Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Händlerstraßen. Zum ersten Mal in seinem Leben war Rowarn ganz allein und in gänzlich unbekanntem Land unterwegs.
Ich muss verrückt gewesen sein , dachte er. Ohne Anhaltspunkt, einfach drauflos durch eine Tür. Ich weiß nicht einmal, in welchem Jahrhundert ich mich befinde, denn alles ist möglich .
Immer Zweifel, immer Unsicherheit. Würde sich das je ändern?
Lass es geschehen , hatte Arlyn gesagt. Aber für Rowarn war das nicht so einfach, er fühlte sich nun einmal verantwortlich, und er hasste Ungewissheit. Er konnte die Dinge nicht einfach so auf sich zukommen lassen, auch wenn er momentan keine andere Wahl zu haben schien. Geduld war nicht gerade seine Stärke.
Dann denke doch endlich einmal daran , meldete sich eine leise Stimme in ihm – und plötzlich hatte er das Gesicht seiner Mutter vor Augen – worauf du vertraust. Wessen du dir ganz sicher bist.
Arlyn , dachte Rowarn sofort. Sie war es, von Anfang an. Ich sah sie und wusste, dass ich nur sie lieben würde, mein ganzes Leben lang. Es gab überhaupt keinen Zweifel; so klar wie ich meinen Herzschlag fühlen kann, fühle ich auch ihren .
Wie von einer schweren Last befreit ging er weiter. Ja, es war richtig, sich nicht immer nur den Kopf über die möglicherweise düsteren Aussichten zu zerbrechen, sondern sich auch daran zu erinnern, was es Gutes gab, und das ganz ohne jeden Zweifel.
Wahrscheinlich war Arlyn inzwischen erwacht und zürnte ihm, weil er ohne Abschied gegangen war. Aber sobald sie sich beruhigt hatte, würde sie auf ihn warten und an ihn denken, ihm ihre Zuversicht schicken. Ich vertraue dir , hatte sie gesagt. Und ihre nächtliche Umarmung, die zärtlichen Worte, die sie ihm ins Ohr flüsterte, bewiesen ihm immer aufs Neue, dass auch sie ihn liebte. Wir gehören zusammen, Rowarn, für immer. Du bist der Mann, auf den ich gewartet habe. Der Erste und Einzige, nach dessen Berührung ich mich sehne. Der mir die Angst genommen hat. Die Schatten der Vergangenheit sind für immer besiegt .
Rowarn lächelte verschmitzt und stolz in sich hinein. »Ich könnte dein Urenkel sein«, hatte er in der Hochzeitsnacht zu ihr gesagt. »Manchmal benimmst du dich auch so«, hatte sie schmunzelnd erwidert.
Ja, ich schaffe es , dachte Rowarn getröstet. Wer Arlyn zur Frau hat, kann einfach alles .
Der Tag verging still. Tiere sah Rowarn nur von Ferne, in unmittelbarer Nähe schien es immer nur ihn zu geben. Unentwegt wehte der raue Wind. Die Tierpfade verliefen kreuz und quer, und Rowarn musste sich größtenteils seinen Weg selbst suchen. Zur Orientierung hatte er sich einen schneebedeckten Gipfel ausgesucht, der zwischen zwei dunklen, schroffen Zacken lag, und auf den er schnurstracks zuhielt.
Mittags machte er eine kurze Rast. Der Tag blieb trüb, nur ab und zu wurde die Sonne hinter den dichten Schleiern als matte Scheibe sichtbar. Hunger hatte Rowarn keinen, aber Durst. Er konnte nur hoffen, dass er spätestens in zwei Tagen Wasser oder ein Gehöft fand, sonst würde es schlecht um ihn bestellt sein.
Anschließend ging der junge Mann weiter bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Landschaft hatte sich nicht geändert, Herdentiere wanderten in der Ferne, über ihm kreisten Vögel und pfiffen. Rowarn hatte keinerlei Vorstellung, wie viel Weg er zurückgelegt hatte. Die Berge waren keinen Schritt nähergerückt, und hinter ihm lag die endlose Weite vor einem leeren, verschwommenen Horizont. Das Gelände war eintönig und ohne besondere Merkmale.
Rowarn sammelte dürres Holz, riss Heidekraut aus und grub eine kleine Feuerstelle. Es wurde unangenehm kühl, der Wind ließ nicht nach, und der Himmel über ihm wechselte von Nebelgrau zu stumpfem Schwarz. Das Licht der Flammen war ihm der einzige Trost in der zugigen Unwirtlichkeit, die plötzlich ganz nahe gerückt war. Denn außerhalb des Lichtkreises wartete undurchdringliche Dunkelheit wie eine Wand. Nur ganz im Osten zeigten sich wenige rote Schlieren am Himmel und deuteten darauf hin, dass es noch etwas da draußen gab.
Verlorener konnte man sich wahrscheinlich nicht fühlen. Und Rowarn war auch noch freiwillig hierher gekommen. Seufzend entschloss er sich, den aufkeimenden trüben Gedanken durch Schlaf zu entrinnen, rollte sich fest in seinen Umhang und eine Decke gewickelt nah beim Feuer zusammen und schlief ein.
In der Nacht weckte ihn ein Schnüffeln dicht an seinem Ohr. Rowarn erstarrte, wagte nur, die Lider einen Spalt zu öffnen und vorsichtig die Augen zu bewegen. Das Feuer war
Weitere Kostenlose Bücher