf, fachte das Feuer an und holte Wasser aus dem nahegelegenen Tümpel. Angmor versorgte derweil die Pferde, die allesamt, einschließlich Aschteufel, müde waren und zufrieden schnauften, als der Sattel vom Rücken und die Zäumung aus dem Maul genommen wurde. Sie wälzten sich an Ort und Stelle, soffen aus dem Tümpel und machten sich dann ans Grasen und Blattzupfen.
Rowarn hielt es schließlich nicht mehr aus. Die Frage brannte schon seit der Abreise von Grinvald in ihm. »Herr ... als Gríadan und Ihr in die Zukunft geblickt habt – habt ihr da Nachtfeuer gesehen?«
»Wir haben hauptsächlich in die Gegenwart gesehen, Rowarn«, antwortete der Visionenritter.
»Verzeiht, aber das ist keine Antwort auf meine Frage.«
»Also gut. Ja, du wirst ihm begegnen.«
Rowarns Herz fing an zu rasen. Sogleich brannten hundert Fragen mehr auf seiner Zunge, aber er hielt sich zurück. Er wusste, dass Angmor ihm nicht mehr sagen würde. Sei es, dass er es nicht wusste, oder weil er nicht wollte. Aber immerhin, Rowarn würde seinem Va... seiner Rache begegnen. Tracharh hatte also Unsinn geredet, er hatte keine Ahnung, wo sich sein Herr aufhielt. Zumindest in absehbarer Zukunft würde Nachtfeuer sich in Valia befinden, nicht im Dämonenland. Aber woher sollte der Taur das auch wissen, er zog ja mit Femris’ Heer
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