Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Chronistin

Die Chronistin

Titel: Die Chronistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
Vom Netzwerk:
solche, die töten... nein, nein, damit will ich Euch keine Angst machen. Schweigt und haltet Euch still – dann gönne ich Euch gerne, hier geruhsam zu leben. Ich werde Mélisande sagen, Ihr seid eine Dienstmagd gewesen, die irrtümlich die Kammer betreten hat, und damit wollen wir alle Worte beenden.«
    Unbehaglich hatte sich Sophia vor Isidora geduckt, nun aber, da jene sie von ihrem bösen Blick befreite und sich zum Gehen wandte, schüttelte sie das Grauen ab, das sie bei Mélisandes Anblick befallen hatte. Da alles ausführlich beredet worden war, drückte vor allem wieder die unselige Saat, die im eigenen Leib reifte.
    Keinen Schritt war sie weitergekommen an diesem schrecklichen Tag, ihr Geschick noch nicht zum Guten gewendet.
    »Isidora!«, rief sie – und dachte kurz, sie anzuflehen, ihr zu helfen. Zum Preis des Schweigens wäre jene gewiss bereit, ihr alles zu beschaffen, um das Kind loszuwerden.
    »Isidora!«
    Die Sarazenin drehte sich um, und erst in diesem Augenblick ging Sophia durch den Sinn, dass auch ihr eigenes Leben gefährdet war, suchte sie, das Kind zu töten. Manch eine Frau, so hatte Cordelis einst vor dem Gebrauch des Mittels gewarnt, würde an solch sündhaft herbeigeführtem Abort qualvoll verbluten. Für wessen Nutzen aber lohnte es sich, dieses Wagnis einzugehen? Gab es nicht noch eine andere Möglichkeit der Rettung?
    Sie begann zu sprechen, noch ehe sie sich eines genauen Vorhabens sicher war. Überhastet traf sie ihren Entschluss – so wie einst, da sie Isambour verraten hatte und nicht den Vorgaben eines nüchternen, überlegten Geistes gefolgt war, sondern einzig dem Trieb, sich ein brauchbares Leben zu schaffen.
    »Bertrand hat Euch betrogen«, sagte Sophia und biss sich auf die Lippen, um deren Beben zu vermeiden. »Er hat Euch und mich und natürlich auch Mélisande aufs Schändlichste betrogen.«
    Sie konnte nicht aufhören zu sprechen; sie nährte ihre lange Rede, indem sie an Agnèse dachte und daran, was jene ihr erzählt hatte. Deren Worte kamen ihr in den Sinn, und sie zitierte sie mühelos, ohne sie sonderlich zu verändern.
    »Schon in der ersten Nacht«, begann sie raunend und ließ Isidoras bleiches Gesicht nicht aus den Augen. »Schon in der ersten Nacht kam Bertrand zu mir. Er befahl, ich solle die Augen zusammenpressen, meinen Körper entspannen und geschehen lassen, was er von mir wollte. Er hat sich zwischen meine Beine gekniet, ganz ohne Umarmung, ganz ohne Liebkosung. Sein Geschlecht war hart und groß, und er hat es in mich geschoben gleich einem scharfen Pfeil, der zerreißt und aufschlitzt und tötet. Ich wimmerte. ›Halt still!‹, schimpfte er und suchte zwischen meinen Beinen Lust!«
    Isidora hob die Hände an ihre Brust und trat wieder näher zu ihr.
    »Ich habe ihm gehorcht und niemals daran gedacht, mich ihm zu widersetzen«, fuhr Sophia fort. »Warum sollte ich? Er war mein Mann. Ich dachte, Mélisande sei tot! Und meine Willfährigkeit hat ihm gefallen, oh ja, gewiss tat sie das. In den nächsten Nächten wurden seine Berührungen hitziger, gieriger, weicher – es tat auch kaum mehr weh. Wisst Ihr, was er besonders liebte?«
    »Das glaube ich nicht!«, rief Isidora dazwischen. »Das glaube ich einfach nicht!«
    »Er hat Euch belogen«, wiederholte Sophia fest. »Er hat mich unendlich begehrt. Mag sein, dass er sich Mélisande verpflichtet fühlte und weiter an dem Elixier braute. Aber er hat ob meines Anblicks ihren verfaulten Leib zu vergessen versucht. Am liebsten war ihm, schaute ich nicht in sein Gesicht. Auf dem Bauch sollte ich liegen, worunter er mir ein Kissen schob. Sodann stellte er sich hinter mich, spreizte mein Gesäß und nahm mich so, wie’s der Rüde bei der läufigen Hündin tut, den schnaufenden, spuckenden, heißen Mund auf meinen Nacken gepresst. Wie Tiere trieben wir’s – und ihm gefiel’s, ja, selbst mir, nachdem ich mich daran gewöhnt hatte.«
    Isidora vermochte kein Wort mehr zu sagen, sondern schüttelte einzig den Kopf.
    »Ich trage keine Schuld«, erklärte Sophia heftig – beinahe schreiend. »Ich wusste nichts von seinem Weibe – einzig, dass er kein Mann ist, der die Glut seiner Lenden zu beherrschen weiß. Er... er tat es immer wieder. Er... er sagte auch, dass er mich liebte.«
    Isidora schnappte nach Luft. »Das ist nicht wahr!«, warf sie bestürzt und entrüstet ein.
    Sophia duckte sich unbehaglich unter ihrem Blick, aber sie hörte nicht auf zu sprechen. »Gewiss, zu Beginn... zu Beginn unserer Ehe, da

Weitere Kostenlose Bücher