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Die Chronistin

Die Chronistin

Titel: Die Chronistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Kruste erstarrt. Niemals wieder würde ihre Haut die rosige Glätte der Jugend zurückgewinnen.
    »Mädchen, hör zu, das wollte ich nicht, ich...«
    Krächzend und langsam kroch eine Stimme aus ihr, die nicht die ihre zu sein schien. Alt, missmutig und langsam, glich sie der eines runzeligen Weibleins. Beinahe vermeinte Arnulf ein solches zu erspähen, als sie ihm wieder ihr Gesicht zuwandte.
    »Ihr haltet meine Gabe für Teufelswerk«, erklärte sie bitter, »noch mehr als vor dem nassen Dreck, den ich Euch brachte, habt Ihr Euch davor gefürchtet.«
    »Sophia...«
    »Sprecht nicht fort! Erspart Euch die Bitte um Vergebung! Ich weiß, warum Ihr hier seid. Dass Ihr künftig Eure Wunden und Wehwehchen allein pflegen müsst, mögt Ihr vielleicht verschmerzen, nicht aber...«
    »Ich bitte dich, Mädchen!«
    »... nicht aber, dass ich weiß, wie nah Euch Schmerz und Lust, Pflege und Liebesdienst beisammen liegen.«
    Er verzog das Gesicht, als schmerzte ihn ein Zahn. Kurz schien es, dass er auf jeglichen Abschiedsgruß verzichten und aus der schmutzigen Stube fliehen würde, so bleich wurde er vor Scham. Es hielt ihn allein die Angst, sie könnte plaudern.
    »Wirst du... wirst du deiner Tante davon erzählen?«, stotterte er.
    Sie sah ihn nicht an und streifte mit steifen Gesten ein Hemd über den nackten Oberkörper.
    »Was bietet Ihr, auf dass ich’s nicht täte?«, fragte sie krächzend.
    Sie fühlte ihn in gleicher Weise zaudern wie zu der Stunde des Gewitters, da er ihr schließlich Schutz verwehrte.
    »Wählst du Erpressung, um mich kleinzukriegen?«
    »Nennt es, wie Ihr’s wollt«, gab sie zurück. »In jedem Fall scheint’s mir, dass es von Eurem Nutzen wäre, wenn nicht die ganze Welt von Eurer abartigen Lust erführe. Ich hingegen will nichts weiter als ein Leben, welches mir zusteht. Ich will das Schreiben und das Lesen nicht lassen müssen.«
    Abwägend verzog er das Gesicht. Für eine Weile glichen seine Züge nicht dem ständig Leidenden, sondern dem einstigen Kaufmann, welcher ordentliche Ware zu bieten hat, will er einen guten Preis erzielen.
    »Es fällt mir etwas ein«, setzte er unsicher an und sprach schneller, damit sie ihn nicht unterbrechen konnte, »ich habe davon reden gehört, dass man eine wie dich sucht. Nicht von mir, und nicht, um meine Gattin zu werden, aber von anderer Seite... ganz anderer. Wenn du willst, kann ich dir die Gelegenheit verschaffen, das Haus deiner Tante zu verlassen. Wirst du wirklich zum Danke schweigen?«
    Er offenbarte das Ansinnen der ganzen Familie.
    Der fette Leib der Tante war beim Zuhören hinter dem Tisch verkeilt. Kurzatmiger als sonst lauschte sie und wusste wieder nicht, ob der angesehene Kaufmann mit seinem Vorschlag die Familie beleidigte oder auszeichnete.
    Dass er der verhassten Nichte galt, welche bockig in der Mitte der Stube stand und sich nicht setzen wollte, vergällte ihr Arnulfs schmeichelnde Worte. Dass freilich eine ihres Blutes zu solch hoher Stellung berufen werden könnte, stimmte sie versöhnlich.
    Gatte, Söhne und Schwiegertöchter schwankten ebenso wie sie. War nicht ausgemacht, dass Ragnhild den Jüngsten heiraten sollte, weil jener keine andere Braut bekam? War es jedoch nicht auch ratsam, das Mädchen loszuwerden, so störrisch wie es sich gebärdete?
    Arnulf sprach rasch und mit Bewegungen, die steif waren wie Sophias Stehen. Er ängstigte sich davor, irgendwo in diesem grauenhaften Heim verhassten Schmutz zu ertasten.
    »Mit den meisten der dänischen Kaufleute war ich über lange Jahre in ständigem Streite«, begann er. »Die Vorherrschaft, die ich im Handel davontrug, war ihnen stets ein Dorn im Auge. Und doch gab’s einen ihres Volkes, Thorwald geheißen, welcher in jungen Jahren darum bat, von mir in die Kunst des Kaufens und Verkaufens eingewiesen zu werden. Ich nahm ihn mit auf lange Reisen und trug Nutzen daraus, dass er Sprachen konnte, welche mir damals noch fremd waren. Die hohe See freilich bekam ihm nicht; ganz oft hing er mit grünem Gesicht speiend über dem Bug und betete, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen.«
    Sophia stand starr und rührte sich nicht. Ungeduldiger als sie erwies sich einer der Vettern. »Und was wollt Ihr uns damit sagen?«, fragte er. Bertha jedoch, bislang nur geistlos glotzend, hob die Hand und wies den Sohn an zu schweigen.
    »Gewiss will ich mich nicht lang bei ihm aufhalten«, fuhr Amulf fort, »jedoch mit dieser Geschichte erklären, dass ich jenseits unsrer Küste nicht nur

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